Opel Senator
Opel als König der Oberklasse? Aber ja doch. Waren es zunächst die KAD-Modelle Kapitän, Admiral und Diplomat, die jahrelang alle Konkurrenten in den Verkaufszahlen deklassierten, zündete die Marke mit dem Blitz im Spätsommer 1977 den Opel Senator inklusive Coupéversion Monza. Zur Überraschung von Fans und Fachwelt war die 4,81 Meter lange Sechszylinder-Limousine allerdings kein Nachfolger der kurz zuvor eingestellten V8-Flaggschiffe. Statt opulenter Formen und voluminöser Motoren bot der Senator leichtgewichtige Eleganz mit vergleichsweise effizienten, bis zu 132 kW/180 PS starken 3,0-Liter Einspritztriebwerken. Das alles kombiniert mit einer Komfortausstattung zu relativ kleinen Kosten.
Wer dabei an das Erfolgsrezept luxuriöser Volvo (264), Peugeot (604) oder Renault (30) denkt, liegt nicht falsch. Auch diese Modelle standen für Understatement, wie es im Europa der späten 1970er Jahre gefragt war, einer Ära, die von den Nachwirkungen der ersten Ölkrise und Debatten um die Notwendigkeit automobiler Statussymbole geprägt wurde. Allein der Opel Senator sorgte jedoch für eine Sensation. Trotz unverkennbarer Verwandtschaft mit dem Mittelklassemodell Rekord attackierte der größte Opel die Mercedes S-Klasse und den BMW 7er. Die Senator-Verkaufszahlen schossen ins Weltall wie eine Rakete, um aber beim durch frische Konkurrenz erzwungenen Wiedereintritt in die Erdatmosphäre ebenso rasch zu verglühen.
Damit hatte nicht einmal die Fachwelt gerechnet: Gut ein Dutzend europäischer Marken fuhr auf der Frankfurter IAA 1977 neue luxuriöse Flaggschiffe vor, aber nur auf dem Opel-Stand umringten die Messebesucher zwei Sechszylinder-Premieren in Zehner-Reihen. Vielleicht kam den neuen Modellen Monza und Senator zugute, dass jeder wissen wollte, wie der zweitgrößte deutsche Hersteller in die Oberklasse zurückkehren wollte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass der repräsentativ gezeichnete Senator und der Monza als Hatchback-Coupé mit scheinbar endlos langer gläserner Heckklappe jene Emotionen auslösten, die der gleichfalls neue, nüchterne Rekord E nicht bewirkte. Vor allem der Monza mit markanter Chromfront und einem Cockpit, das in seiner letzten Fassung mit Computerdisplays an Flugzeugcockpits erinnerte, führte zu Fragen, wie „Kein Commodore Coupé, aber ein schnellerer Monza?“, „Geht der mit so viel Glas in Serie?“, „Kann ich den sofort kaufen?“
Anders als der Rekord E waren aber weder Senator noch Monza sofort zu haben. Die Auslieferung begann erst im Frühling 1978 nach Veröffentlichung der ersten geradezu euphorischen Tests der Fachmedien. „Zwei Stars in der Oberklasse“, „Super-Opel“ und „Die leisesten Drei-Liter-Wagen“, lauteten die Schlagzeilen. Das Duo verfügte über laufruhige Motoren dank hydraulischer Dämpfer und als erste Opel über einzeln aufgehängte Hinterräder. Die Test-Verbrauchswerte von 15 bis 17 Liter wurden als „erstaunlich sparsam“ bezeichnet, obwohl sich die Konkurrenz damals auch nicht mehr genehmigte. Immerhin war der 3,0-Liter-Senator bis zu 10.000 Mark billiger als ein vergleichbar ausgestatteter BMW 730i, was eine neue Klientel von Prestigeklasse-Käufern begeisterte. „Senator. Der kleine Kreis exklusiver Automobile ist größer geworden“, stellte denn auch die Opel-Werbung fest.
