Testbericht
Peter Maahn/SP-X, 26. November 2021
SP-X/Frankfurt. König Elisabeth II. ist im seltenen Privatleben mit ihm unterwegs und Premierminister Johnson entsteigt ihm täglich vor Downing Street 10. Abgesehen von Rolls Royce ist kaum ein Auto so mit britischer Lebensart und Schrulligkeit verbunden wie der klassische Geländewagen, der 1970 das immer noch aktuelle Zeitalter der SUV eröffnete.Ganz schön schwer für die Designer, mit jeder Generation die Noblesse eines klassischen Range Rovers zu bewahren und trotzdem den Zeitgeist moderner Autos zu bedienen. Gerry McGovern, Chefdesigner mit Professoren-Titel, beschreibt es so: „Zurückhaltung im Äußeren, ruhiger und makelloser Rückzugsort im Inneren und immer mit Streben nach Perfektion“. Noch nie trug ein Range Rover seitlich ein so aalglattes Blechkleid, das sich Falze und Sicken weitgehend erspart. Das sanft nach hinten abfallende Dach scheint zu schweben, da durch dunkle Streben und getönte Scheiben optisch scheinbar keine feste Auflage erkennbar ist. Eine gewollte Illusion, um nicht dick aufzutragen und Aggressionen gegen ein Fünf-Meter-Schiff gar nicht erst aufkommen zu lassen.Fehlender Protz auch am Heck, weil die klassischen Lampen fehlen: Eine bescheiden schwarze Leiste zeichnet eine Art Turnbarren nach, bei der untere Abschluss fehlt. Nur beim Bremsen, Blinken oder bei Nacht wird die Leiste bunt und lebendig, weil die LED-Leuchten stark genug sind, das Schwarz zu durchbrechen. Das soll den Range Rover auch ohne Typenschild unverwechselbar machen. Die gleiche Logik an der Frontpartie. Die Bereiche Motorhaube, Scheinwerfer, Grill und breites Atemorgan mit Querspange sind klar voneinander getrennt, bilden zusammen trotzdem eine Einheit, deren Sahnestück das graphisch verspielte Kühlergitter ist.Im Innenraum dagegen wird geprotzt. Zwar ist die digitale Instrumenteneinheit vor dem Fahrer im üblichen Format, doch der große Zentralmonitor ist ein Statement. Nicht so gewaltig wie bei Tesla, aber mit 13,1 Zoll deutlich der größte, den es bisher in einem Range Rover gab. Der Innenspiegel ist kein Spiegel mehr, sondern zeigt das Bild einer Heckkamera, deren Objektiv in einem der beiden Dachfinnen versteckt ist. Die breite Mittelkonsole mit dem knubbeligen Automatik-Wählhebel trennt die beiden breiten Vordersitze, für deren Lederbespannung der Käufer die Qual der Wahl aus vielen Materialien hat. Hinten eröffnet sich eine Art Lounge. Im Range Rover mit langem Radstand hat die Beinfreiheit das Gardemaß von einem Meter. Auf Wunsch Einzelsitze, deren Rückenlehnen sich sanft absenken lassen. Dann passt die Entfernung zum Bildschirm an der Rückseite des Vordersitzes, um entspannt vor dem Einschlafen seine Netflix-Serie im Blick zu behalten.Denn der Range Rover kann immer online, wenn es denn in der Welt da draußen ein Mobilfunk-Netz gibt. So können je nach Ausstattung mehr als 70 Module und Steuereinheiten mit Updates versorgt werden. Auch Alexa fährt mit. Einmal angesprochen, können Schalter und Touchfunktionen des Monitors durch Spracheingaben ersetzt werden. Die virtuelle Beifahrerin aus den fernen USA kann aber auch das Licht daheim ausschalten, die Heizung aktivieren oder die Bilder der Home-Kameras live und in Farbe in den Rover zaubern.Annehmlichkeiten, die in heutigen Autos fast so wichtig sind, wie die klassischen Werte Motorleistung, Fahrgefühl, Assistenzsysteme oder Höchstgeschwindigkeit. Von alledem hat der neue Range Rover neben seinem Komfortanspruch jede Menge zu bieten. Alle elektronischen Beifahrer, die teilautonomes Fahren nach dem üblichen Level 2 schaffen, können bestellt werden. Der Autobahnpilot, der selbsttätig auf der Autobahn beim Überholen hilft, ist nicht dabei. Das wäre dann nämlich schon Level 3. Da sind wir aber auch dran, sagen die Techniker. Auch für die Tour durch und im Gelände sind ausgeklügelte Helferlein an Bord.Weniger Neues unter der Haube. Alle Diesel und Benziner setzten auf die 48-Volt-Technik, oft etwas irreführend als „Mild Hybrid“ bezeichnet. Auch ein lupenreiner Plug-in-Hybrid ist zu haben. Seine Kombi aus Dreiliter-Benziner und einem 105 kW starken E-Motor kommt auf bis zu 375 kW/510 