Ford B-Max - Barrierefrei
Fords neuer kompakter Van offenbart sein Innenleben wie durch ein Scheunentor: B-Säule? Gibt's nicht. Wer gleichzeitig Front- und Hecktüre öffnet, hat einen praktisch barrierefreien Zustieg nach vorne und hinten von insgesamt 1,5 Metern Breite. Der B-Max ist in diesem Segment aktuell denn auch der Einzige, der auf die Mittelsäule verzichtet. Vor 20 Jahren gab es von Nissan mal den Prairie ohne B-Säule - aber der ist längst Geschichte. Und Peugeot nahm den 1007, bei dem die Schiebetüren sich von vorne über einen Großteil der Seiten öffneten, 2009 nach vier Jahren wieder aus dem Programm - zu teuer, zu störanfällig. Nun also versucht es Ford mit dem B-Max.
Dabei versichern die Ford-Ingenieure hoch und heilig, dass der Verzicht auf die normalerweise stabilisierende mittlere Säule keinerlei Nachteile für die Sicherheit habe. Interne Tests hätten gezeigt, dass man beim offiziellen NCAP-Crashtest mit der Höchstzahl von fünf Sternen rechen könne. Um bei einem Seitenaufprall zu schützen, seien die Strukturen der beiden Türen gezielt verstärkt worden, zum Beispiel durch die Verwendung ultrahochfester Boron-Stähle: "Sie bilden im Zusammenspiel mit den Türrahmen eine Art virtuelle B-Säule und absorbieren so die einwirkende Crash-Energie." Dazu kommen verstärkte Türverschlüsse und Verriegelungsmechanismen.In jedem Fall macht das Konzept der "Panorama-Schiebetür" Einstieg und Handling extrem einfach. Keine Verrenkungen mehr durch enge Türöffnungen beim Festzurren des Nachwuchses im Kindersitz. Bequemer Einstieg nach hinten. Einfaches Umklappen der Rückbank und positionieren auch großer Ladestücke bis 2,35 Meter Länge, weil man von allen Seiten aus gut herankommt und gut ziehen und schieben kann. Ganz vom Praktischen abgesehen: Mit den Panorama-Türen hat man einen Hingucker, der den B-Max optisch deutlich aus dem Kompaktklasse-Einerlei heraushebt. Einzig der Opel Meriva macht mit seinen gegenläufig öffnenden Türen ähnlich was her.Der B-Max selbst basiert mit seinen etwas mehr als vier Metern Länge auf der Grundarchitektur des Ford Fiesta und ist gerade mal 12 Zentimeter länger als dessen fünftürige Version. Auch im Innenraum kennt man viele Armaturen, Knöpfe und Schalter bereits aus dem Fiesta - das Material wirkt ebenso wie die Verarbeitung für diese Fahrzeugklasse hochwertig. Das Platzangebot selbst ist ebenfalls sehr ordentlich. Vorne kommt man sich kaum je ins Gehege, die Sitze sind auch für größere Passagiere ausreichend verstellbar, das Lenkrad lässt sich in Neigung und Tiefe gut anpassen.
Hinten wird es für drei Personen ziemlich eng - zu zweit lässt es sich dagegen ganz gut aushalten, selbst, wenn die Vordersitze ganz nach hinten geschoben sind. Dank des Van-Designs hat man auch mit der Kopffreiheit kein Problem. Ein bisschen gewöhnungsbedürftig auf den beiden vorderen Sitzen: Die Gurte sind wegen der fehlenden B-Säule in die Rückenlehne integriert, das macht das Anschnallen etwas akrobatischer. Gut: Ablagen gibt es reichlich.Der Laderaum hat ein Volumen von normalerweise 318 Litern. Durch das Umklappen der asymmetrisch im Verhältnis 60:40 geteilten Lehnen der Rückbank und bei Bedarf auch der des Beifahrersitzes lässt sich das Ladevolumen auf bis zu 1386 Liter vergrößern. Das ist Klassendurchschnitt. Zum Vergleich: Ein etwa gleich großer Kia Venga kommt auf 314 bis 1341 Liter Ladevolumen, ein Hyundai i20 liegt bei 295 bis 1060 Liter. Der 21 Zentimeter längere Opel Meriva schafft 400 bis 1500 Liter Laderaum.
