VW Jeans Käfer - Jeans zum Fahren
"Jeans On" schmetterte der britische Sänger David Dundas in den 1970ern und stürmte damit auf Platz 1 der deutschen Single-Charts. Der Erfolg des Songs kam nicht von ungefähr. Der Denim-Stoff war zu jener Zeit mega-in: Jacken, Taschen und natürlich Hosen waren der Renner. Was lag also näher, als den Volkswagen schlechthin mit dem Mode-Stoff auszustaffieren. Das Pikante daran ist, dass die Designerin Gunhild Liljequis alles andere als ein Fan dies blauen Stoffs, denn sie trug ausschließlich Kleider. Aber das "demokratische Beinkleid" war wie gemacht für den Volkswagen.
Gesagt getan: 1973 rollten die ersten Jeans-Käfer auf die deutschen Straßen. Der Sitzbezug war aus Jeansstoff, der, wie es sich gehört, auch mit Nieten verziert war. VW pries die 34-PS-Kugel mit blumigen Worten. "Das ist der Jeans-Käfer. Die Bezeichnung klingt nicht nur gut, sie ist darüber hinaus ein Stück Weltanschauung: Wer Jeans trägt, gibt sich jung und selbstbewusst", trompeten die Volkswagen-Werber. Deswegen zierten den Käfer auch auffällige schwarze "Jeans"-Schriftzüge an den Flanken und auf der Motorhaube. Der Erfolg des Sondermodells kulminierte beim zweiten Sondermodell im Jahr darauf zu dem Motto: "Jeans zum Fahren".
Für den Preis von 5.995 Euro gab es unter anderen einen Radio, eine Tankuhr, eine beheizbare Heckscheibe, ein Beifahrer-Haltegriff Sonnenblende und einen Kleiderhaken. Schnell errechneten die Marketingstrategen den Kundenvorteil von 350 DM. Wenn man heute in den Jeans-Käfer einsteigt, freut man sich über ein extrem reduziertes Cockpit. Ein Rundinstrument ein paar Schalter, Ende Gelände. Um das Licht anzuschalten, zieht man an einem Knopf in der Mitte. Platz ist im orangenen Retro-Mobil genug, zumindest vorne. Hinter dem XXL-Pizza-großen Lenkrad finden auch groß gewachsene Menschen Platz. Wendet man sich nach hinten, werden Erinnerungen an Langstreckenfahrten wach. Man wundert sich, wie die 1.300 Kilometer zur Verwandtschaft in die "Ostzone" auf der Rückbank eines solchen Käfers bewältigt wurden. Egal. Irgendwie ging es schon, zusammen mit zwei Geschwistern.
Der Jeans-Käfer war damals und ist heute einfach richtig lässig. Wenn man mit der Guten-Laune-Kugel unterwegs ist, fliegen einem die Herzen zu. Überall wird gelächelt und der Daumen nach oben gereckt. Mit dem Käfer hat man die sympathische Form der Narrenfreiheit, keiner hupt, niemand macht den Scheibenwischer vor dem eigenen Gesicht, wenn das 800-Kilogramm-Schnauferl eine Anhöhe hinaufkrabbelt. Der 1.2-Liter-Motor wuchtet gerade mal 25 kW / 34 PS sowie ein maximales Drehmoment von 76 Newtonmetern auf die Kurbelwelle und der Lenkradkranz ist nur unwesentlich dicker als eine Rigatoni. Trotzdem: Das Fahren macht auch einen Höllenspaß. In der Stadt macht der Käfer die PS-Vorteile der Audis und BMW durch Charme und Leichtfüßigkeit wieder wett. Auf der Autobahn sieht der Klassiker gegen die Autos, mit mehr als sechsmal so viel PS natürlich keine Schnitte. Bei 120 km/h ist Schluss. Dennoch ist der rasselnde Boxer-Motor im Heck des Fahrers ein Erlebnis und auch die Schwielenangst angesichts des dünnen Steuerrads löst sich schnell in grifffestes Wohlgefallen auf. Die Viergang-Schaltung lässt sich auch nach 42 Jahren noch erstaunlich leicht und präzise führen.
In so einem Käfer lernt man automobile Demut, und vorausschauend zu fahren. Der rechte Außenspiegel fehlt, also muss man die Umwelt ständig im Blick haben, denn die Gefahren lauern überall. Auch von seitlich hinten. Da hilft ein Schulterblick und den fließenden Verkehr immer im Auge zu haben, da die Kombination aus Trommel- und Scheibenbremsen nicht ganz so bissig zugreift, wie man es heute gewohnt ist. Den Dreh hat man aber schnell raus und schon bald genießt man das puristische Vorankommen. David Dundas wusste damals schon Bescheid: "When I wake up-In the morning light. I pull on my jeans. And I feel all right" Was eigentlich nur soviel heißt, dass man sich sauwohl fühlt, wenn man am Morgen seine Jeans anzieht. Stimmt!
Quelle: Autoplenum, 2016-09-01
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