Anzahlung beim Autokauf
Ich habe vor 3 Wochen einen PKW bei einem Händler in Leverkusen mit 300€ angezahlt und brauchte ca 2 Wochen um die Finanzierung über die Bank zu klären. Der Autohändler wollte das Fahrzeug für mich reservieren, hat den Wagen aber trotzdem weiterverkauft. Gleichzeitig will er mir meine Anzahlung nicht zurückgeben wegen angebl. Mehraufwand und finanz.Verlusten.Ich habe eine Quittung über die Anzahlung. Ich habe den Autohändler bei der Polizei angezeigt und ihn mehrmals um die Rückzahlung gebeten, auch schriftlich mit Einschreiben. Was kann ich sonst noch tun um mein Geld zurück zubekommen???
Auslöser ist hier ein Vertrag und die Bedingungen eines Vertrages finden sich im Zivilrecht, dem BGB.
Der Staatsanwaltschaft (Anzeige bei der Polizei) ist das völlig egal, Staatsanwaltschaft kümmert sich ausschließlich um Strafrecht, dem StGB.
Die Anforderungen oder auch Tatmerkmale genannt, nach denen eine Straftat oder auch grundsätzlich ein Vergehen bewertet wird, also vorliegen müssen, sind völlig andere, als Anforderungen für irgendwelche Schadensersatzpflichten.
Die Staatsanwaltschaft prüft nicht einen einzigen Punkt, wer hier in welcher Höhe Ansprüche hat oder ob überhaupt irgendwelche Ansprüche bestehen, sondern ausschließlich, ob eine Straftat begangen wurde.
Hier käme nur ein Betrugstatbestand in Frage, dafür muss aber Vorsatz vorliegen, unmittelbarer Vorsatz in Form von "ich mache das, um den zu besch..." als primäre Ausrichtung oder Motiv einer Handlung. Das Tatmittel ist dabei nur nachrangig, weil es sich gerade angeboten hat.
Erst kommt die Idee zum Betrug und danach das gerade griffbereite Mittel zu diesem Zweck.
Ist das Ganze jedoch andersherum ausgerichtet, dass hier im Laufe einer eigentlich regulären Abwicklung ein Betrag am Ende unrechtmäßig "zu viel" über bleibt, dann ist das kein Betrug mehr.
Hier wird auch klar begründet, dass Kosten aufgetreten sind, die eventuell in Anrechnung gebracht werden können, somit unterliegt hier der Verkäufer eventuell zwar einem Irrtum in seiner Bewertung und er muss dann natürlich auch Schadensersatz wegen diesem, seinem Irrtum leisten - aber sich zu irren ist keine Straftat, sonst würden wir wahrscheinlich alle im Bau sitzen.
Und es müsste jeder, der ein Zivilrechtsverfahren "verliert", weil seine Idee dann doch nicht so ganz richtig war, direkt in den Bau marschieren. Wäre ja bei einer derartigen Auslegung auch ein zumindest Betrugsversuch.
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Ärgerlich wird das Ganze allerdings, weil in einem juristischen Verfahrensablauf zuerst der Staat mit seinem Strafrecht kommt und erst danach das Zivilrecht.
Ein Richter im Zivilrecht kann niemanden "schuldig" sprechen, wenn ein Strafrichter eine Woche später keine "schuld" sieht und den Delinquenten frei spricht.
Es wäre taktisch auch der größte Fehler eines Anwalts im Zivilrechtsverfahren ein Schadensersatz wegen Betruges zu fordern. Das würde exakt in dem Moment zusammenbrechen, wenn das Verfahren wegen Betruges mit "nicht beweisbar" oder "nicht begangen" abgeschlossen wird.
Im Zivilrechtsbereich muss jeder Anwalt vor einem entscheidenden Verfahrensschritt immer erst abwarten, was im Strafrechtsverfahren herauskommt.
Wenn man "Glück hat" stellt der Staatsanwalt nach wenigen Wochen das Verfahren ein und der Anwalt kann dann Schadensersatz nach BGB fordern, also mit Klageerhebung vor Gericht.
Wenn man Pech hat, dann findet die Staatsanwaltschaft ausreichend Anhaltspunkte für einen Betrug und dann wartet man uU. auch deutlich mehr als ein Jahr, bis dann ein Richter entschieden hat und man mit seinen Zivilrechtsansprüchen richtig loslegen kann.
