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Testbericht

Stefan Grundhoff, 19. März 2017
Mercedes machte mit seiner amerikanischen S-Klasse 1985 den Anfang. Zum Jahrtausendwechsel zogen die Partikelfilter nach und nach in die Dieselfahrzeuge ein. Jetzt sind die Benziner dran.

Die immer strengeren Abgasgrenzwerte machen den Autoherstellern in Europa immer mehr zu schaffen. Zum Herbst dieses Jahres wird die noch strengere Abgasnorm Euro 6c eingeführt. Immer mehr Benzinmotoren werden daher ab Sommer mit Partikelfiltern ausgerüstet, die man bisher allein von den Dieselmotoren kannte. Die Funktionsweise des Filters entspricht dabei weitgehend der bei Selbstzündern eingesetzten Technologie. Der Abgasstrom wird in ein Filtersystem geleitet, das zumeist im Unterboden des Fahrzeugs sitzt. Durch den porösen Wabenfilter mit wechselseitig verschlossenen Ein- und Auslasskanälen entsteht ein Abgasstrom. Hierbei kommt es zu einer Abscheidung des Rußes, wobei der Filter unter entsprechenden Fahrbedingungen kontinuierlich regeneriert wird. Die Regenerationsdauer ist abhängig vom Füllstand des Partikelfilters und den Fahrbedingungen. Ebenso wie bei den Dieselfiltern wird auch die Abgasreinigung für Fahrzeuge mit Ottomotor kontinuierlich regeneriert; jedoch sind die im Vergleich zum Selbstzünder vergleichsweise kurzen Regenerationsintervalle nicht notwendig. Ein Benzinpartikelfilter hat eine Haltbarkeit, der ungefähr der Lebensdauer eines Fahrzeuges und somit von mindestens zehn Jahren entspricht.

Bei ersten Testfahrten mit dem neuen VW Tiguan Allspace ließ es Volkswagen-Entwicklungsvorstand Frank Welsch eher in einem Nebensatz fallen. "Wir haben mit unserem Zweiliter-Turbo-Direkteinspritzer vom Typ EW 888 noch eine Menge vor. Um für alle zukünftigen gesetzlichen Vorgaben gerüstet zu sein, bekommt er unter anderem einen Partikelfilter." Nach den Dieseln, seit Jahren als Dreckschleudern torpediert, kommen nun zunehmend auch die Benziner unter Druck. Um die kommende, nochmals deutlich verschärfte Schadstoffnorm Euro 6c zu schaffen, die ab September 2017 eingeführt wird, muss so mancher Benzinmotor nochmals sauberer werden. Mit innermotorischen Maßnahmen lässt sich das nicht immer erledigen. So werden immer mehr Fahrzeuge einen Benzin-Partikelfilter bekommen.

Wurden jüngst noch knapp 90 Millionen Pkw weltweit produziert, sollen es in fünf Jahren 115 Millionen sein. Aktuell fahren laut Schätzungen von LMC Automotive rund eine Milliarde Autos rund um den Globus. Im Jahr 2018 sollen es mindestens 200 Millionen Fahrzeuge mehr sein. Dass diese Entwicklung zunehmend negative Auswirkungen auf die Luftqualität in den Metropolen hat, ist längst zu erkennen und der Druck wächst. An der Automobilindustrie selbst geht das natürlich nicht spurlos vorüber. Die alternativen Antriebe stehen in der Gunst der Kunden jedoch hinten an und nur in allzu homöopathischen Stückzahlen laufen Stromer, Hybriden, Brennstoffzeller und Co. vom Band und den reinen Verbrennern keinesfalls den Rang ab. Viel zu groß ist der finanzielle Aufwand, zu ungewiss ihre Haltbarkeit und zu kritisch ihre Reichweite.

"Der Verbrennungsmotor bleibt auch mittelfristig die dominierende Antriebsform auf den Straßen", sagt Klaus Harth, verantwortlich für die Forschung an Automobil-Katalysatoren bei der BASF. "Die Schadstoffbelastung bei Verbrennungsmotoren zu reduzieren, bleibt daher weiterhin ein wichtiges globales Thema." Die Gründe liegen auf der Hand. Verbrennungsmotoren produzieren umweltschädliche Abgase, weil das Gemisch aus Kohlenwasserstoffen, sprich der Treibstoff, nur unvollständig verbrennt. Benzin- und Dieselfahrzeuge sind zwar mit Katalysatoren und teilweise mit Partikelfiltersystemen ausgestatten, um Stickoxide, Kohlenmonoxid, unverbrannte Kohlenwasserstoffe und Rußteilchen noch innerhalb des Abgasstroms herauszufiltern. Nachdem der Dieselskandal die gesamte Autoindustrie aufrüttelte und den Volkswagen-Konzern in eine Schieflage brachte, geht es jetzt den bislang so grün umworbenen Turbodenzindirekteinspritzern und ihrem Partikelausstoß an den Kragen. Denn genau die sind das große, schon seit Jahren bekannte, aber noch nicht gelöste Problem bei den im Verbrauch so gut abschneidenden Motoren.

