Quadratisch, Praktisch, Gut?
Dieses Auto macht Menschen fröhlicher. Flache Dachlinie, hoher Blechkragen, tiefe Schweller, Pinguinheck … all das macht, speziell als Black Edition, etwas her. Das Kastendesign (kurze Schnauze, maximaler Innen-, Kopf- und Kofferraum) ist zwar in Japan Alltag (Fahrbericht: Honda That´s), aber eben nicht hier. Auf garantiert gestellte Fragen gibt es hier pro forma gleich die garantiert richtigen Antworten: „1,5 Liter-Vierzylinder“, „3,80 Meter lang“, „vier Türen“, „Frontantrieb“, „103 PS“. „Ja, praktisch“, „Ja, viel Platz“, „Ja, gute Variabilität“, Ja, gar nicht so teuer“.
Zugleich originell und praktisch angelegtes Geld, denn bauartbedingt haben die vielen Ecken und Kanten handfeste Vorteile: Kein Sonnenstich (weil die Scheiben steil stehen), fröhliches Bepacken (weil die im 60-zu-40-Verhältnis quick umlegbare Rücksitzbank auch verschiebbar ist, und die Ladefläche sich als hochbauend, breit und eben erschließt) und obendrein noch ein üppiger Luftraum über den Köpfen (weil spürbarer Seitenwind eben auch Vorteile haben kann). Die verschiebbare Rückbank, die Konkurrenten manchmal nicht haben (siehe: Test Kia Soul 1.6 CRDi), ist dabei ein klarer Standortvorteil. Bis auf die breite C-Säule, die sich in flüchtigen Momenten in Biegungen etwas in den Blick stellt, und die schmale Heckscheibe ist die Karosse übersichtlich – sorgenfreies Rangieren und Parkieren.
Geschwindigkeit und Tank gibt es nicht. Vor der Nase des Fahrers. Nur zentral in der Mitte des Armaturenbretts. Das mag man, oder man mag es nicht. Ideal bleibt aber die Vor-Nase-Lösung. Ansonsten? Tacho, Drehzahlmesser, Tankanzeige, Kilometerzähler, Uhr und Warnleuchten … alle da. Dazu vier Getränkehalter im unmittelbaren Einzugsgebiet des Fahrers (im Fond gibt es noch zwei). Die blau schimmernden Ringe um die Basslautsprecher, ebenso in Blau beleuchtete Türgriffe und ganz besonders das gebürstete Alu des Sondermodells (eine fast perfekte Täuschung: Es ist Kunststoff) machen mehr her als der manchmal im Innenraum etwas graue Stil des Serienmodells.
Ablegen? Nicht als Din-A4 tauglich, aber als ausreichend voluminös offenbart sich das Handschuhfach. Das Kofferabteil (181 bis 294, maximal 619 l) eröffnet am Heck eine ausreichend hohe Heckklappe. Die Ladekante liegt tief. Als notwendiger Kompromiss an die um 16 cm verrückbare Rückbank sollte die fummelige, weil an den Kopfstützen eingehängte Gepäckabdeckung verstanden werden.
Der Motor zeigt zwei Gesichter. Der kompakte 1,5-Liter-16V bietet eine gute Performance, hängt gut am Gas, aber gerade dann, wenn er nochmals bei etwa 3.500 bis 4.000 U/min zulegt, nervt er mit eindringlich dumpfem Gedröhne. Später bei Tempo 130 wird das Aggregat dann, obwohl das Drehzahlniveau ziemlich hoch ist, akustisch vom Fahrtwind abgebügelt. Bei 140 pfeift der Sturm herzhaft um die Kanten, bei 160 km/h und dann 5.000 Umdrehungen wird es richtig laut. Abrollen über schlechter Straße lässt die Besatzung am Belag teilnehmen, Schotter hagelt hell in die Radkästen. Vom tonal etwas grimmigeren Doppelauspuff der Black Edition hört man im Innenraum dagegen herzlich wenig – sondern fast nur von draußen. Genug gemotzt? Nein. Als Sternstunde der Schalthebelführung drängt sich das eher knorzige als knuffige Fünfgang-Getriebe mit dem langen und gut erreichbaren Schaltstock auch nicht gerade auf.
Das Fahrwerk erledigt Kurven mit der Servolenkung spielerisch und verzeiht Lastwechsel gutmütig. In flotten Kurven kippt der hohe Aufbau etwas ab, geht der Materia soft aus der friedlichen Neutralität hinüber ins friedvolle Untersteuern. ESP bremst ein. Dann ziehen die vorderen Pneus wieder schön in die Spur. Bei 170 km/h (und dann 6.000/min) hätte man trotzdem gerne mehr Lenkung in der Hand. Einem heißen Kurvenaufreißer wie dem Mini ist der Materia – erwarten durfte man das auch nicht – dann doch nicht gewachsen, aber sprechen Sie den grinsenden Mini-Fahrer auf seinen Kofferraum oder auf den Fußraum hinten an … - ihm wird das Grinsen sicherlich vergehen.
(le)
Quelle: automobilmagazin, 2010-05-11
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