7. Mai 2012
Sciacca (Italien), 7. Mai 2012 - So ein Coupédach befriedigt das Bedürfnis nach ein bisschen Eleganz im Leben. Nicht umsonst ist die Klasse der viertürigen Limousinen mit eben jener Dachform stark im Kommen. BMW springt jetzt mit dem neuen 6er Gran Coupé auf den rasenden Erfolgszug auf - wir testen den 640d mit 313 Diesel-PS.
Erfunden und wiederentdeckt
Puristen stöhnen bei dem Gedanken, dass ein Coupé vier Türen haben soll - aber diese Designidee ist beinahe 60 Jahre alt: Bereits 1954 präsentierte der schrullige englische Hersteller Bristol mit dem 405 eine viertürige Coupédach-Limousine. 2004 entdeckte Mercedes mit dem CLS diese Form der Eleganz wieder - und behauptet seit dem steif, fest und fälschlicherweise, Erfinder dieser Nische zu sein. Das 640d Gran Coupé macht jedenfalls der Klasse der viertürigen Coupés schon äußerlich alle Ehre: Flach und lang gestreckt, legt es sich mit seinem elegant nach hinten auslaufenden Dach in den Wind. Gegenüber dem 6er Coupé hat das Gran Coupé elf Zentimeter an Länge gewonnen, was den Wagen noch etwas gestreckter wirken lässt. Um genau diese elf Zentimeter wird der Radstand gestreckt - auf das Niveau der 5er-Limousine. Das 640d Gran Coupé lässt im Reigen von Audi A7, Mercedes CLS, Porsche Panamera, Maserati Quattroporte und Aston Martin Rapide am meisten Eleganz aufblitzen.
Mit brauchbarem Fond
Die Kabine des 6er Gran Coupés transferiert die Außenwirkung verlustfrei nach innen: Reine Eleganz korrespondiert mit feinsten Materialien und präziser Verarbeitung. Das meiste hat sich im Vergleich zum 6er Coupé ab der B-Säule getan: Die elf Zentimeter mehr Radstand kommen komplett dem Fond zugute. Dort gibt es jetzt drei Sitze mit in den Rücklehnen integrierten Gurten. Die Außenplätze sitzen sich äußerst bequem und bei der Beinauflagefläche wurde nicht getrickst: Selbst für lange Oberschenkel gibt es jede Menge Stütz-Terrain. Die Kopffreiheit reicht hinten auch noch für Zweimeter-Riesen. Schließlich wurde nicht nur der Fußraum vergrößert, auch das Dach und die hintere Sitzbank wurden angepasst.
Coupé für fünf, na ja: Eher vier
Und dann gibt es hinten noch den Mittelplatz. Der hat zum einen keine Kopfstütze und zum anderen zieht sich die breite Mittelkonsole beim 6er Gran Coupé bis zur Rückbank durch. Der hinten in der Mitte Sitzende muss also seine Beine rechts und links an dieser Konsole vorbeisortieren und nimmt dann seinen beiden Fond-Mitreisenden jeweils ein ordentliches Stück Fußraum weg. Aber wer Gefahr läuft, dass die vier angeschlagenen Freunde nach der Party bei einem auch noch übernachten wollen, freut sich vielleicht über den Notsitz, mit dem er die versammelte Kumpeltruppe zu ihren Unterkünften bugsieren kann. Ganz hinten hat das 6er Gran Coupé noch eine Besonderheit parat: Die Rücksitzlehne ist serienmäßig umklappbar, womit sich der Kofferraum von 460 auf 1.265 Liter erweitern lässt.
Auf knackig geschaltet
Das Fahrwerk des 640d Gran Coupé lässt sich mit dem in der Mittelkonsole sitzenden so genannten Fahrerlebnis-Schalter zwischen vier Modi verstellen: Comfort plus, Comfort, Sport und Sport plus. Dass die Ingenieure dem Gran Coupé einen sportlichen Charakter verpassen wollten, merkt man schon in der Einstellung Comfort plus: Selbst hier wird der Fahrbahnbelag mit einer gewissen Grundstraffheit genommen. Die Unterschiede zu den athletischeren Modi sind allerdings deutlich zu spüren - vor allen Dingen in der Kurve: Kommt es bei Comfort plus noch zu einem Wanken, wird dieser Effekt bei Sport plus komplett negiert. Die Lenkung ist in allen Einstellungen perfekt und gibt mit dem richtigen Widerstand Sicherheit. Ist zudem die 1.950 Euro teure Aktivlenkung an Bord, wird dank der mitlenkenden Hinterräder das Agilitätsgefühl noch etwas verstärkt. Die Bremsen packen kräftig und sauber dosierbar zu.
Kultiviert wie ein Sauger
Unter der Fronthaube des 640d Gran Coupé sitzt ein langer Motor: Der 3,0-Liter-Reihensechszylinder wird von zwei Twinscroll-Turboladern unter Druck gesetzt. Raus kommen 313 PS und ein maximales Drehmoment von 630 Newtonmeter. Und dieses massive Drehmoment liegt bereits ab 1.500 U/min an. Ab 2.500 U/min fällt die Momentenkurve wieder etwas ab. Damit zieht das 640d Gran Coupé sehr kultiviert nach vorn, beinahe so, als würde es von einem Saugmotor befeuert werden. In 5,4 Sekunden sind dann auch schon 100 km/h erreicht - das viertürige Diesel-Coupé ist außerordentlich sportlich unterwegs. Bei 250 km/h wird der Vortrieb elektronisch abgeregelt.
Power ohne Sound
Im Innenraum kommt von den Triebwerksgeräuschen natürlich nichts an: Niemand würde hier am Sound erkennen, dass vorne ein Dieselmotor werkelt. Aber auch außen gibt es nichts zu hören: Erst ab 3.000 U/min tut sich am Endrohr ein bisschen was und irgendwie kernig klingt da nichts. Das 640d Gran Coupé ist also genau richtig für diejenigen, die mit sanftem Sound den eleganten Auftritt ihres Wagens untermalen wollen. Beim 640i Gran Coupé klingt der Sechszylinder-Reihen-Biturbobenziner etwas sportlicher - ansonsten fährt er sich mit seinen 320 PS und 450 Newtonmeter Drehmoment sehr ähnlich wie sein Diesel-Bruder. Das 650i Gran Coupé wird mit seinem neuen 450-PS-Achtzylinder-V-Biturbotriebwerk erst ab Herbst 2012 verfügbar sein. Den Verbrauch aller Gran-Coupé-Modelle bekämpft BMW unter anderem mit einer zackig arbeitenden Start-Stopp-Automatik, die natürlich besonders im Stadtverkehr zum Tragen kommt. Für das 640d Gran Coupé geben die Bayern sensationell geringe 5,5 Liter Diesel pro 100 Kilometer im kombinierten Normverbrauch an. Verlässt man den Eco-pro-Modus, wird dieser Wert schnell ansteigen.
Achtgang-Automatik zur Perfektion getrieben
In allen 6er Gran Coupé werden die Gänge serienmäßig von einer Achtgang-Automatik eingeteilt. Diese ist dermaßen ausgereift, dass sie im 640d Gran Coupé perfekt arbeitet. Ohne merkliche Zugkraftunterbrechungen oder Ruckler macht sie einen tadellosen Job. Wer es ganz sportlich angehen lassen will, kann über die ab Werk montierten Lenkrad-Paddles jederzeit ins Schaltgeschehen eingreifen.