Tatsächlich beeindruckte der Senator ab vollem Serienanlauf im ersten Halbjahr 1979 mit sensationellen Zulassungszahlen. Danach eroberte er ein Drittel der deutschen Oberklasse, nur die Mercedes S-Klasse verfügte über einen knappen Vorsprung. Das parallel zum Senator präsentierte Opel-Coupé Monza war sogar die unangefochtene Nummer eins der noblen Gran Turismo. Opel schwebte auf Wolke sieben, war wieder ein Player im Premiumsegment, erreichte 1979 mit seinem Gesamtprogramm 968.466 Einheiten und damit einen Produktionsrekord. Alles schien gut und doch standen die Schatten der zweiten Energiekrise an der Wand. Die Folge war eine weltweite Rezession, Kurzarbeit besonders in der Produktion von Oberklassemodellen und bei Opel außerdem die ersten roten Zahlen der Nachkriegszeit.
Daran änderten auch zahllose Sonderversionen für eine internationale Karriere des Senator nichts. Während in Deutschland Taxis, Behördenfahrzeuge mit kleinen Vierzylindermotoren, Caravan-Versionen von Karossiers und die exklusiven Bitter SC Coupés und Cabriolets Nebendarsteller blieben, sollte es in Großbritannien, Südafrika, Korea und Australien Volumenmodelle richten. Vergeblich, was den in Rüsselsheim gebauten Vauxhall Royale betraf, der in britischen Schauräumen verstaubte. Nur als 4x4-Variante mit Ferguson-Allrad und Opel-Senator-Signets leistete der Sechszylinder den Briten erfolgreich Dienste. Denn im Rahmen der Berliner Brixmis-Mission war er für geheime Aufklärungsfahrten auf dem Gebiet der DDR im Einsatz.
Nach Südafrika lieferte Opel anfänglich CKD-Bausätze, aus denen ein Chevrolet Senator mit brasilianischem 4,1-Liter-Motor montiert wurde. Besser verkaufen konnte sich aber erst der 1980 unter dem Werbeslogan „Made in Germany“ eingeführte Opel Senator 3.0 E. In Korea lief ab 1978 der vom Senator abgeleitete Saehan bzw. Daewoo Royale Saloon vom Band und in Australien bot GM-Tochter Holden ein Derivat an.
Entscheidend blieb aber der Heimatmarkt und dort konnten sich Senator und Monza von den ab Anfang der 1980er Jahre einbrechenden Verkaufszahlen nie mehr nachhaltig erholen. Dabei gab es ab 1983 aerodynamisch geglättete Facelifts mit deutlich breiterem Motorenangebot, darunter preiswerte Vierzylinder-Benziner und einen sparsamen 2,3-Liter-Vierzylinder-Diesel. Am anderen Ende standen gepanzerte Langversionen für Vorstandsparkplätze und Ministerpräsidenten sowie leistungsgesteigerte und bis zu 230 km/h schnelle Senatoren der Opel-Tuner Irmscher, Mantzel und Artz. Es nützte nichts, der anfängliche Jubel derFachpresse war verklungen und den Opel-Händlern fiel es zunehmend schwer, neue Kunden anderer Marken zu gewinnen. Auch der vom neuen Opel Omega abgeleitete und 1987 eingeführte Senator B konnte das Blatt nicht wirklich wenden.
Was gleich mehrere Ursachen hatte. Zum einen trat der Senator nicht mehr nur gegen BMW und Mercedes an, auch Audi strebte mit den Modellen 200 und V8 in den Premiumclub. Gar nicht zu erwähnen die Achtungserfolge von anspruchsvollen Importmodellen wie Volvo 760, Saab 9000, Alfa 164 oder auch Renault 25. Zum anderen bekam der einstige Werbespruch „Opel, der Zuverlässige“ in den 1980er Jahren Kratzer durch Qualitätsprobleme, die anfänglich besonders dem Omega angelastet wurden. Und diesem ähnelte der Senator B optisch deutlich. Vor allem aber wurde es für alle Massenmarken immer schwieriger, einzelne Modellreihen als Premiumprodukt zu verkaufen. So war es vielleicht nur konsequent, dass Opel den Senator 1993 ersatzlos einstellte. Ein Modell, das trotz schwieriger finaler Jahre mit den Sieger-Genen des Bestsellers geboren worden war. Übertrafen doch die Senator-Gesamtproduktionszahlen sogar die Auflage der legendären letzten KAD-Generation.
