14. Juli 2015
Straßburg (Frankreich), 15. Juli 2015 - Seelenruhig schlummert mein Beifahrer in seinem Sitz. Ist der neue GLC so langweilig? Bestimmt nicht, denn wir haben zuvor eifrig über den Nachfolger des GLK diskutiert, mit dem das kantige Design verschwindet. Die Kunden störte die Optik nicht: Mehr als 650.000 GLK hat Mercedes seit 2008 unters Volk gebracht. Kann der GLC diesen Erfolg fortsetzen?
Bessere Einordnung Die Namensänderung von K auf C ist nicht ohne Hintergrund gedacht: Der neue Buchstabe soll den Kunden klarmachen, dass der Mercedes GLC größentechnisch in der C-Klasse-Schublade abzulegen ist. In Zahlen: 4,66 Meter Länge, 1,89 Meter Breite und eine Höhe von 1,64 Meter. Besonders bei den ersten beiden Parametern hat der GLC gegenüber dem GLK kräftig zugelegt, so beträgt das Längenwachstum stattliche zwölf Zentimeter. Übrigens: Das T-Modell der C-Klasse ist vier Zentimeter länger, aber deutlich niedriger. Auch optisch ist die Familienzugehörigkeit unverkennbar: Im Profil sind einige Parallelen zum T-Modell sichtbar, die Frontpartie erinnert hingegen an den kleineren GLA.
Prall und drallInsgesamt haben die Mercedes-Designer den GLC recht füllig gestaltet, Paradebeispiel ist das pralle Hinterteil, an dem Rubens seine helle Freude gehabt hätte. Zumal der Maler ohne Probleme sein Material im Kofferraum unterbringen könnte. 550 bis 1.600 Liter Volumen bedeuten gegenüber dem Vorgänger GLK eine Steigerung um bis zu 100 Liter. Pluspunkte gibt es für das einfache Umlegen der hinteren Lehnen und die optionale Möglichkeit, per Knopfdruck die Anhängerkupplung auszufahren. Falls Sie gerne einiges wegziehen: Bis zu 2,5 Tonnen passen an den Haken.
Angenehme Mitfahrt Wo sind die zwölf neuen Zentimeter beim GLC primär hingewandert? Die Antwort: in den Fond. Neben einem verbesserten Einstieg gibt es 36 Millimeter mehr Knieraum. Das spüren die Mitfahrer tatsächlich. Ich wage einen Selbstversuch und schiebe den Beifahrersitz maximal nach hinten. Auch in diesem eher unwahrscheinlichen Fall bekomme ich meine 1,88 Meter noch unter, auch wenn ich so nicht unbedingt 800 Kilometer mitfahren würde. Klare Trennung Beim Cockpit des GLC wird die Verwandtschaft zur C-Klasse besonders offensichtlich, denn auch im neuen Mercedes-SUV trennt eine wuchtige Mittelkonsole Fahrer und Beifahrer. Als positiven Aspekt kann man die Entlastung für das rechte Bein anführen, wenn es dort angelehnt wird. Aber nicht wenige Piloten fühlen sich durch die mittelgebirgsähnliche Kommandozentrale eingemauert. Hinzu kommt, dass die Bedienungselemente nicht immer sinnvoll angeordnet sind. Um den Dreh-/Drücksteller samt mausähnlichem Pad zu betätigen, muss der Arm unnatürlich angewinkelt werden. Sinnvoll wäre außerdem, das Rad zur Lautstärkeverstellung höher zu postieren. Ab Werk pflanzt Mercedes ein Sieben-Zoll-Display auf die Mittelkonsole, optional sind 8,4 Zoll möglich. Das ist nett gemeint, wer aber lieber nah am Lenkrad sitzt, wird von dem geradlinig montierten Monitor fast angesprungen. Eindeutig besser wäre hier eine weiter zurückgesetzte Lösung. Fein gemacht Ohne Fehl und Tadel sind Materialgüte und Verarbeitung des GLC-Innenraums. Hier hat sich Mercedes in den letzten Jahren stark verbessert, auch wenn manche metallähnliche Details zu dick auftragen. Egal, die wichtige Export-Kundschaft wird es lieben. Ebenso das gestochen scharfe Head-up-Display, für das die Schwaben 1.178 Euro aufrufen. Dieses Geld sollte man investieren, denn die kleinteiligen Ziffern der in Röhren untergebrachten Instrumente sind nicht optimal abzulesen. Das konnte Mercedes früher besser.
