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Testbericht

Peter Maahn/SP-X, 5. Dezember 2018

SP-X/Mallorca. Auf den ersten Blick sieht es nach Abrüstung aus: Das vorläufige Spitzenmodell der A-Klasse kommt natürlich von der Mercedes-Sportabteilung und leistet zu Preisen ab 47.530 Euro als AMG A 35 doch tatsächlich 75 PS weniger als der Vorgänger A 45. Doch gemacht, die leistungshungrigsten unter den Fans des Baby-Benz müssen sich nicht grämen. Der nächste 45er kommt bestimmt und wird dann – warum auch immer - die 400-PS-Marke knacken. Doch noch ist es nicht soweit, jetzt gehört die Bühne dem „Kleinen“, der sich auf Mallorca für die ersten Testrunden aufhübschte. Durchaus erfreulich dabei, dass das neue Einsteiger-Modell in die AMG-Welt bei einer Tour entlang des „Ballermanns“ nicht durch eine ebensolche Attitüde auf sich aufmerksam machen.

Das Blechkleid ist erfreulich glatt, von den Normalos der A-Klasse unterscheidet es sich lediglich durch verkleidete Seitenschweller. Vorne das typische AMG-Gesicht mit den Doppellamellen in der Kühlerverkleidung. Hinten grüßt ein schmaler Heckspoiler an der Dachkante die Überholten. Wer diese Anpresshilfe als zu schmächtig empfindet, kann ein größeres, freistehendes „Bügelbrett“ im Aerodynamik-Paket mitbestellen und ist mal eben um weitere 1.845 Euro ärmer. Ein kurzer Blick in den Innenraum: Die Sitzbezüge sehen aus wie Leder, doch kein Rind musste dafür sein Leben lassen. „Artico“ nennt sich die täuschend echte Nachbildung aus Mikrofaser. Rote Farbtupfer (z.B. Sitznähte, Gurte oder Umrahmung der Luftdüsen) sorgen im ansonsten dunklen Ambiente für Frische. Natürlich hat auch der AMG das neuartige Anzeigesystem mit den beiden unter einem gemeinsamen Deckglas verknüpften Monitoren übernommen. Neben den vertrauten Anzeigen können auch spezielle AMG-Funktionen abgerufen werden, die dann je nach gewähltem Modus („klassisch“, „sportlich“ oder „Supersport“) verschiedene Stile auf dem Bildschirm erscheinen lassen. Im wildesten Modus ist ein großer Drehzahlmesser das beherrschende Element. Das macht hungrig auf die Betätigung des Startknopfes rechts neben der Lenksäule. Die auf zwei Liter Hubraum verteilten vier Zylinder beginnen wohlig-flüsternd ihr Werk. Eine automatisch geregelte Klappe im Abgassystem lässt den AMG immer im leisesten Modus anspringen. Die Nachbarn werden es danken. Wenn dann auf freier Strecke eine der sportlichen Variationen gewählt wird, verändert sich die Tonlage. Kein Brüllen wie bei größeren AMG-Boliden, aber trotzdem kraftvoll und erwünscht bollerig, was vor allem in Tunneldurchfahrten zu einer klassischen automobilen Musik mutiert. Natürlich verlockt all dies, auf den engen Serpentinen, den kurzen Geraden oder den  immer noch und immer mal wieder buckeligen Landstraßen den klammheimlichen Hamilton-Geist aus dem Innersten hervorzulocken. Man mag es in der heutigen Zeit kaum noch zugeben: Der AMG 35 ist ein Spaßmobil, auch dank direkter Lenkung, dem festen Grip dank perfekt geregeltem Allradantrieb und der fein dosierbaren Bremsen, die auf Wunsch auch richtig zupacken. Da vor der weihnachtlichen Touri-Invasion kaum jemand hoch oben in den Bergen unterwegs ist, bleibt auch das schlechte Gewissen im Rahmen. Doch auch ein AMG wird wieder zur braven A-Klasse, wenn es gemächlicher vorwärts geht. Dank üppiger Durchzugskraft reichen zur gelassenen Inselerkundung die höheren Stufen der 7-Gang-Doppelkupplung. Dann ist auch Zeit, den vielen Assistenzsystemen stressfrei auf den Grund zu gehen. Das automatische Hinterherfahren im Stau, das selbstständige Zurücklenken, wenn die Mittellinie zu nah an das linke Räderpaar gerät oder auch mal das automatische Einparken, das auf dem großen rechten Monitor wie ein YouTube-Video bestaunt werden kann. Bei Dunkelheit macht das „Multibeam-LED“-Licht mit 16 einzeln angesteuerten Segmenten pro Scheinwerfer die Nacht zum Tag, blendet automatisch auf und ab, leuchtet den Straßenrand aus und stellt das Licht selbststätig auf Autobahn, Landstraße oder Stadtverkehr ein, weil es mit dem Navi in Kontakt steht. Kostet allerdings gut 1.500 Euro extra. Die vielen Nettigkeiten in der Preisliste lassen den Grundpreis von 47.530 Euro schnell anwachsen, wenn den Überredungskünsten des Verkäufers nicht widerstanden werden kann. Das relativiert sicher die Ansage von Mercedes, mit dem AMG 35 4Matic auch jüngere Zielgruppen anzusprechen, da der „Kleine“ schließlich der günstigste AMG ist. Ein Playmobil mit Alltagstauglichkeit für weit über 50.000 Euro bei etwas gehobener Ausstattung bleibt aber wohl für die große Mehrheit der 30-Jährigen ein kaum erreichbarer Traum.

Mercedes-AMG A 35 – Technische Daten: Fünftürige, fünfsitzige Limousine, Länge: 4,44 Metern, Breite: 1,80 Meter, Höhe: 1,40 Meter, Radstand: 2,73 Meter, Kofferraumvolumen: 370 – 1.210 Liter 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner, 225 kW/306 PS, maximales Drehmoment: 400 Nm bei 3.000 - 4.000 U/min, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb, Vmax: 250 km/h, 0-100 km/h: 4,7 s, Normverbrauch: 7,4 l/100 km, CO2-Ausstoß: 168 g/km, Abgasnorm: Euro 6d-temp, Effizienzklasse D Preis: ab 47.529 Euro Mercedes-AMG A 35 –

Kurzcharakteristik 

Warum: Sport, Spaß und ein bisschen Spiel in der Kompaktklasse
Warum nicht: dann doch lieber ein Elektroauto fürs bessere Gewissen Was sonst: Audi RS 3 Sportback, BMW M140i oder ein VW Golf GTI Performance

Fazit

Mercedes schickt die AMG-Version der neuen A-Klasse ins Rennen. Der AMG 35 4Matic gibt sich mit 225 kW/306 PS deutlich bescheidener als das Vorgängermodell, das mit zuletzt 280 kW/381 PS der Rekordhalter bei den Vierzylinder-Motoren war.

Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2018-12-05

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