Fiat Panda 4x4 im Test: Schweizer Taschenmesser für Jäger
Testbericht
Balocco (Italien), 19. Oktober 2012 - Eine Magic Box, ein City Utility Vehicle und ein Schweizer Taschenmesser: Die Fiat-Presseabteilung findet so manche Umschreibung für den Panda. Die offizielle Begründung für das Taschenmesser: Kein anderer Kleinstwagen bietet so viel Auswahl bei Motoren, Getrieben und Antriebsarten. Den Panda gibt es nicht nur mit Benziner und Diesel, sondern auch als Erdgas- und mancherorts als Autogas-Version. Und seit 1983 wird er als Allradler angeboten, ist damit der einzige Kleinstwagen mit Vierradantrieb. Wir haben den neuen Panda 4x4 getestet.
Turbobenziner oder Diesel
Die dritte Generation des Panda ist seit März 2012 auf dem Markt. Ende Oktober 2012 kommt der Allradler dazu. Als Motorisierung stehen zwei vom Fronttriebler bekannte Aggregate zur Wahl: der Zweizylinder-Turbobenziner mit 85 PS und der 1,3-Liter-Diesel mit 75 PS. Der 69 PS starke Basisbenziner sowie die Erdgasversion werden für den Panda 4x4 nicht angeboten. Wir wählten für unsere Ausfahrt den Diesel, der mit einer Fünfgang-Schaltung kombiniert wird. Der Vierzylinder fällt zunächst durch eine recht hohe Lautstärke auf. Mit bis zu 190 Newtonmeter bietet der Selbstzünder aber genug Drehmoment, um sogar noch an extrem steilen Steigungen anzufahren. Dabei hilft der besonders kurz übersetzte erste Gang - er ist sogar kürzer als der Rückwärtsgang. Unterhalb von 50 km/h hilft auch ein elektronisches Sperrdifferenzial beim Anfahren. Es kann per Knopfdruck aktiviert werden. Steht ein Rad etwa auf losem Schotter und droht durchzudrehen, bremst die Elektronik dieses ab und die Kraft gelangt an die übrigen Räder.
Elektronisch geregelte Kupplung
Natürlich ist auch der Allradantrieb in solchen Situationen von Vorteil. Er basiert auf einer elektronisch geregelten Mehrscheibenkupplung, die das Drehmoment bei Bedarf auch an die Hinterachse leitet. Das Bauteil kann laut Fiat bis zu 900 Newtonmeter übertragen, und das in nur 0,1 Sekunden. Stolz ist der Hersteller auch auf die großen Böschungswinkel sowie den Rampenwinkel. Die Bodenfreiheit ist etwa fünf Zentimeter größer als beim Fronttriebler und beträgt immerhin 16 Zentimeter. Verzögert wird rundum mit Scheibenbremsen, während der Fronttriebler hinten Trommeln hat.
Nicht schneller als 159 km/h
Die Fahrleistungen des Panda 4x4 1.3 Multijet sind - wie für ein 75-PS-Dieselmodell nicht anders zu erwarten - eher mau. Mehr als 159 km/h sind nicht drin, und für den Standardsprint muss man sich 14,5 Sekunden Zeit lassen. Untermotorisiert kommt man sich aber mit dem Fahrzeug nicht vor - zumindest auf der Landstraße. Und wer hauptsächlich Autobahn fährt, ist mit dem Allrad-Panda ohnehin an der falschen Adresse. Den Spritverbrauch des serienmäßig mit Start-Stopp-Automatik ausgerüsteten Panda 4x4 gibt Fiat mit 4,7 Liter je 100 Kilometer an. Der Mehrverbrauch durch den Allradantrieb liegt bei einem halben Liter.
Wankanfällig und wackelig
In scharf gefahrenen Kurven knallt man als Beifahrer im Panda 4x4 vorne auch mal mit der Schulter an die B-Säule. Überhaupt ist der Wagen wankanfällig und wirkt wackelig. Das liegt auch an der Fahrzeughöhe von stattlichen 1,61 Metern, die es dem Fahrwerk nicht leicht macht. Für ein ungutes Kurvengefühl sorgen auch die hohe Sitzposition - schon Mittelgroße gucken auf den oberen Bereich der Frontscheibe - und die Sitze: Ihre Beinauflagefläche ist kurz und der Rücken findet wenig Seitenhalt.