Mit Drei dabei Zum Marktstart im September 2015 sind im GLC zunächst drei verschiedene Motoren erhältlich. Sie sind allesamt mit einer Neungang-Automatik und Allradantrieb verbunden. Aber dabei wird es nicht bleiben: Noch 2015 ergänzt ein Plug-in-Hybrid im GLC 350e das Programm. Die Verbindung zur C-Klasse ermöglicht nicht nur für den 60-Gramm-Saubermann. Auch Basisaggregate mit manueller Schaltung und Hinterradantrieb sind machbar, ebenso die Integration des AMG 450. Und noch einen Vorteil hat die C-Connection: Während es den GLK nie als Rechtslenker gab, kann der GLC neben dem Werk in Bremen auch in den USA, China und Südafrika gefertigt werden. Weniger ist mehr Die Entscheidung für den richtigen Antrieb wird also in Zukunft für den Kunden noch schwieriger, als sie bereits ist. Aktuell haben sie die Wahl zwischen zwei Dieseln mit jeweils 2,2 Liter Hubraum und einem Zweiliter-Turbobenziner. Die Selbstzünder leisten 170 respektive 204 PS. Um es kurz zu machen: Die schwächere Maschine im 220d reicht völlig aus. Was heißt hier schwach? Der 220er ist mit 8,3 Sekunden nur 0,7 Sekunden langsamer auf Tempo 100 als der größere 250d. Er kann sich erst bei der Höchstgeschwindigkeit um 13 km/h absetzen. Aber wie oft fahren sie 223 km/h? Eben. Steife Brise Auf diesen Wert bringt es auch der 250er-Benziner, bei dem die Automatik unter Last nervöser agiert. Preislich ist er 350 Euro günstiger als der 220d, weshalb ich ihn gelassenen Wenigfahrern durchaus ans Herz legen kann. Laufruhig ist das Motoren-Trio durch die Bank weg, wozu auch die neun Gänge der unauffällig schaltenden Automatik beitragen. Bei Tempo 140 liegen in den Diesel-GLC nur 2.000 Umdrehungen an. Schade nur, dass bereits deutlich früher die Windgeräusche den Motor überlagern. Dabei bietet Mercedes eigenen Angaben zufolge mit einem cW-Wert von 0,31 die klassenbeste Aerodynamik. Dieser Mangel sollte bei einem Premium-Produkt wie dem GLC schleunigst abgestellt werden.
Keiner wankt Tadellos bewährt sich das serienmäßige Fahrwerk mit Aluminium-Komponenten. Selbst mit maximal möglicher 20-Zoll-Bereifung bleibt der GLC auf Komfort-Kurs. Das ändert sich auch nur geringfügig, nachdem ich mich durch die vier Fahrmodi arbeite. Auch im Sport-Plus-Modus gibt es keinen durchschlagenden Anschlag aufs Kreuz, bemerkenswert ist hier, wie der GLC mit wenig Wankneigung durch die Kurven zieht. Bereits im zivileren Sport-Modus bietet die Lenkung mehr Rückmeldung und Präzision. Wer das dazugehörige Ausdrehen des Motors nicht mag, kann sich die Parameter von Sport, Comfort und Eco auch individuell mixen. Versautes Vergnügen Die meisten SUVs sehen als einziges Gelände den Rasen vor dem Haus ihrer Besitzer. Nicht so der Mercedes GLC. Für ihn steht ein sogenanntes "Offroad-Technik-Paket" bereit, bei dem das Serienfahrwerk um 20 Millimeter angehoben ist. Hinzu kommen eine Bergabfahrhilfe, ein Unterfahrschutz und fünf Offroadprogramme. Wer sich allerdings im wahrsten Wortsinne richtig die Kante geben will, sollte die Luftfederung und das optische Offroadpaket mit größerem Böschungswinkel dazu ordern. Rund 4.000 Euro kostet die Mutation des GLC zu einem Geländewagen mit bis zu 23 Zentimeter Bodenfreiheit, 35 Zentimeter maximaler Wattiefe und speziell abgestimmten ABS. Sicher, ein G-Modell wird der GLC schon mangels echter Sperren nicht, aber die Fahrt zur Berghütte nach drei Tagen Schneefall ist locker drin. Kröten-Wanderung Eher locker sollte auch der Geldbeutel des GLC-Kunden sitzen, denn die Preisliste lädt zum Schmökern ein. Dort steht für den GLC 220d ein Grundpreis von 44.863 Euro, Allrad und Automatik inklusive. Mit an Bord sind auch eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, ein Tempomat, 17-Zoll-Leichtmetallfelgen und elektrisch verstellbare Vordersitze. Aber ob jemals ein GLC so das Werk verlassen wird? Schließlich gibt es neben diversen "Lines" für innen und außen auch LED-Scheinwerfer (1.725 Euro), ein großes Navi (3.510 Euro) und selbstverständlich ein Fahrassistenz-Paket mit staufolgendem Abstands-Tempomat (2.499 Euro). Ihnen reicht eine Sitzheizung vorne? Macht 387 Euro.
Lieber den T? Macht es die deutsche Konkurrenz besser? Audi ruft für die Automatik-Allrad-Kombination im Q5 2.0 TDI glatte 44.000 Euro auf. Er leistet jedoch 190 PS, ebenso der BMW X3 xDrive20d, den die Münchner ab 44.050 Euro feilbieten. Falls Sie eher zwischen einem C-Klasse T-Modell und dem GLC schwanken: Der entsprechende Kombi mit "nur" sieben Gängen ist 500 Euro teurer.