Durch eine Anzeigeerstattung bei "privaten Streitereien um Schadensersatz" baut man sich immer eine nette Warteschleife ein, die dann auch keinen Vorteil hat, egal wie immer diese Anzeige ausgehen wird.
Wenn schon Anzeige, dann immer umgekehrt, erst seine "privaten" Ansprüche durchsetzen und danach, mit dem Urteil in der Hand durch den eigenen Anwalt eine Strafanzeige erstatten lassen - sofern das vorhergehende Verfahren auch dafür ausreichend hergegeben hat.
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Zu der Fragestellung hier:
Es bestehen grundsätzlich Schadensersatzansprüche, von beiden Seiten.
Es KANN sein, dass hier der Verkäufer einen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat, den er mit der Anzahlung dann auch verrechnen darf.
Kommt auf so einige Details an, zB. :
- welche Reservierungsfrist wurde vereinbart, üblich ist eine Woche, hier waren es zwei.
- Zwei Wochen um eine Finanzierung "zu klären" ist eher ungewöhnlich, dafür reichen im Normalfall bei der eigenen Hausbank 3 Minuten, bei einer fremden Bank 24 Stunden. Eventuell auch 48 wenn noch Papieren nachgeliefert werden müssen.
Aber für den Verkäufer auch nicht weiter zu beachten oder mit "Pflicht zur Berücksichtigung" behaftet. Der Verkäufer hat hier einerlei Einflussnahme und muss eventuelle Schwierigkeiten oder Verzögerungen zu seinen Lasten verantworten.
Wurde der Verkäufer regelmäßig über den Fortgang und dem weiterbestehenden Festhalten am Kauf informiert oder war da ein "still ruht der See", dass der Verkäufer schon nachvollziehbar davon ausgehen konnte, dass der Kunde abgesprungen ist, sich umorientiert hat.
War der Verkäufer damit einverstanden oder hat er Fristen gesetzt "Freitag Geld auf dem Tisch, dann ist vorbei"
Natürlich kann hier auch der (nun "ehemalige") Käufer Ansprüche aufgrund der Nichteinhaltung des Vertrags haben, die auch noch weiter als nur die 300 Euro Anzahlung gehen können.
Hier muss etliches im Detail beachtet und geprüft werden, aber ein ganz plattes "kein Verkauf-keine Anzahlung" ist es nicht und gibt es auch als rechtlichen Grundsatz nicht.
Anwalt und das mit der Anzeige bei der Polizei war so ziemlich das Däm..., was man in solcher Situation überhaupt machen kann, aber das wird Dir der Anwalt noch erklären.
Ähhh,
verstehe ich nicht.
Wieso ist Anwalt und Anzeige in diesem Fall so schlimm?
Ich hätte vermutlich das gleiche gemacht, - spätestens nach der Weigerung Die Anzahlung zurück zu zahlen.
Liebe Grüße,
Blecky
Erklär das mal.Hat das mit der Summe zu tun?(Nichtigkeit)
Achso, noch zu den "nur" 300 Euro als zu wenig:
300 Euro reichen aus, die sogenannte Bagatellgrenze bei Betrug liegt bei zwanzig Euro und zwar als Gesamtschadenssumme. Auch wenn jedes Opfer nur einen Cent "spendiert" hat, werden in der Gesamtheit 20 Euro überschritten, geht es nach unten zur Seife
Ist dann halt nur ausschlaggebend bei der Strafhöhe, ob es dann ein eher geringes Bußgeld von wenigen hundert Euro, ordentliche Anzahl von Tagessätzen, Haft oder Berufung als Vorstandsvorsitzender eines DAX-Konzerns wird.
Leuchtet mir ein.Er hätte also generell alles dem Anwalt überlassen sollen.Selbst wenn der Staatsanwalt,welcher ja bei einer Anzeige zum Zuge kommt,eine Straftat(Betrug)sehen würde(so wie es sich der Fragesteller wohl gewünscht hätte),würde er auch nur als Nebenkläger hinten dran hängen.
Den Verkäufer kann ich auch verstehen,hat er doch tatsächlich auch Kosten wenn das Fahrzeug weiter auf dem Platz steht(event.ist das Fahrzeug auch finanziert,der Brief bei der Bank und Zinsen fallen an).
Hier wurden uns doch einige Informationen zum Sachverhalt vorenthalten.
Schade,das sich der Fragesteller nicht noch mal geäußert hat.Sehr gut,Deine nüchterne Betrachtungsweise.