Tristes Cockpit
Auch die Innenraumgestaltung ist keine Stärke des Panda 4x4. Außer der Armauflage in den Türen ist hier keine hinterschäumte Fläche zu entdecken. Die Kopfstütze ist hart wie Beton, das Armaturenbrett eine Hartplastikorgie. Im Testwagen sind die Flächen auch noch in einem militärisch wirkenden Olivgrün gehalten, zu dem die Klavierlack-Teile partout nicht passen wollen. Die gewählten Materialien und die Verarbeitung machen einen allzu billigen Eindruck - man werfe zum Vergleich nur mal einen Blick in den hochwertig eingerichteten Fiat 500.
Viel Platz im Fond
Der Sitzkomfort im Fond ist jedoch gut. Sowohl vor den Beinen als auch über dem Kopf bleibt mehr als genug Raum. Serienmäßig hat der Panda 4x4 eine durchgehende Sitzbank für zwei Personen - es handelt sich also um einen Viersitzer. Gegen Aufpreis wird daraus eine fünfsitzige Version mit geteilt klappbarer Bank. Die sollte man auch bestellen, denn die Serien-Sitzbank muss zum Umklappen auf beiden Seiten gleichzeitig entriegelt werden - sehr unpraktisch. Wenn das Kunststück gelungen ist, kommt das blanke Metall auf der Rückseite der Sitzlehne zum Vorschein. Eben wird der Laderaum nur, wenn man eine so genannte Cargo Box ordert. Der Kofferraum fasst 225 bis 870 Liter, ein guter Wert.
Preis: 17.290 Euro
Den Panda 4x4 mit 75-PS-Diesel erhält man für 17.290 Euro. Der Aufpreis gegenüber dem gleich ausgestatteten und motorisierten Panda Trekking mit Frontantrieb beträgt stattliche 2.000 Euro. Die Ausstattung umfasst unter anderem eine Zentralverriegelung mit Fernbedienung, elektrische Fensterheber vorne - hinten wird im Panda stets gekurbelt -, ein CD-Radio und eine Klimaanlage. ESP sowie Front- und Kopfairbags sind Serie, Seitenairbags vorne gibt es nur gegen Aufpreis. Auf der Extraliste findet sich ein City-Notbremssystem. Als Alternative zum Panda 4x4 kommt der Suzuki Jimny in Frage. In der Topversion Style kostet er 16.790 Euro. Er ist mit seinem zuschaltbaren Allradantrieb und größerer Bodenfreiheit geländegängiger, hat aber einen Benziner mit viel weniger Drehmoment unter der Haube. Ein günstiger, wenn auch etwas größerer Allradler ist der Dacia Duster 4x4, den es mit 110-PS-Diesel ab 17.890 Euro gibt.
Technische Daten
Antrieb: | Allradantrieb mit elektron. geregelter Mehrscheibenkupplung |
---|---|
Anzahl Gänge: | 5 |
Getriebe: | Schaltung |
Motor Bauart: | Turbodiesel |
Hubraum: | 1.248 |
Anzahl Ventile: | 4 |
Anzahl Zylinder: | 4 |
Leistung: | 55 kW (75 PS) bei UPM |
Drehmoment: | 190 Nm bei 1.500 UPM |
Preis
Neupreis: 17.290 €Fazit
Der Fiat Panda 4x4 ist ein Nischenauto, von dem in Deutschland nicht mehr als ein paar hundert Stück pro Jahr verkauft werden. Kunden sind Jäger, Förster, Berghüttenbesitzer und dergleichen. Der kleine Panda kommt leichter zwischen eng stehenden Bäumen hindurch als ein großer Allradler und schafft auch enge Kehren. Der gefahrene Diesel ist zwar etwas laut, aber ausreichend stark. Wer ein solches Fahrzeug kauft, wird sich kaum daran stören, dass man damit nicht schneller als 160 km/h fahren kann. Auch bei niedrigem Tempo stört jedoch die Wankanfälligkeit des Panda. Das Cockpit ist wenig ansehnlich, die Materialien wirken selbst für die kleinste Klasse billig. Zu den Pluspunkten zählen der Sitzkomfort im Fond und der recht große Kofferraum. Wer aber nicht zur beschriebenen Klientel gehört, ist mit anderen Autos besser bedient.Testwertung
Quelle: auto-news, 2012-10-19
Getestete Modelle
Ähnliche Testberichte
Autoplenum, 2020-02-06
Fiat 500 Hybrid / Fiat Panda Hybrid - Spritsparen als Auf...Ganzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2020-01-29
Gebrauchtwagen-Check: Fiat Panda - Sparwut setzt ihm zuGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2020-01-10
Fiat 500 und Panda Hybrid - Elektrisches VorspielGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2017-06-08
Fiat Panda City Cross - Crossover-Kleinstwagen ohne Allra...Ganzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2017-01-31
Gebrauchtwagen-Check: Fiat Panda - Stadt, Land, FlussGanzen Testbericht lesen