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Testbericht

Stefan Grundhoff, 14. Dezember 2009
Audi machte es in den 80ern vor, wie man einen Allradantrieb in die Volumenklassen bringt. Mittlerweile bietet jeder Premiumhersteller 4x4-Technik an. Auch die noch junge Mercedes E-Klasse bekommt ihre 4matic-Reife rechtzeitig zum ersten Wintereinbruch.

Bei Audi heißt das Ganze quattro, bei BMW xDrive und am Mercedes-Heck steht „4matic“. Dass ein Allradantrieb bei leistungsstarken Oberklassemodellen seinen Sinn hat, erklärt sich von selbst. Der nächste Winter hat bereits begonnen und auch bei Regen oder rutschigen Fahrbahnen liegen die Vorteile von 4x4-Vortrieb auf der Hand. Während BMW und Audi ebenso wie die meisten anderen Hersteller auf eine weitgehend variable Kraftverteilung setzen, gibt sich Mercedes-Benz nicht derart wankelmütig. Denn nach C- und S-Klasse verfügt auch die E-Klasse über einen 4matic-Antrieb mit der statischen Kraftverteilung von 45:55 Prozent. Vorteile soll das bei Fahrverhalten und Kraftstoffverbrauch bringen. Von Vorteil Nummer eins kann sich der Fahrer bereits beim ersten Anstieg überzeugen. Von Hochgurgl geht es auf stark verschneiter Passstraße hinauf zum Timmelsjoch.

Für die letzten Höhenmeter hinauf zum 2.500 Meter hoch gelegenen Scheitelpunkt zwischen Österreich und Südtirol hätte man vor ein paar Jahren wohl noch schwere Geländewagentechnik benötigt. Doch der E 350 4matic schiebt sich souverän und ohne großes Zucken im Steuer den Pass hinauf. Die Straße ist durch Eis und Schnee rutschig, die Schneewände am Rand mehr als eineinhalb Meter hoch. Die 4matic stört das wenig. Wenn bei der Konkurrenz die Kraft der durchrutschenden Reifen variabel zwischen den Achsen verteilt wird, bremsen sich die Räder des Stuttgarter E-Modells einzeln ab und werden so im Zaum gehalten. Ein paar hundert Meter vor dem Timmelsjoch ist jedoch auf einmal Schluss. Grund ist nicht der überforderte 4x4-Antrieb, sondern die zu geringe Bodenfreiheit. Trotz optionaler Luftfederung sind hier keine Wunder zu erwarten und schließlich müssen GLK, ML oder G aus Stuttgart auch noch ein paar Vorteile gegenüber Limousine und T-Modell haben.

Ist man im tiefen Schnee oder auf vereisten Straßen unterwegs, ist man ohne ESP zumindest bei Berganfahrt im E 350 besser bedient. Hier rutschen die Reifen leicht durch und ziehen das 4matic-Modell wie auf Schienen den Berg hinauf. Mit eingeschaltetem ESP sind die Bremseingriffe allzu üppig. Erst bei eisigem Untergrund kann die Lamellensperre das Antriebsmoment zwischen 30:70 und 70:30 hin- und herschieben. Doch die Lässigkeit, mit der man im 4x4-350er die Berge trotz Schnee und Eis hinauf- uns hinunterwieselt, mag schon allein aufgrund des Leergewichts von mehr als 1,8 Tonnen überraschen. Auch auf trockener Straße macht der 4matic eine souveräne Figur und fährt sich ähnlich unauffällig wie der lässige Hecktriebler. Nachteil des Allradantriebs ist der erhöhte Verbrauch. Im Vergleich zu den normalen E-Modellen verbrauchen die 4matic-Versionen zwischen 0,2 und 0,5 Liter mehr Sprit pro 100 Kilometer. Das Mehrgewicht durch die 4matic: je nach Modell rund 50 bis 70 Kilogramm.

Der 350er läuft seidenweich und ist drehmomentstark. Weshalb der E 350 4matic im Gegensatz zu seinem Hecktriebler-Bruder jedoch keine Direkteinspritzung hat, bleibt ein Mercedes-Geheimnis. So reduziert sich seine Leistung von 215 kW / 292 PS auf 200 KW / 272 PS und 365 auf 350 Nm. In dieser Liga könnte eine E-Klasse durchaus mehr Leistung vertragen. Dafür läuft das V6-Triebwerk nahezu geräuschlos. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 250 km/h abgeregelt. Von 0 auf Tempo 100 vergehen 7,2 Sekunden; der Durchschnittsverbrauch soll sich bei 9,6 Litern Super auf 100 Kilometer einpendeln. Nicht jede Mercedes E-Klasse ist mit 4matic zu bekommen. Da die Ingenieure das Verteilergetriebe mit Zentraldifferenzial in die Siebengang-Automatik integriert haben, bleiben Handschalter außen vor. Zumindest die kleineren Vierzylinder sollen ab Mitte 2010 jedoch ebenfalls mit 4x4-Antrieb zu bekommen sein. Noch keine Lösung ist für die nicht unwichtigen Märkte mit Rechtslenkung gefunden. Da der zusätzliche Vorderradantrieb rechts am Getriebe abgezweigt wird, schauen Australier und Briten nach wie vor in die 4matic-Röhre.

Wer regelmäßig in der Winterurlaub fährt oder längere Winter auszuhalten hat, sollte bei der Wahl der rechten E-Klasse keinen Bogen um die 4matic-Versionen machen. Gerade die leistungsstarken Versionen E 350 CDI, E 350 und E 500 bekommen ihre Leistung deutlich besser auf den Boden als mit Heckantrieb allein. Das lässt sich Mercedes beim E 350 mit einem Aufpreis von 1.800 Euro (53.728 Euro statt 51.943 Euro) klassenüblich bezahlen. Für Annehmlichkeiten wie Klimatisierte Ledersitze, Festplattennavigation, Xenonlicht und weitere Soundsystem kommen je nach Ausstattung nochmals mindestens 10.000 Euro hinzu.

Quelle: Autoplenum, 2009-12-14

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