Das weiß auch Emmanuel Jean, Emissions Master Expert bei Faurecia Emissions Control Technologies: "Rußpartikel sind kein spezifisches Dieselproblem. Auch Benziner, darunter besonders die Motoren mit Direkteinspritzung, erzeugen Partikel." Der direkteingespritzte Kraftstoff mischt sich erst im Brennraum mit Luft - und da liegt das Problem. Es kann passieren, dass einzelne Tröpfchen nicht vollständig verdampfen. Das Resultat ist am Auspuff in Form von kleinsten Rußpartikeln zu messen. Bis zu viermal so viele Partikel, wie es der Grenzwert für Dieselfahrzeuge zulässt, emittieren Benzindirekteinspritzer unter bestimmten Umständen. Zu einem erschreckenden Ergebnis kommt eine Untersuchung des TÜV Nord im Auftrag der Umweltschutzorganisation Transport and Environment. Betrachtet man die wichtigere Zahl der Partikelteilchen erhöht sich der Ausstoß um den Faktor 1000. Vor allem diese Nanoteilchen gelangen in die Lungen und setzen sich dort fest. Dass die Anzahl der Direkteinspritzer auf dem Markt steigt, ist seit Jahren zu sehen. Kaum ein moderner Dieselmotor kommt ohne die Direkteinspritzung aus. Rund 15 Prozent weniger Kraftstoff sorgt im Gegenzug für weniger CO2-Emissionen. "2016 wird allein in Europa jeder zweite Benzin-Pkw ein Direkteinspritzer sein", lautet die Prognose von Jean. "Der Trend geht ganz klar zum Downsizing von Motoren, um Sprit zu sparen und Emissionen zu reduzieren."

Die Autohersteller kommen unter Druck und müssen insbesondere bei neuen Modellen reagieren, um die strengeren Abgasvorschriften der Einstufung 6c zu erfüllen, die ab Herbst gilt. "In Verbindung mit der zusätzlichen RDE-Regulierungen (Real Driving Emissions) können je nach Modell und Motorisierung innermotorische Maßnahmen durch zusätzliche Maßnahmen wie beispielsweise Partikelfilter ergänzt werden", teilt beispielsweise BMW mit, "deshalb ist auch der Einsatz von Partikelfiltern für Fahrzeuge mit Otto-Motor derzeit bei uns in Prüfung." Anzunehmen, dass alle neuen Modelle, die ab dem Modelljahr 2018 eingeführt werden - je nach Benzinmotor - einen Partikelfilter bekommen. Dies würde zunächst die beiden SUV BMW X3 und X2 betreffen. Ähnlich äußert sich auch Volvo. "Wir führen in der zweiten Jahreshälfte die ersten Fahrzeuge mit einem Benzin-Partikelfilter ein", so Volvo-Sprecher Michael Schweitzer, "wir bitten aber um Verständnis, dass wir jetzt noch kein genaues Timing oder die konkreten Motoren nennen können." Bei Mercedes macht die überarbeitete S-Klasse ab dem Herbst den Anfang. "Nach über zwei Jahren positiver Felderfahrung im S 500 werden 2017 weitere Varianten der S-Klasse, beispielsweise der neue Ottomotor M 256, mit dieser Technologie ausgerüstet", so Daimler-Sprecher René Olma, "danach folgt die schrittweise Umsetzung in weiteren neuen Fahrzeugmodellen, Modellpflegen und neuen Motorgenerationen wie dem M 264. Im Anschluss daran ist der Einsatz des Partikelfilters auch bei den aktuellen Baureihen geplant."

"Wir werden sukzessive die Modelle mit TFSI-Motoren in unserem Portfolio für Europa mit Ottopartikelfiltern ausstatten. Zwar wäre die Erfüllung der gesetzlichen RDE-Anforderungen ab Herbst 2017 bzw. Herbst 2018 bei vielen Modellen auch ohne Ottopartikelfilter möglich", sagt Audi-Technologiesprecher Tobias Söllner, "dennoch hat Audi die Entscheidung getroffen, alle Homologationen innerhalb der neuen RDE-Gesetzgebungen nur noch mit Ottopartikelfiltern durchzuführen." Erstes Modell im Ring-Portfolio wird ab Mitte des Jahres der Audi A5 2.0 TFSI sein. Die Herstellungs- / Verbaukosten des Benzinpartikelfilters liegen je nach Modell zwischen 60 und knapp 200 Euro, die in keiner Preisliste auftauchen. Es ist jedoch schon jetzt klar, dass die Fahrzeuge entsprechend teurer werden. Die nächste Technik, die auf Autohersteller und demnach auch die Kunden zukommt, ist die 48-Volt-Technik bzw. ein entsprechender Startergenerator. Dabei ist es mit 60 bis 200 Euro pro Auto jedoch nicht getan.

Quelle: Autoplenum, 2017-03-19

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