4. Januar 2017
Haar, 4. Januar 2016 - Sie kennen das vielleicht: Die nähere Verwandtschaft wohnt nicht um die Ecke, sondern mehrere hundert Kilometer entfernt. Also hinein ins Auto, um zu Weihnachten oder anderen Festtagen vorbeizuschauen. Am besten mit einem Diesel unter der Haube. Oder doch lieber König Otto wählen? Schließlich steht der Selbstzünder nicht erst seit dem VW-Skandal negativ im Brennpunkt. Fahrverbote für Innenstädte ziehen als dunkle Wolken am Horizont auf und die Abgasfrage bleibt ein Dauerbrenner. Zu guter Letzt lohnt sich der Aufpreis eines Diesels nicht immer. Mehr als genug Autobesitzer fahren überschaubare Distanzen und nutzen ihren Wagen maximal im Urlaub oder eben zu den Feiertagen für wirklich lange Strecken. Exemplarisch dafür haben wir ein beliebtes SUV getestet: den Opel Mokka X mit 140 PS starkem Turbobenziner plus Allradantrieb.
Raum ja, Wunder nein
Werfen wir zunächst einen Blick auf den "neuen" Opel Mokka, der seit dem Facelift im Jahr 2016 den Zusatzbuchstaben X trägt. Die Modellpflege hat dem Wagen gut getan: Geänderte Scheinwerfer und dezente Retuschen nehmen ihm etwas von seiner Pummeligkeit. Diese ist allerdings auch den Abmessungen geschuldet: Mit 4,27 Meter weist der Mokka X eine angenehm verkehrstaugliche Länge auf. Sie macht ihn so beliebt: Nicht zu klein und nicht zu groß, das schätzen viele Kunden. Ebenso den SUV-typischen hohen und bequemen Einstieg. Doch beim Blick nach hinten zeigt sich im wahrsten Sinn des Wortes die Schattenseite: Breite C-Säulen und eine ansteigende Fensterlinie vermiesen die Sicht nach hinten. Auch im Fond setzt der Mokka X kein Glanzlicht. Das Platzangebot ist hier als ausreichend zu bezeichnen, üppig wäre aber übertrieben. Ähnliche Probleme mit der Raumausnutzung hatten auch der alte Astra und der erste Insignia. Eine Verbesserungsmöglichkeit für den nächsten Mokka also. Zwischen 356 und 1.372 Liter passen in den Gepäckraum. Keine überragenden Werte, doch mit Blick auf die Außenlänge überrascht, wie viel bei umgeklappten Rücksitzen hineingeht. Positiv ist diesbezüglich die breite Laderaumöffnung.
Schick eingerichtet
Das Reisegepäck mitsamt Geschenken ist verladen, auf geht es zum Fahrersitz. Unser Testwagen war mit AGR-Bestuhlung in der ersten Reihe ausgerüstet. Die dafür verlangten 685 Euro sollte man investieren, besonders auf Langstrecken sorgen die Sitze mit gutem Seitenhalt und herausziehbarer Oberschenkelauflage für besten Komfort. Im Zuge der Modellpflege (das X, Sie wissen schon...) hat Opel das Mokka-Cockpit deutlich von Knöpfen entschlackt und mit hochwertigeren Materialien tapeziert. So muss sich das kompakte SUV nicht vor vermeintlichen Premium-Marken verstecken. Auch die Instrumente wurden vereinfacht: Sie befinden sich nicht mehr in Tuben und informieren schnörkellos-sachlich.
Mit perfekter Hilfe ans Ziel
Die aufpreispflichtige Navigation erfolgt nun über einen Acht-Zoll-Touchscreen. Er liegt zwar nicht mehr so direkt im Sichtfeld wie der alte Monitor, dafür ist die Eingabe kinderleicht. Optimiert wird die Zielsuche durch den serienmäßigen OnStar-Dienst. Ich drücke die Taste im Dachhimmel und werde mit einer freundlichen Person verbunden. Ihr sage ich beispielsweise nur den Hotelnamen und die Stadt und bekomme ratzfatz die Adresse ins Navi übertragen. Ich könnte genauso gut per Service-Knopf eine Ferndiagnose der wichtigsten Betriebsmittel anfordern. Nur ein Concierge-Service fehlt, der mir Restaurants oder ähnliches nach Gusto empfiehlt. Auf dem Weg zu meinem angeforderten Hotel entwickelt "Navi 900 IntelliLink", so der offizielle Name, von selbst hervorragende Ausweichrouten bei Staus und warnt auch vor Fahrbahnverengungen und Ähnlichem. Die 950 Euro sind bestens investiert, zumal so auch die Smartphone-Anbindung per USB überflüssig wird. Apple CarPlay funktionierte nur mit originalem Kabel, aber auch das nicht immer. Lohnenswert ist diese Funktion nur für den, der den Aufpreis für das Werks-Navi scheut und lieber die Handypläne nutzt. Ansonsten: besser Bluetooth aktivieren und Musik per USB-Stick hören.
