Erfahrungsbericht Volvo V50 1.8 (125 PS) von Anonymous, Juli 2016
Ich habe meinen V50 1.8F (EZ 7/2007, Facelift-Modell 2008) im Juli 2014 beim Vertragshändler aus erster Hand mit ca. 80.000 km gebraucht gekauft, km-Stand heute 145.000 km. Durch den hohen Wertverlust ist das Preis-Leistungs-Verhältnis für Gebrauchtwagen sehr gut. Insgesamt überzeugt die Qualität, ich hatte bisher auf 65.000 km nur Inspektionen mit Verschleißteiletausch (Bremsbeläge, Keilriemen, Zündkerzen, Luftfilter) und eine Neubefüllung der Klimaanlage, keinerlei Defekte.
Karosserie/Innenraum: Der V50 gehört eher zur Kompakt- als zur Mittelklasse, er ist minimal kleiner als der Golf Variant. Vorne ist das Raumangebot trotz des recht massiven Armaturenträgers luftig, Fahrersitz und Lenksäule sind vielfach verstellbar; hinten ist das Raumangebot auf den Außenplätzen ordentlich bei bequemer Rückbank und guter Kopf-/Schulterfreiheit, der Kofferraum aber ist klein. Eigentlich ist der V50 ein inzwischen typischer Lifestyle-sinnlos-Kombi: Durch das abfallende und sich verjüngende Heck ist die Öffnung der Klappe kleiner als der eigentliche Kofferraum; dazu ist unter dem Kofferraumboden theoretisch Platz für ein vollwertiges Reserverad, wodurch der darüber liegende Kofferraum knapp wird. Zwischen Boden und Abdeckung passen Wasserkästen gerade so, normale Koffer können ohne Demontage der Abdeckung nicht aufrecht stehend verstaut werden. Das ist sicherlich im Hinblick auf Distanz zum größeren V70 so gewollt, ein Skoda Octavia ist aber innen und außen deutlich größer. Dafür ergibt sich bei umgelegten Rücksitzen immerhin eine ganz ebene Fläche, das serienmäßige Trennrollo lässt sich auch hinter den Vordersitzen aufspannen. Die Rundumsicht ist entgegen dem Trend zum „Panzerspähwagen“ bei den Nachfolgemodellen beim V50 noch gut, Einparkhilfe überflüssig. Styling ist Geschmackssache, beim V50 gefällt mir aber das aufgeräumte, zurückgenommene Innendesign mit den klassischen Rundinstrumenten und der Mittelkonsole besonders gut. Vorbehalte hatte ich gegen die kleinen Knöpfe, die Bedienung besonders des Radios ist aber einfacher als gedacht. Nur die Umlufttaste und der Schalter für die Heckscheibenheizung sind schwer zu finden. Die Klimaautomatik arbeitet hervorragend und benötigt fast nie manuelle Regelung, die Heizung spricht sehr schnell an. Die Vordersitze sind ordentlich, aber meiner Meinung nicht so gut wie diejenigen in den größeren Volvo. Der Vorgänger V40 hatte noch dieselben Sitze wie die großen Modelle, die waren v.a. im Schulterbereich besser gepolstert und bequemer, auch mit längeren Sitzflächen. Der hübsch gesteppte, „T-Tech“ genannte Bezugsstoff (Extra) ist atmungsaktiv und angenehm, andere Kunden berichten aber von Rissbildung im Sitzkissenbezug. Bei mir sieht er (noch) einwandfrei aus. Mein V50 hat die Basisausstattung, die aber ausreicht: Klimaautomatik, eine verblüffend gute Audioanlage mit CD/AUX, E-Fenster, E-Außenspiegel, Außentemp.-Anzeige usw. Es fehlen eigentlich nur Lederlenkrad und Tempomat. Die hässlichen grauen Plastikpaneele an Türgriffen und Mittelkonsole im Basismodell lassen sich für kleines Geld in Eigenregie sehr einfach gegen Original-Alu oder Holz tauschen, das wertet den Innenraum spürbar auf.