Chronik Opel Senator:
1969: Die letzte Generation von Opel Kapitän, Admiral und Diplomat wird eingeführt. Das erste Jahr ist mit 17.777 Einheiten das beste Resultat dieser KAD-Baureihe
1970: Im Mai ersetzt eine „Normal“-Version des Admiral den Kapitän
1975: Die Entwicklung des bereits in der Prototypenphase befindlichen Diplomat-V8 Nachfolgers wird eingestellt, die Entwicklung eines kompakteren Oberklassemodells läuft aber weiter. Wie der Rekord E und der Commodore C basiert dieser künftige Senator auf der V-Plattform von General Motors
1977: Im Juli Produktionsende der letzten KAD-Reihe nach insgesamt 61.569 Einheiten davon 4.976 Kapitän. Auf der Frankfurter IAA debütiert im September der Opel Senator als neues Opel Flaggschiff zusammen mit dem Coupé Opel Monza
1978: Im Frühling Markteinführung für den Senator, der konstruktiv mit dem Rekord E verwandt ist. Mit Serienanlauf sind drei Ausstattungslinien (Senator, Senator C und Senator CD) sowie ein sportives S-Paket verfügbar, die Motoren umfassen 2,8-Liter- und 3,0-Liter-Sechszylinder. In Großbritannien werden ab November Opel Senator und Monza als Vauxhall Royale und Royale Coupé angeboten, die Produktion erfolgt in Rüsselsheim. Nach Südafrika werden aus Rüsselsheim CKD-Bausätze geliefert, aus denen dort der Chevrolet Senator mit brasilianischem 4,1-Liter-Motor montiert wird. Ab 1980 erfolgt jedoch der Vertrieb als Opel Senator 3.0 E und unter dem Werbeslogan „Made in Germany“. Der britische Allradspezialist Fergusson rüstet Senator auf 4x4-Antrieb um, u.a. für das Schweizer Bundesheer. Das britische Militär in Berlin bestellt ebenfalls solche 4x4-Senator für die Brixmis-Mission und deren geheime Aufklärungsfahrten auf dem Gebiet der DDR. In Korea wird der vom Senator abgeleitete Saehan bzw. Daewoo Royale Saloon lanciert
1979: In den ersten drei Monaten des Jahres erreicht der Senator gemeinsam mit der Coupéversion Monza in Deutschland einen Marktanteil von einem Drittel in der Oberklasse
1980: Stark rückläufige Verkaufszahlen. Für Italien ist der Senator auch mit einem 2,0-Liter-Vierzylinder erhältlich, der zudem ebenso wie der 2,5-Liter-Vergasermotor aus dem Commodore für deutsche Behördenfahrzeuge angeboten wird. Mit Taxi-Paket wird der Senator nun ebenfalls angeboten
1981: Modellpflege für den Senator, der 2,8-Liter-Sechszylinder wird zum Modelljahr 1982 durch ein 2,5-Liter-Einspritz-Triebwerk ersetzt. Modifiziertes Armaturenbrett mit Bordcomputer, neues Innenraumdesign
1982: Im November großes Facelift für den Senator, der jetzt auch mit 2,3-Liter-Turbodiesel verfügbar ist und mit 2,0-Liter-Vierzylinder als Einstiegsmotorisierung
1984: Senator 2.0 E wird durch 2.2 i mit mehr Drehmoment ersetzt