Man lernt nie aus.
Das mit dem Nebenkläger ist auch nicht ganz so ohne Risiken und Nebenwirkungen.
Bei einem Strafprozess herrscht Anwaltspflicht, tritt man als Nebenkläger auf, muss man sich durch einen Anwalt vertreten lassen. Ein Anwalt bei einem Strafprozess, das geht bei etwa 1.400 Euro Honorar los.
Wird der Beschuldigte ("Angeklagte") von einer Schuld - hier des Betruges - frei gesprochen, egal ob "erster Klasse" wegen Nichtschuld oder "zweiter Klasse" mangels Beweise, dann fallen üblicherweise
die Prozesskosten (was das Gericht für seine Tätigkeit berechnet) dem Staat zu, also der Steuerzahler muss bezahlen
die Kosten des Beschuldigten, also die Anwaltskosten des Angeklagten, ebenso an den Steuerzahler. Der hat ja nichts strafrechtlich verbotenes angestellt, also hat er auch keine Kosten zu tragen
aber nicht die Kosten des Nebenklägers.
Ein Nebenkläger ist für eine ausreichend sichere Rechtsprechung nicht notwendig. Wird der Beschuldigte durch weitere Personen einer Tat beschuldigt - was eine Nebenklage ist, die er aber nicht begangen hat, dann sind diese Kosten der Nebenklage nicht dem Steuerzahler aufzubrummen.
Das kommt aus der Ecke der Schadensminderungspflicht und fällt einem Nebenkläger dann voll auf die eigenen Füße.
Man tritt hier als Nebenkläger an, weil es um 300 Euro geht und fängt sich einfach mal so aufgrund einer Idee und zu viel Saleschsehen 1.400 Euro Kosten für den eigenen Anwalt aufgrund der Nebenklage ein, weil der Verkäufer vielleicht nach BGB sich geirrt, aber nicht nach StGB betrogen hat.
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Aber auch, wenn das mit dem Betrug funktioniert und der Verkäufer "schuldig" ist, sind da noch weitere Haken vorhanden.
Man hat zwar den Vorteil, dass es nicht mehr für die "privaten" Ansprüche vor Gericht gehen muss, aber es bleibt immer noch die Pflicht zu einer korrekten Aufrechnung.
Ein Strafgericht ermittelt nicht auf den Cent genau die Schadenssumme, ob 200 oder 400 Euro ist für die Strafhöhe unbedeutend. Was ein Strafgericht als Schadensumme feststellt ist nur "über den Daumen" nach den Interessen des Strafgerichts, aber nie genau für die Interessen des Opfers.
Auch ein Betrüger hat Ansprüche auf Einhaltung des BGB und die sind Centgenau. Eine Bestrafung wegen eines Fehlverhaltens und dass man ein Opfer eines Betrügers geworden ist, hat das Gericht ausgesprochen, man selbst darf sich, auch als Opfer, nicht unberechtigt bereichern.
Die Arbeit einer korrekten Aufrechnung muss immer gemacht werden.
Und dann geht es um das Bezahlen und da gibt es eine festgelegte Reihenfolge:
zuerst kommt die Strafe, hier eine Größenordnung von vermutlich 300 Euro,
danach kommen die Kosten des Strafverfahrens, die beigetrieben werden, etwa 400 Euro für das Gericht plus 1.700 Euro für den eigenen Anwalt plus 1.400 Euro für den Anwalt des Nebenklägers, sind im günstigsten Fall 3.500 Euro.
Sind diese ungefähr 4.000 Euro erst mal vom Verkäufer bezahlt, dann sind wir erst bei den "privaten" Ansprüchen des Käufers.
Und da ziehst sich der eigene Anwalt als erstes seinen Teil ab, dürften etwa 350 Euro sein und erst danach läuft der erste Cent auf das Konto des Käufers.
Sofern da noch ein weiterer Cent ist.
"Prozessrisiko" ist so ein einfaches Wort, es handelt sich dabei aber um einen riesen Ballon, der mit eiskaltem Wasser gefüllt über dem eigenen Kopf hängt.
Boahhhh,
wat iss dat allet kompliziert!
Also im Zweifel immer ZUERST zum Anwalt und da beraten lassen wie man weiter vorgeht - und dabei hoffen das man an einen Seriösen seiner Zunft gerät und keinen "Beutelschneider" erwischt.
Und Danke für die ausführliche Erklärung!
Gruß,
Blecky