Leise auf allen Vieren
Hören liefert uns ein gutes Stichwort: Unter der Haube unseres Opel Mokka X arbeitet ein vertrauter Bekannter, nämlich der 1,4-Liter-Turbobenziner mit 140 PS Leistung. Er bleibt akustisch unauffällig, erst oberhalb von 130 km/h wird die Geräuschkulisse störend. Damit kristallisiert sich das ideale Reisetempo schnell heraus, zumal das Aggregat insbesondere mit dem Zusatzgewicht des Allradantriebs (rund 50 Kilogramm) bei höherem Tempo nur noch mäßig zulegt. Bei winterlichen Verhältnissen schadet das Traktionsplus sicher nicht, ob der Aufpreis von fast 2.000 Euro aber nötig ist, liegt im persönlichen Ermessen. Wer übrigens Allrad und Automatik haben möchte, muss zum Turbobenziner mit 152 PS greifen, der ausschließlich in dieser Kombination angeboten wird. 1.800 Euro beträgt der Aufpreis zum schwächeren 4x4-Benzinbruder.
Schalten und schalten lassen
Was gibt es sonst noch anzumerken? Die Lenkung liefert in der Stadt etwas zu wenig Rückmeldung, bei höherem Tempo agiert sie aber tadellos. Etwas flüssiger könnte die manuelle Schaltung zu bedienen sein, sie erfordert gelegentlich etwas Nachdruck. Wer den von uns getesteten 140-PS-Benziner mit Automatik möchte, bekommt ihn so nur mit Frontantrieb. In dieser Kombination ist der Mokka X um 560 Euro günstiger als die handgeschaltete Allrad-Ausführung.
Es werde Licht!
Kritikwürdig ist die Hinterachse des Mokka X: Je schlechter die Straße wird, desto unruhiger rollt der Wagen ab. Etwas mehr Komfort sollte daher im Lastenheft für die Entwicklung des nächsten Mokka X stehen. Auf normalem Untergrund überzeugte aber der Abrollkomfort der bei unserem Testwagen verbauten 18-Zoll-Bereifung. Eine gute Sache sind die ab der Innovation-Ausstattung serienmäßigen AFL-Scheinwerfer mit LED-Technik. Sie bieten neun Funktionen, um die Straße auszuleuchten, etwa ein Landstraßenlicht oder ein Stadtlicht. Je nach Umgebung wird der Lichtkegel länger oder breiter. Verzichtbar ist hingegen die Verkehrszeichenerkennung: Je nach Verschmutzungsgrad der Frontscheibe im Bereich der Kamera quittiert sie ihren Dienst. Die 700 Euro Aufpreis (inklusive Spurassistent) müssen also nicht sein. Recht spät blinkt die rote Cockpitleuchte der Kollisionswarnung, während die Parksensoren überaus voreilig wie wild piepen.
Das Sieben-Liter-Auto
Wenden wir uns nun dem Kostenkapitel zu. Lohnt sich der Benziner auf langen Strecken? Antwort: Ja, aber nur bei sensiblem Gasfuß in Verbindung mit Tempomat. Unser Bestwert bei reiner Autobahnfahrt mit konstant 124 km/h und knapp unter 3.000 Umdrehungen: 7,4 Liter auf 100 Kilometer. Im Gesamtdurchschnitt aber, also mit Stadt, Landstraße, wechselnden Fahrern, verschiedenen Wetterbedingungen und auch mal schnellerer Gangart, lag unser Mokka X bei 8,3 Liter. Falls Sie an diesem Punkt anmerken möchten, dass Motorjournalisten einen Bleifuß haben: Wir liegen im Rahmen, wie ein Blick auf diverse Verbrauchsvergleichsportale zeigt. Dort liegt der Allrad-Benziner mit 140 PS bei 7,5 Liter, nur wenige Teilnehmer erreichen selbst mit Frontantrieb unter sieben Liter.
Sparen mit Benzin
Besonders sparsam ist die 140-PS-Maschine also nicht. Aber gegenüber dem vergleichbaren Diesel mit 136 PS und Allrad ist der Benziner um 2.500 Euro preiswerter. Genug Geld also für viele Tankfüllungen. Los geht es bei 24.890 Euro, wir empfehlen den Griff zum Mokka X als "Innovation" für 27.210 Euro. Auch dann liegt man noch immer unterhalb des billigsten 136-PS-4x4-Diesels. Sinnvolle Dinge wie Parksensoren vorne und hinten, eine vorzüglich agierende Zwei-Zonen-Klimaautomatik sowie das AFL-Licht sind serienmäßiger Bestandteil der Innovation-Ausstattung. Empfehlenswert sind das Winterpaket mit beheizbaren Vordersitzen und Lenkrad (350 Euro), die AGR-Sitze vorne (685 Euro) und das Navigationssystem (950 Euro). Macht unter dem Strich 29.195 Euro. Damit liegt der Opel Mokka X einen guten Tausender unter einem geringfügig längeren Seat Ateca mit 150 PS, Allrad und vergleichbarer Ausstattung.