Verarbeitung: Die Materialien im Innenraum sind überwiegend hochwertig, v.a. an der Mittekonsole, den Sitzbezügen und im oberen Bereich der Türverkleidungen. Im unteren Bereich setzt Volvo auf Hartplastik, das widerstandsfähig und gut verarbeitet ist. Bis auf ein ganz leises Zirpen aus den B-Säulen, wohl ein verbreitetes Leiden, herrscht auch auf schlechten Straßen Ruhe. Der Wagen macht nach bald 150.000 km einen guten Eindruck, kommt aber bei der Detailverarbeitung nicht an die „klassischen“ Volvo der frühen 1990er-Jahre heran. Das merkt man etwa beim Tausch des Innenraumfilters, zu dem das Gaspedal ausgebaut werden muss(!), um ihn über den linken Fußraum entnehmen zu können. Was an Verkleidungen früher solide verschraubt war, ist heute mit billigen Clips befestigt. Immerhin spart’s Gewicht, der V50 ist mit ca. 1350 kg für ein so sicheres Auto recht leicht. Rost habe ich keinen gefunden. Frühe V50 haben mitunter Scheuerstellen zwischen Kotflügel und Innenkotflügel, an denen es rostet. Bei meinem ist außer oberflächlichem Flugrost am Motorträger nichts zu sehen. Die Lackqualität (Metallic) ist sehr gut, ein wichtiges Argument für Laternenparker, der Lack ist verblüffend unempflindlich gegen Schrammen und Verätzungen etwa durch Vogelkot, wird jedoch auch einmal im Jahr poliert und versiegelt.
Motorisierung/Getriebe: Der größte Kritikpunkt. Den V50 kaufte ich vor einer unerwarteten beruflichen Veränderung, rechnete mit ca. 12.000 km p.a., dann wurden es doch 30.000. Da wäre ein Diesel passender gewesen, oder auch nicht: Der Benziner ist billiger in der Anschaffung und im Vergleich ungefähr so komplex wie ein Faustkeil. Vorteil: kaum Reparaturrisiko. Objektiv mögen die 125 PS aus 1,8 Litern reichen, subjektiv ist der V50 untermotorisiert. Er ist zwar deutlich schneller als der 1.6er-Diesel, muss dafür aber naturgemäß ausgedreht werden. Die Fahrleistungen sind üblich für die Leistungsklasse, der Motor ist eine Mazda-Entwicklung und für meine Begriffe typisch japanisch: geringe Schwungmasse, also eher instabiler Leerlauf, dafür sehr drehfreudig und direkt am Gas hängend, Verbrauch auf Benzin in Ordnung (8-9 Liter bei zügiger Fahrweise in Mischung 70% Autobahn, 30% Stadt), fast kein Ölverbrauch, robust. Bioethanol ist inzwischen Geschichte, brachte eine kleine Gesamtersparnis und etwas mehr Power im unteren Drehzahlbereich, aber die extra gehärteten Auslassventilsitze der Flexifuel-Variante können auch so nicht schaden. Der Motor hat übrigens deshalb als einziger eine Werksfreigabe für Autogasumbau. Die Getriebeübersetzung ist sehr kurz, im 5. Gang dreht er bei 100 km/h schon knapp 3000 U/min, bei 160 knapp 5000, bei 180 5500. Die enge Stufung ist wegen des naturgemäß schwachen Drehmoments bei einem "kleinen" Saugbenziner richtig, aber es fehlt zum Dahingleiten ein 6. Gang. Dafür schaltet sich das Getriebe präzise-trocken auf kurzen Wegen mit synchronisiertem Rückwärtsgang, bei kaltem Öl nach dem Losfahren hakt aber mitunter v.a. der zweite Gang. Da die Fahrgeräusche (Wind, Abrollen) sehr gut gedämmt sind, hört man den Motor bei Autobahntempo ab etwa 140 km/h ziemlich penetrant dröhnen, besonders bei knapp unter 5000/Min., was etwa 165 km/h entspricht. Wegen der hohen Dauerdrehzahlen auf der Autobahn fahre ich übrigens nicht das von Volvo empfohlene 5W-30-Spritsparöl mit abgesenktem HTHS-Wert (wohl wegen des Flottenverbrauchs vorgeschrieben), sondern ein vollsynthetisches 0W-40, das hat mehr thermische Reserven. Mit dem empfohlenen Öl hatte ich merkbaren Ölverbrauch, mit dem jetzigen nicht mehr. Insgesamt ist der Wagen schon leise, nur ist das Wummern des Windes etwa in den alten Volvo eben angenehmer als gequältes Vierzylindergedröhn. Subjektiv ist der Motor mit der Zeit lauter geworden, der Auspuff ist zwar dicht und sieht gut aus, rostet aber wahrscheinlich von innen. Der Motor sorgt also gerade auf Langstrecken eher für ein Kompaktklasse-Fahrgefühl. Mit den größeren Fünfzylindern wird aus dem V50 gefühlt ein ganz anderes Auto, dann hat er Fahrkultur, auch wenn die Fahrleistungen gar nicht so weit auseinanderliegen. Ich würde mir nach der Erfahrung einen Fünfzylinder suchen, das wäre mir die Mehrausgaben an Steuer und Sprit wert, ist aber Geschmackssache. Kurz: Es gibt Moderneres als die Ford-Mazda-Vierzylinder, die TSI von Volkswagen sind schneller und sparsamer, dafür ist der V50 simpler, robuster und sehr wartungsarm, auch dank Steuerkette. Zudem bekommt er im Gegensatz zu den Direkteinspritzern der Konkurrenz die geplante blaue Umweltplakette.