Wenn der B-Max im Herbst auf den Markt kommt, dann startet er mit drei Benzin- und zwei Dieselmotoren zur Auswahl. Besonderes interessant dabei: der kleine 3-Zylinder-Benziner mit 998 ccm Hubraum und 88 kW/120 PS Leistung sowie der 1,6-Liter-Diesel, der 70 kW/95 PS abliefert. Der Diesel läuft ruhig und leise auch bei höherem Tempo. Er könnte ein bisschen mehr Kraftentfaltung vertragen - vor allem auf der Landstraße ist es etwas nervig, wenn der Selbstzünder es eher etwas zäh angehen lässt. Ein Spurtvermögen von 0 auf 100 km/h in gemütlichen 13,9 Sekunden macht das auch in der Datentabelle deutlich. Im Stadtverkehr dagegen läuft der 95-PS-Diesel ohne Probleme mit. Und auch die Höchstgeschwindigkeit von 174 km/h reicht völlig hin. Offiziell braucht der Diesel 4,0 Liter Sprit auf 100 km.
Deutlich lässiger und flinker ist man mit dem "Motor des Jahres 2012" unterwegs. Das so ausgezeichnete 3-Zylinder-Motörchen liefert erstaunliche 120 PS und ein maximales Drehmoment von 200 Nm ab und sorgt dafür, dass man sich weder in noch außerhalb der Stadt untermotorisiert fühlt. Wenn man ihn mit durchgestrecktem Gasfuß in den Spurt prügelt, dann kann er schon mal etwas unwirsch lauter werden - aber im Normalfall arbeiten die drei Töpfe unangestrengt und zivilisiert am "Projekt Vorwärtsdrang". Die offiziellen Fahrwerte für den mindestens 18.350 Euro teueren Direkteinspritzer: Von 0 auf 100 km/h ist der B-Max mit dem EcoBoost-Motor in 11,2 Sekunden, bei 189 km/h mag er nicht mehr weiter beschleunigen. Eine Start-Stopp-Automatik hilft beim Benzinsparen - allerdings könnte sie durchaus öfter zum Einsatz kommen. Wenig zeitgemäß: Verfügbar ist als Handschaltung nur ein 5-Gang-Getriebe. Aber auch so verspricht Ford einen Durchschnittsverbrauch von 4,9 Litern.
Vom Fahrverhalten her bietet der B-Max die von Ford gewohnte gute Mischung zwischen Dynamik und Komfort. Die Federung ist eher komfortabel ausgelegt und bügelt auch gröbere Straßenbeläge gut aus. In Kurven ist der 1,3 Tonnen schwere Kompaktvan schon allein wegen seines naturgemäß nicht gerade niedrigen Schwerpunkts lieber etwas verhaltener unterwegs. Er zirkelt dank präziser Lenkung ohne Stress um die Kurve. Und die Antriebseinflüsse auf die Vorderräder sind auch bei flottem Start kaum negativ zu merken.
In der Aufpreisliste bietet Ford eine ganze Reihe sinnvoller Optionen für den B-Max an - und manches, was schon in die Serie gehört. Das Einstiegsmodell Ambiente etwa, das immerhin bei 15.950 Euro beginnt, hat ab Werk nicht mal ein simples Radio an Bord. Und ein fest eingebautes Navi wird es quer durch alle Ausstattungsreihen auf absehbare Zeit nicht geben. Dafür bietet Ford auf der anderen Seite eine Reihe durchweg nützlichen Zubehörs zu halbwegs moderaten Preisen. Etwa das Notbremssystem "Active City Stop" (350 Euro), das kontinuierlich den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug überwacht und gegebenenfalls selbstständig abbremst. Oder das SYNC-System, das nicht nur die Sprachsteuerung der Multimedia-Funktionen erlaubt, sondern sich bei einem Unfall über den Notruf-Assistenten und ein per Bluetooth eingebundenes Handy selbstständig mit den Rettungszentrale in Verbindung setzt.
Quelle: Autoplenum, 2012-08-22
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