1986: Im Juni Produktionsauslauf für den Senator A, die Verfügbarkeit ist aber bis ins Modelljahr 1987 sichergestellt
1987: Im Mai debütiert der Senator B, abgeleitet vom im Vorjahr gezeigten Omega A. Marktstart für den Senator B, ausschließlich mit Sechszylindern im September
1990: Irmscher bietet den Senator B mit 4,0-Liter-24V-Sechszylinder und 200 kW/272 PS an. Neues Basistriebwerk im Senator B ist ein 2,6-Liter-Aggregat
1993: Im Mai Produktionsauslauf für den Senator B nach 69.943 Einheiten
2017: Als aktuelles Flaggschiff des Opel-Programm wird im Juni die zweite Generation des Insignia eingeführt
Produktionszahlen:
134.735 Opel Senator A (plus 46.008 Monza) (Baujahre 1978-1986)
69.943 Opel Senator B (Baujahre 1987-1993),
zum Vergleich 4.976 Opel Kapitän B (Baujahre 1969-1970), 37.868 Opel Admiral B (Baujahre 1969-1977) und 18.725 Opel Diplomat B (Baujahre 1969-1977)
Preise:
Opel Senator 2.8 S ab 23.380 Mark (1978)
Opel Senator 3.0 S ab 24.185 Mark (1978)
Opel Senator 3.0 E ab 27.410 Mark (1978)
Opel Senator CD 3.0 E ab 37.250 Mark (1978)
Opel Senator 2.5 E ab 26.410 Mark (1981)
Opel Senator 3.0 S ab 27.386 Mark (1981)
Opel Senator 3.0 E ab 29.934 Mark (1981)
Opel Senator CD 3.0 E ab 41.760 Mark (1981)
Opel Senator (B) 3.0i mit 156 PS ab 45.550 Mark (1988)
Opel Senator (B) 3.0i mit 177 PS ab 47.550 Mark (1988)
Wichtige Motorisierungen:
Opel Senator A mit 2,0-Liter-Vierzylinder (85 kW/115 PS)
Opel Senator A mit 2,2-Liter-Vierzylinder (85 kW/115 PS)
Opel Senator A mit 2,5-Liter-Sechszylinder (100 kW/136 PS bzw. mit 103 kW/140 PS)
Opel Senator A mit 2,8-Liter-Sechszylinder (103 kW/140 PS)
Opel Senator A mit 3,0-Liter-Sechszylinder (110 kW/150 PS bzw. mit 115 kW/156 PS bzw. mit 132 kW/180 PS)
Opel Senator A mit 2,3-Liter-Vierzylinder-Diesel (63 kW/86 PS bzw. mit 70 kW/95 PS)
Opel Senator B mit 3,0-Liter-Sechszylinder (130 kW/177 PS bzw. mit 150 kW/204 PS)
Opel Senator B mit 3,0-Liter-Sechszylinder (130 kW/177 PS bzw. mit 150 kW/204 PS)
Opel Senator B mit 2,5-Liter-Sechszylinder (103 kW/140 PS)
Opel Senator B mit 2,6-Liter-Sechszylinder (110 kW/150 PS)
Opel Senator B mit 3,0-Liter-Sechszylinder (115 kW/156 PS bzw. 130 kW/177 PS bzw. mit 150 kW/204 PS)
Opel Senator B mit Irmscher-4,0-Liter-Sechszylinder (200 kW/272 PS)
Eine Nobelmarke war Opel nie und dennoch gelang den Rüsselsheimern das Kunststück, die automobile Oberklasse zu dominieren. Zuerst mit dem Kapitän und vor 40 Jahren erneut mit dem eleganten Senator. Ein anfänglich verblüffend erfolgreicher Sechszylinder, der BMW und Mercedes in Bedrängnis brachte
Opel schließt es aus, ein neues Topmodell nach Vorgabe der historischen KAD-Baureihe aus Kapitän, Admiral und Diplomat aufzulegen. Die Rüsselsheimer setzen auf Kleinwagen- und Kompaktklasse.
