Erfahrungsbericht Renault Vel Satis 3.5 V6 (241 PS) von Momo03, Juli 2020
Ich habe 2013 einen 2005er Vel Satis 3.5V6 Initiale (Facelift) mit 85.000km für 5.700€ gekauft - ein echtes Schnäppchen zu dem Zeitpunkt. Wir sind den Wagen knapp 70.000km sieben Jahre lang gefahren. Vorgänger waren Renault Safrane 24V, Safrane V6 und R25 V6.
Das Auto ist äußerlich recht eigenwillig. Ich kann nicht behaupten, daß mir die Front wirklich gefallen hätte - aber immerhin ein sehr eigenständiges Gesicht. Den Rest, außen wie innen, finde ich aber sehr gelungen und ansprechend.
Der Vel Satis ist ein SEHR großes und geräumiges Auto, eine fantastische Reiselimousine. Durch die Größe und das Gewicht allerdings auch alles andere effizient. Trotz EXTREM zurückhaltender Fahrweise standen nach den 70.000km reale 11.6l Verbrauch auf der Uhr. Weniger ist wohl nur bei primärem Sommer-Langstreckenbetrieb mit Tempo 100 erzielbar.
Abgesehen davon ist der Vel Satis 3.5V6 ein echter Traumwagen. Die Fahrleistungen sind sehr gut, gleichzeitig ist er ein Muster an Laufruhe und Fahrkomfort. Ich würde ihn jederzeit einem deutschen Äquivalent vorziehen und es ist ein Jammer, daß Renault die "Oberklasse" mit dem Vel Satis begraben hat.
Über die 70tkm hat der Wagen effektive 28ct/km gekostet, inkl. Anschaffung, Reparaturen, Verschleiß und Verbrauch.
An Defekten ist in der Zeit wenig aufgetreten. Außergewöhnlich war ein Defekt der Feststellbremse, das war auch arg teuer. Bedingt durch das hohe Gewicht, auch des schweren Motors, sind die Fahrwerksteile des Laguna unterdimensioniert, so daß Traggelenke und Koppelstangen nur 50-100tkm halten. Ist aber alles sehr günstig. Ebenso gibt es immer wieder Probleme mit den Gummilagern an der Hinterachse, was zu Poltern führt. Das ist allerdings zum Glück auch nicht teuer. Batterien hat der Wagen leider regelrecht "gefressen", da das Keyless-System in Zeiten von 2.4GHz-WLAN überall leider nicht mehr einschläft und die Batterie in weniger als einer Woche Stillstand komplett leersaugt.
Ansonsten sind die 225er Reifen ein Kostenfaktor, da man den Sturz nicht einstellen kann - die Reifen der Vorderachse nutzen sich durch das hohe Gewicht außen schneller ab. Dafür halten die Bremsen bei vorausschauender Fahrweise ewig.
Das RDKS war schon funtktionslos, als ich den Wagen bekam und acht Ventile waren mir das Geld nicht wert.
Der jahrelang preisgekrönte Nissan VQ35DE ist schon ein toller Motor (soweit Verbrenner-Motoren "toll" sein können). Allerdings muss man wohl ausschließlich Premium-Sprit tanken, sonst werden die Abstreifringe undicht. Das haben weder ich noch die Vorbesitzer getan und so hat der Motor unter Last gewaltig viel teures 5W30 Vollsynthetik geschluckt (was nebenbei auch übel stinkt und der Umwelt beträchtliche Schäden zufügt). Bei sanfter Fahrweise war der Ölverbrauch hingegen "null".
Das Asin-Warner-Automatikgetriebe mit Drehmomentwandler war schon ein großer Fortschritt gegenüber dem Volvo-Getriebe des Safrane 24V: hier funktioniert die Anpassung an die Fahrweise recht gut. Falls man mal anderer Meinung als das Getriebe ist, lässt es sich auch "manuell" schalten. Es schaltet butterweich und ohne eine merkbare Zugunterbrechung beim Beschleunigen. Und die Beschleunigung ist echt von guten Eltern - diesen Koloss in unter 8 Sekunden auf 100 zu bringen fühlt sich so beeindruckend an, wie es sich liest.
Über den Komfort wurde von anderen schon genug geschrieben, das kann ich nur unterstreichen. Allerdings halte ich die Sitze des Vel Satis für einen deutlichen Rückschritt gegenüber den Ergomatic-Sitzen des Safrane. Welchen Sinn kann es haben, die Rückenlehne im oberen Rückenbereich nach VORN zu klappen?
Bequem sind sie natürlich trotzdem. Für lange Reisen gibt's (gab's) einfach nichts besserses als große Renaults.
Fazit: natürlich ist jeder Verbrenner heute ein anachronistischer Energieverschwender, und selbst Leistungsmonster fühlen sich im Vergleich zu elektrischen Antrieben kaputt und lahm an, aber für seine Ära war der Vel Satis fast schon unvergleichlich fantastisch. Mit einem modernen Antrieb würde ich das Auto jederzeit wieder fahren wollen - und fast allem anderen vorziehen.