50 Jahre Range Rover - Meister aller Klassen
Klassenlose Luxusmodelle gibt es nicht viele. Der Range Rover ist so einer, der zwar leicht 140.000 Euro kostet und trotzdem rümpft niemand die Nase, wenn man mit dem Edeloffroader vorfährt. Der Range Rover wurde von einem halben Jahrhundert geboren und wurde zu einer fahrenden Legende - und gleichsam zum Trendsetter.
Man täte dem Jeep Wagoneer / Grand Wagoneer ebenso unrecht wie dem Ford Bronco, würde man den Range Rover allein zum Begründer des edlen SUV-Segments küren. Doch zweifellos war dieser in Europa der erste, der eine beeindruckende Geländegängigkeit mit dem Komfort und der Ausstattung einer Luxuslimousine kombinierte. Die Legende Range Rover beginnt in den 60er Jahren. Damals schielt Land Rover neidisch auf Autos wie den Jeep Grand Wagoneer oder den Ford Bronco, die beweisen, dass Geländewagen viel mehr sein können als reine Arbeitstiere. So ein Freizeitgerät mit 4x4 wollen auch die Briten haben. Die Ingenieure entwickeln einen neuen permanenten Allradantrieb mit sperrbarem Mittendifferenzial, leihen sich den 3,5 Liter großen V8-Motor aus dem Rover P6 und passen die Technik in einen robusten Leiterrahmen ein. Das Fahrwerk mit Schraubenfedern sorgt für guten Fahrkomfort auf und abseits der Straßen.
Unter den Tarnnamen "Velar" (ital: verbergen) werden die Prototypen unter anderem in der Nähe des Eastnor Castle in Herfordshire getestet - bis heute. Fast fünf Jahrzehnte später huldigt Jaguar Land Rover dem Tarnnamen und stellt dem großen Range Rover mit dem Range Rover Velar einen coolen kleinen Bruder zur Seite, der gerade auch jüngere Kunden locken soll. Dessen Erfolg ist seither jedoch überschaubar, denn er sein Design polarisiert, er ist teuer und viele klassische Range Rover Kunden wollen eben nur einen fahren: den echten Range Rover.
Im Jahre 1970 fällt der offizielle Startschuss: Für weniger als 2000 Britische Pfund steht die kleine automobile Sensation beim Händler. Seit Rover zum Markenkonsortium British Leyland gehörte, war es um die Qualität der Autos nicht gerade zum besten bestellt, doch der strapazierfähige Range Rover war trotzdem heiß begehrt. Weil die Briten den Bedarf zunächst gar nicht decken konnten, blühte sogar der Schwarzmarkt für den Range Rover. 1972 fährt die britische Trans-America-Expedition von Alaska zum Kap Horn, wo das Auto seine enormen Offroad-Fähigkeiten unter Beweis stellt. 1974 durchquert der Range Rover die Sahara von West nach Ost - 12.000 Kilometer in 100 Tagen. Der Geländewagen wird zum modischen Lifestyle-SUV und Arbeitstier gleichermaßen, sogar die königliche Familie genießt ihn bei ihren Landurlauben in Schottland. Der Brite leistet natürlich auch seinen Dienst bei Polizei und Feuerwehr.
Der Range Rover hatte seine Fans aber auch bitter nötig, denn der Hersteller ruhte sich lange auf seinen Lorbeeren aus. "Obwohl Land Rover den Beifall genoss, den der Wagen bekam, tat man zehn Jahre lang kaum etwas, um ihn weiterzuentwickeln", sagt der Land Rover-Experte Mike Gould. Es war nicht einmal das Geld da, um eine viertürige Version auf den Markt zu bringen, die sich viele Kunden wünschten. Der Schweizer Karosseriebauer Monteverdi stellte solch ein Fahrzeug mit allerlei Optionen schließlich auf Basis des International Scout II selbst her.
Erst elf Jahre nach seiner Premiere bauten die Briten den Viertürer ab 1981 in eigener Regie, darunter auch das luxuriöse Sondermodell "Vogue". Es ist der eigentliche Vorläufer der heutigen Range Rover. Die Modezeitschrift Vogue hatte mit dem Wagen ein Foto-Shooting in Biarritz veranstaltet, mit schönen Menschen in schicken Klamotten, was Land Rover auf die Idee zu seinen berühmten Sondermodellen brachte. Noch heute versprüht ein klassischer Vogue britischen Landhaus-Charme: Gemütliche Sessel, viel schickes Holz und allerlei Komfortextras verwöhnen die Passagiere.
Ein Cabrio allerdings, so wie beim Mercedes G-Modell, gab es beim Range Rover nur in Form von Spezialaufbauten. Als Flanier-Wagen für die Royals zum Beispiel, als Papamobil mit Plexiglas-Kuppel oder als Filmfahrzeug für Roger Moore im James Bond-Streifen "Octopussy". Selbst im Ostblock schätzte man den Offroader des Klassenfeinds. Während das Volk der DDR Trabi fahren musste, ließ sich Erich Honecker vier Range Rover zu Jagdwagen umrüsten. Der greise Sozialist wartete auf seinem mobilen Hochstand, und seine Lakaien trieben ihm das Wild geradewegs vor die Flinte.
Die erste Generation des Range Rover wurde fast 25 Jahre gebaut und in dieser Zeit optisch kaum verändert. Fast 318.000 Stück wurden produziert. Erst 1994 kam die zweite Generation auf den Markt, neben einem V8-Motor stand unter der Haube auch ein BMW-Diesel zur Verfügung. Die dritte Generation gibt es seit 2001. Im aktuellen Modell steckt ein neuer Achtzylinder-Diesel, wahlweise auch ein V8 mit Kompressoraufladung und 510 PS. Im Innenraum gibt es jeden nur erdenklichen Luxus, und schon das Einstiegsmodell kostet 88.500 Euro. Mittlerweile ist der Range Rover in seiner nächsten Generation unterwegs. Es gibt potente Diesel und Benziner mit sechs und acht Zylindern. Der einzige Range Rover, der aus der Reihe fällt, ist der P400, der von seinem wenig souveränen Vierzylinder-Turbo und einem Elektromodul zum Plug-In-Hybriden wurde. Die neue Generation dürfte im kommenden Jahr ihre Premiere feiern und erstmals wohl auch als Elektroversion kommen.
Eins aber bleibt: In Sachen Offroad-Tauglichkeit macht dem Briten damals wie heute niemand etwas vor. Das schönste Bild dafür ist eine berühmte Werbeanzeige aus Kanada. Auf einem komplett verschneiten Hof stehen vier Garagen, nur vor einer davon sieht man Reifenspuren im tiefen Schnee. Darunter der Satz: "Jetzt raten Sie mal, in welcher Garage der Range Rover steht."
Quelle: Autoplenum, 2020-01-20
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