Fahrwerk: Eigentlich wie alle aktuellen Fahrwerke für diese Brot-und-Butter-Motorisierung zu straff abgestimmt, das ist aber bei allen Marken so. Federungskomfort ist trotzdem ordentlich, der Wagen ist sehr handlich, auch dank des bei dieser Motorisierung kleinen Wendekreises. Fahrverhalten ist ähnlich dem Ford Focus, mit dem der V50 sich Achsen, in diesem Fall Motor/Getriebe und Teile der Plattform teilt. Die Untersteuerneigung ist eher gering, das ESP regelt unauffällig, das Fahrverhalten ist auch auf glatter Straße sehr gut berechenbar. Der Motor ist fast zu leicht, ich habe das Gefühl, bei voller Zuladung wird der Wagen eher hecklastig. Dann reagiert er, anders als unbeladen, etwas zickig auf Seitenwind und verlangt Korrekturen, was ich von den alten Volvo gar nicht kenne, die einen Geradeauslauf wie auf Schienen hatten. Ist wohl ein Tribut an die stärkere Abstimmung in Richtung Kurvenwilligkeit. Der später zum Vergleich gefahrene V50 mit Fünfzylinder wirkt mit mehr Gewicht auf der Vorderachse harmonischer, wenn auch etwas weniger leichtfüßig im Einlenken, das dürfte für die Diesel ähnlich sein. Ich fahre den V50 mit der eher schmächtigen Basisbereifung 195/65 R15, was eine runde Abstimmung ergibt. Mehr braucht es m.E. angesichts der gebotenen Leistung nicht. Probleme mit Unwuchten/Sägezahnbildung an der Hinterachse, wie mitunter in Foren bei größerer Bereifung berichtet, sind nicht aufgetreten, am Fahrwerk bisher keinerlei Reparaturen.
Sonstiges: Die Bremse gefällt mit spontanem Ansprechen besonders gut, Bremsassistent und LED-Bremslichter erhöhen die aktive Sicherheit. Geschmälert wird sie aber durch die Scheibenwischer, die in höchster Stufe für Starkregen etwas zu langsam laufen. Unverständlich ist das Fehlen der früher üblichen roten Rückleuchten in den Türen. Das Abblendlicht mit H7-Birnen ist verblüffend schwach, mit leistungsgesteigerten Birnen gerade so in Ordnung. Immerhin ist der Birnentausch einfach durch ganz herausnehmbare Scheinwerfer, die kürzere Lebensdauer der helleren Lampen ist also hinnehmbar. Xenon ist bei der Autosuche definitiv anzuraten!
Fazit: Eigentlich bietet der V50 gut gemachte Dutzendware an der Grenze von Kompakt- und Mittelklasse, mit einem besonders ansprechenden Innenraumdesign, nicht mehr, nicht weniger. Manch andere Kombis des Preissegments sind innen (v.a. Kofferraum!) wie außen größer, dafür sind die Gebrauchtpreise moderat. Bisher gefallen die große Zuverlässigkeit und die geringen Festkosten. Die Vierzylinder haben den Vorzug geringer technischer Komplexität und geringen Reparaturrisikos, können also gesamtwirtschaftlich durchaus eine Alternative zum Diesel bilden (Risiko Partikelfilter, Injektoren, Turbolader, höhere Steuer, Plakettenrisiko, km-Stand bei Gebrauchten), bieten aber keine besondere Fahrkultur oder Sparsamkeit. Insgesamt würde ich für meine Ansprüche wieder einen V50 kaufen, jedoch eher einen Fünfzylinder suchen oder doch zumindest den Zweiliter-Vierzylinder. Familien mit Kindern sollten das Laderaumvolumen kritisch begutachten!