Nachdem die spektakuläre Studie des Opel Monza auf der Frankfurter IAA im Herbst 2013 für viel Aufsehen gesorgt hatte, sehnten viel Rüsselsheim-Fans bereits ein neues Markenaushängeschild herbei, wie es einst Admiral, Kapitän oder später der Senator waren. Dem erteilte Opel-Chef Karl-Thomas Neumann jedoch nunmehr eine endgültige Absage. "Wir wollen keine Luxusmarke werden, sondern kommen aus der Mitte der Bevölkerung. Es wird ein neues Opel-Topmodell geben, das sehr viele Designmerkmale der Konzeptstudie des Monza in sich tragen wird", erläutert Neumann, "doch dieses Fahrzeug wird nicht größer als der aktuelle Opel Insignia."
Während die direkte Konkurrenz von Volkswagen auf der Suche nach Image und Profit mehr denn je in Richtung Premiumliga abwandert und selbst Citroen mit der DS-Linie oder Ford mit Edge, Mustang oder der Vignale-Linie nach oben wollen, setzt Opel mehr denn je auf die kleinen Modelle wie die zuletzt vorgestellten Karl und Corsa. "Brandshaper sind für uns Fahrzeuge wie der hoch individualisierbare Adam oder auch der kommende Astra", ergänzt Neumann. Das neue Opel-Topmodell dürfte ein Crossover mit rund 4,80 Metern Länge werden, der jedoch noch mindestens bis 2017 auf sich warten lässt. Modernste Turbotriebwerke und ein Allradantrieb sind ebenso gesetzt wie ein Komplettangebot an Fahrerassistenzsystemen. Der winzige Dreizylinder aus der Konzeptstudie des Opel Monza auf der IAA dürfte von potenziellen und der Konkurrenz jedoch allenfalls belächelt werden. Da der Wagen insbesondere auf Europa fokussiert ist, wird es für einen aufgeladenen Sechszylinder im neuen Opel-Schlachtrösschen jedoch schwer werden. Der Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum dürfte jedoch rund 300 PS leisten. Der kantige Opel Diplomat mit seinem Chevrolet-V8 musste einst mit 230 PS auskommen.
Der Senator war Opels bislang letzter Ausflug in die Oberklasse. Mit flauschigem Velours und viel falschem Holz wirkt er heute spießig. Doch in den 70ern boten nur wenige soviel Gemütlichkeit.
Früher hatten viele Familien eine "gute Stube" in der Wohnung. Dort gab es nur die besten Möbel, bevorzugt in Gelsenkirchener Barock. Alles wurde mit Tagesdeckchen und Tüchern abgedeckt, um jedes noch so kleine Stäubchen abzuwehren. Erst wenn am heiligen Sonntag Tante Erna oder Onkel Ludwig zu Besuch kamen, wurde die gute Stube aufgeschlossen und für ein paar Stunden ihrer Bestimmung übergeben. Auch unser Fotomodell namens Opel Senator ist so eine gute Stube: Das Interieur wirkt frisch wie am ersten Tag, die grünen Kunststoffe makellos und die Teppiche flauschig wie ein Federbett.
Bei den Sitzen hat man Loriot vor Augen, wie er auf seinem Sofa thront und mit herrlich gestelzten Worten den nächsten Sketch ankündigt. Die Holzfolie am Armaturenbrett und in den Türen sorgt für das besondere Plus an Gemütlichkeit, das man in den 70ern offenbar sehr schätzte und der Zigarettenanzünder scheint nie benutzt worden zu sein.
Der Kilometer zeigt eine angesichts des Wagenzustands glaubhafte 54.257. Dabei hat der Wagen aus Opels Traditionswerkstatt schon vier Jahrzehnte auf dem Buckel – sein unbekannter Vorbesitzer hat ihn wahrscheinlich nur zum Sonntagsausflug aus der Garage geholt.
