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Testbericht

Marcel Sommer, 29. Juli 2015
Der neue Land Rover Discovery Sport vereint viele Talente in einem kantigen Chassis. Neben seiner Offroadtauglichkeit überzeugt er vor allem seine kleinen Mitfahrer. Dual-View sei Dank.

Paris, Island, Ruhrgebiet - nein, die deutsche Popgruppe Trio Rio hat seinen einzigen Charterfolg aus dem Jahr 1986 nicht neu aufgelegt. Gemeint sind lediglich die wichtigsten Stationen des neuen Land Rover Discovery Sport. Im vergangenen Jahr noch in Paris bei seiner Weltpremiere gefeiert, auf Island den ersten Fahrtests unterzogen, ist er nun im Ruhrgebiet auf seine Alltagstauglichkeit hin überprüft worden. Und eines sei direkt vorweg verraten: der neue Disco kann mehr, als nur im Gelände spielen.

Von außen ist der neueste Spross der Marke Land Rover als solcher direkt zu enttarnen. Kantig, grob und irgendwie ungelenk wirkt er. Na gut, im direkten Vergleich mit seinen Landy-Brüdern ist er noch derjenige mit den meisten Rundungen. Doch hat er durchaus das Potenzial im Straßenverkehr als einer der großen, bösen Umweltsünder aufzufallen. Dass er mit seinem 6,3 Litern Diesel-Normverbrauch und seiner Reichweite von rund 1.000 Kilometern grüner als so manch vierrädriges Etwas eines zeigefingerhebenden Möchtegern-Umweltfreunds ist, kann dieser natürlich nicht wissen. Umso schöner ist die Erfahrung, wenn in puncto Automobil völlig Unbedarfte und Unwissende den Innenraum des 4,59 Meter langen Allradlers betreten. Sei es die Verwandtschaft, Bekannte oder auch zwei netter Tramper von der Autobahntankstelle - der Effekt ist immer derselbe: Jeder erwartet einen rustikalen, leicht zu säubernden, sprich plastiklastigen Innenraum und findet sich aber in einem luxuriösen Vollleder-Palast wieder.

Wen das noch nicht ganz von der Stadt-Berechtigung eines solchen Vehikels überzeugt, der setzt heutzutage oft zu einer äußerst fiesen Frage an: "Wo kann ich denn hier mein Smartphone aufladen? Ich sehe ja vier 12 Volt-Buchsen, aber ich habe meinen Adapter vergessen..." Mit der Antwort darauf rechnet an Bord des ab 53.300 Euro erhältlichen Geländewagens niemand: "Tja, wenn Dir mit einer USB-Buchse geholfen ist, hast Du Glück. Der hier hat übrigens genau ein halbes Dutzend davon." Das hat gesessen. Und wenn wir schon gerade schon bei der Generation 2.0 sind, hier noch ein weiteres, für die kleinen Passagiere besonders schönes Talent.

Denn dass die Mama von den Kindern immer auf den hinteren, linken Sitzplatz im Fond gesetzt wird, ist kein Zufall. Dank des Dual-View-fähigen acht Zoll Touchscreens können sie während der Fahrt fernsehen. Papa und Mama dürfen von der linken Seite aus auf demselben Bildschirm entweder die Navigationskarte oder andere Konfigurationsbilder anschauen. Für den Fall, dass die Erwachsenen das Programm von KIKA, Disney Channel und Co. nicht mehr hören wollen, stehen sogar Kopfhörer für die TV-Gäste zur Verfügung. Die Zeiten, in denen Kinder die Natur bewundert haben scheinen vorüber - außer es läuft gerade Discovery Channel im Fernsehen. Sollte der Empfang mal schlecht sein, hat es durchaus Vorteile, sich bei der Bestellung für das 1.200 Euro teure Panoramaglasdach entschieden zu haben.

Der neue Land Rover Discovery Sport ist aber natürlich noch mehr, als nur eine fahrende Fernsehstation. Trotz seiner Gelände-Gene, die er bei Bedarf hervorragend bestätigt, lässt es sich mit ihm auch angenehm reisen. Sein 829 Liter großer Kofferraum bietet genug Platz und ist bei Bedarf auf 1.698 Liter erweiterbar - ein Vorteil seines kantigen Äußeren. Führt die Strecke über die Autobahn, bietet sich das dynamic-Programm des insgesamt über fünf verschiedene Stufen verfügenden Terrain Response-Systems an. "Ich sehe rot" darf dann wörtlich genommen werden. Denn die Hintergrundbeleuchtung der Armaturen wechselt vom sanften Weiß ins aggressive Rot. Allerdings macht dieser Farbwechsel auch aus dem 190 PS starken Discovery Sport noch lange keinen Sportler. Zugegeben, er nimmt in dieser Konfiguration deutlich spontaner das Gas an und das Neungang-Automatikgetriebe, das im Optimalfall ebenfalls auf S wie Sport getrimmt wurde, lässt die Nadel des Drehzahlmessers auf 12 Uhr-Stellung. Zum Davonfahren eines gleichstarken Golfs reicht es aber nicht. Bei 160 Kilometern pro Stunde beginnt er spürbar abzubauen. 188 Kilometer pro Stunde sind erreichbar, aber nur sehr mühsam. Der Golf ist 40 km/h flotter.

Das macht aber natürlich überhaupt nichts, würde der bei der maximalen Wattiefe des Land Rover Discovery Sport sang und klanglos absaufen. 60 Zentimeter und ein Wade-Sense-System, das einem mitteilt, ob eine Weiterfahrt Sinn macht oder nicht, sind schon eine Hausnummer. Die Ruhr muss da zwar schon viele Kilometer gen Quelle hochgefahren werden, um eine Stelle von nur 60 Zentimeter Tiefe zu finden, aber die Hochwasser im Essener Ruhrtal sind auch nicht ohne. Der getestete 2,2 Liter große Vierzylinder-Dieselmotor ist im Übrigen nur noch auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu finden. Nicht, weil Wasser eingedrungen ist, sondern da dieses Aggregat durch einen 2,0 Liter großen und noch sparsameren Motor ersetzt wurde.
Technische Daten
Antrieb:Allrad
Getriebe:Neungang-Automatik
Motor Bauart:Reihenvierzylinder
Hubraum:2.179
Drehmoment:420 Nm bei 1.750 UPM
Preis
Neupreis: ab 53.300 € (Stand: 2015-07-30)
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2015-07-29

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