PS. Wichtiger noch als die üppige Power: Bis zu 100 Kilometer weit, soll der Steckdosen-Range kommen, denn endlich ist eine starke Batterie an Bord. Ihre Kapazität von 38 kW/h ist größer als die, die zum Beispiel den reinen Stromer VW e-Up antreibt. Jetzt müssen die künftigen Besitzer ihre Nobel-Kreuzer nur noch regelmäßig nachladen. Vermutlich 2022 soll dann ein rein elektrischer Range Rover kommen.Zurzeit aber noch fahren die bekannten Range Rover mit klassischer Technik, atmen nicht zu knapp aus dicken Abgasrohren aus und verwöhnen mit sechs oder acht Zylindern und einer Power von bis zu 390 kW/530 PS. Und ein kommender Range Rover Sport wird das noch locker toppen. Range Rover braucht die Kraftpakete, die meisten Kunden kommen aus den USA und China. Für das alte Europa halten die Engländer auch dem Diesel die Treue. Drei Versionen mit bis zu 257 kW/350 PS sind im Angebot. Was auch immer unter der Haube steckt: Die modernisierte Ikone ist ab rund 120.000 Euro zu haben. Wer dann die Langversion mit bis zu sieben Sitzen haben will und sich hemmungslos aus der dicken Aufpreisliste bedient, kann locker das Doppelte ausgeben. Das zumindest ist nicht neu bei einem Range Rover.Range Rover P 400 - Technische Daten:Fünftüriges Gelände-SUV mit bis zu sieben Sitzen. Länge: 5,05 bzw. 5,25 Meter, Breite ohne Spiegel: 2,05 Meter, mit ausgeklapptem Spiegel 2,21 Meter, Höhe: 1,87 Meter. Radstand: 3,00 Meter bzw.3,30 Meter, Kofferraumvolumen: 818 – 1.841 Liter bzw. 1.050 – 2.728 Liter, Allradantrieb. Leergewicht: 2.505 kgAntrieb: Dreiliter-Liter-Sechszylinder-Turbobenziner, 294 kW/400 PS, max. Drehmoment: 550 Nm Vmax: 242 km/h, 0-100 km/h in 5,8 sec., Achtstufen-Automatik, Verbrauch nach WLTP: 10,2 Liter/100 km, CO2-Ausstoss: 230 g/km. Abgasnorm: Euro 6d. Preis: 128.300 Euro Weitere Motorisierungen: (alle Daten normaler Radstand)P 530: 4,4-Liter-Achtzylinder-Benziner mit zwei Turbos, 390 kW/530 PS, max. Drehmoment: 750 Nm Vmax: 250 km/h, 0-100 km/h in 4,6 sec., Achtstufen-Automatik, Verbrauch nach WLTP: 11,9 Liter/100 km, CO2-Ausstoss: 270 g/km. Abgasnorm: Euro 6d. Preis: ab 137,400 EuroD 250: Dreiliter-Liter-Sechszylinder-Turbodiesel, 183 kW/249 PS, max. Drehmoment: 600 Nm Vmax: 206 km/h, 0-100 km/h in 6,9 sec., Achtstufen-Automatik, Verbrauch nach WLTP: 8,2 Liter/100 km, CO2-Ausstoss: 215 g/km. Abgasnorm: Euro 6d. Preis: ab 121.200 Euro D 300: Dreiliter-Liter-Sechszylinder-Turbodiesel, 221 kW/300 PS, max. Drehmoment: 650 Nm Vmax: 218 km/h, 0-100 km/h in 6,9 sec., Achtstufen-Automatik, Verbrauch und CO2 wie D 250, Preis: ab 124.800 EuroD 350: Dreiliter-Liter-Sechszylinder-Turbodiesel, 257 kW/350 PS, max. Drehmoment: 700 Nm Vmax: 234 km/h, 0-100 km/h in 6,1 sec., Achtstufen-Automatik, Verbrauch und CO2 wie D 250, Preis: ab 128,300 EuroVorläufige Daten für Range Rover Plug-In-Hybrid:P 440e: Dreiliter-Liter-Sechszylinder-Turbobenziner kombiniert mit E-Motor: Gesamtleistung: 324 kW/440 PS, max. System-Drehmoment: 620 Nm bei 1.500 -5.000 U/min. Batterie mit 38,2 kW/h. Elektrische Reichweite bis 100 Kilometer. CO2 unter 30 g/km. Ladezeit an 50-kW-Gleichstrom: 60 min auf 80 Prozent.P510e: Nahezu identische Daten, aber 375 kW/510 PS und max. System-Drehmoment: 700 NmKurzcharakteristik:Warum: Weil mit Luxus auch gefahrlos durchs Gelände kommtWarum nicht: Weil klimasensible Besserverdiener lieber bis 2024 auf den rein elektrischen Range Rover wartenWas sonst: Mercedes-Maybach GLS, Bentley Bentayga, Aston Martin DXXWann kommt er: ab Anfang 2022Vor 51 Jahren bewies der Range Rover erstmals, dass man sich auch mit viel Komfort auf Abwege in Gelände wagen kann und begründete damals die heute beliebteste Klasse von Autos, auch wenn 1970 noch nicht von SUV die Rede war. Jetzt setzt die fünfte Generation durch noch mehr Luxus der Briten-Ikone die Krone auf.
Fazit
Vor 51 Jahren bewies der Range Rover erstmals, dass man sich auch mit viel Komfort auf Abwege in Gelände wagen kann und begründete damals die heute beliebteste Klasse von Autos, auch wenn 1970 noch nicht von SUV die Rede war. Jetzt setzt die fünfte Generation durch noch mehr Luxus der Briten-Ikone die Krone auf.
Quelle: Autoplenum, 2021-11-26