Beim Start zeigt sich der 2,8-Liter Sechszylinder unter der Haube etwas unwirsch, läuft aber schnell rund und treibt mit 140 PS den gerade mal 1,4 Tonnen schweren Wagen kraftvoll an. Wie es sich für einen gemütlichen Cruiser gehört, sorgt nicht etwa ein Schaltgetriebe für die Kraftübertragung, sondern eine Dreigang-Automatik. Von 0 auf 100 km/h vergehen 12,5 lange Sekunden. Vollgasfahrten sind ohnehin nicht empfehlenswert, denn der Senator mit Automat ist ausgesprochen durstig. 1981 wurde der 2,8-Liter-Sechser durch eine 2,5-Liter-Maschine mit Benzineinspritzung und 136 PS ersetzt. Die war zwar nicht schneller, aber etwas sparsamer.
Die Produktion des Senator startete 1978 parallel mit der des Opel Monza. Der Senator sollte in die großen Fußstapfen der K-A-D-Reihe (Kapitän, Admiral, Diplomat) treten, das Kombi-Coupé Monza war als elegantes Gegenstück zur Limousine gedacht. Im Gegensatz zu den Admiralen und Diplomaten mit ihren eigenständigen, wuchtigen Karossen waren Senator und Monza vom Mittelklassewagen Opel Rekord abgeleitet.
Vom Ami-Flair der KAD-Modelle war beim Senator nicht viel übrig geblieben, was aber auch kaum verwunderte: Die Ölkrise von 1973 hatte die Hersteller sehr vorsichtig gemacht und große V8-Schlitten standen nicht gerade oben auf der Agenda. Die zweite Ölkrise von 1979 gab den Rüsselsheimern Recht.
So blieb die stärkste Motorisierung für den ersten Senator ein Dreiliter-Sechszylinder mit 150 PS (mit Vergaser) beziehungsweise 180 PS (als Einspritzer). Die Einspritzer-Version verhalf dem großen Rüsselsheimer zu ansehnlichen Fahrleistungen. Von 0 auf 100 km/h vergingen 9 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit lag bei 210 km/h. Damit war der Senator immerhin schneller unterwegs als ein Ford Granada 2.8i oder Mercedes 280 SE und lag gleichauf mit dem BMW 733i.
Auch bei den Preisen wollte Opel in die Oberklasse vorstoßen. Das Top-Modell Senator CD mit Dreiliter-Einspritzer kostete 1979 fast 39.000 D-Mark, keine 2000 Mark weniger als 7er BMW oder S-Klasse mit vergleichbaren Motoren.
Zu diesem Anspruch mochte die enge Verwandtschaft mit dem Mittelklässler Rekord freilich nicht recht passen. Große Unterschiede gab es lediglich in der Frontpartie, der Motorenpalette und der Radaufhängung. Während der Rekord mit einer Starrachse über Bodenwellen holperte, kamen Senator und Monza in den Genuss einer Schräglenker-Hinterachse, was für eine bessere Führung der Hinterräder in der Kurve sorgte. Noch heute fährt sich der pensionierte Senator alles andere als holprig oder schwammig.
Nach der ersten Serie (A1) folgte 1983 die zweite (A2), bei der es abgesehen von ein paar Retuschen kaum Änderungen gab. Ein Vierzylinder mit 110 PS rundete die Motorenpalette nach unten ab. 1984 kam die erste Version mit 2,3-Liter Turbodiesel, darunter waren einige Exemplare namens TDX: Statt des Abgasturboladers wie beim TD sorgte dort ein Comprexlader für Power. Der sprach schneller als die damals üblichen Lader, die noch ein gewaltiges Turboloch verursachten. Er war aber auch teurer in der Konstruktion, zeigte sich empfindlich gegen Störungen und trieb den Verbrauch in die Höhe.
Von 1978 bis 1986 wurde der Opel Senator rund 130.000-mal gebaut. Der Senator B kam 1987 auf den Markt, blieb aber ohne Nachfolger – auch er konnte sich in der Oberklasse nicht gegen Mercedes und Co. durchsetzen. Stattdessen baute Opel den Omega mit vielen Extras und starken Motoren zum Top-Modell der Marke aus und konzentrierte sich auf die wahren Geldbringer des Konzerns: Corsa, Kadett und Vectra.