8. November 2012
Edinburgh (Schottland), 8. November 2012 - Es gibt Dinge, die brauchen Zeit, um richtig gut zu werden: Whiskey lagert oft Jahrzehnte, bis er seinen geschmacklichen Höhepunkt erreicht. Auch manche Käsesorte reift jahrelang, bevor sie in den Verkauf geht. In der Autoindustrie scheint es hingegen meist Schlag auf Schlag zu gehen. Die Abstände, in denen neue Karosserievarianten auf den Markt geworfen werden, fallen immer kürzer aus. Bei Jaguar hat man sich hingegen vier Jahre Zeit gelassen, um eine Kombivariante vom XF aufzulegen. Das geschah zwar nicht ganz aus freien Stücken. Aber der XF Sportbrake ist dennoch ein gutes Beispiel dafür, dass sich bei manch neuem Modell langes Warten lohnen kann - wie bei edlem Whiskey oder Käse eben auch.
Erst der zweite Kombi-Versuch
Das Angriffsziel ist klar: Für wen bisher nur Audi A6 Avant, BMW 5er Touring oder Mercedes E-Klasse T-Modell in Frage kamen, der soll künftig auch einen Blick auf die englische Edelmarke werfen. Jaguars bisherige Erfahrungen mit einem Kombi sind gemischt: Der erste und bislang einzige Versuch war der zwischen 2004 und 2009 gebaute X-Type Estate. Der verkaufte sich zwar gut, galt vielen traditionsbewussten Liebhabern aber lediglich als umgelabelter Ford Mondeo. Obwohl bei der Entwicklung des XF von vornherein auch ein Kombimodell vorgesehen war, scheiterte die Umsetzung zunächst an den Kosten. Erst als nach dem Besitzerwechsel der Raubkatzenmarke von Ford zum indischen Tata-Konzern 2008 wieder mehr Geld nach England floss, konnte die Realisierung des XF Sportbrake angegangen werden. Dabei ist für den europäischen Markt der Kombi von großer Bedeutung. Etwa jeder zweite XF soll hier künftig ein Sportbrake sein.
Schön, aber auch vielseitig
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wie die Limousine wartet der mit 4,97 Meter genauso lange Kombi mit einem sehr schicken Design auf. "Schön und vielseitig" soll der XF Sportbrake sein, so beschreibt James Towle, Global Brand Manager bei Jaguar, das Anforderungsprofil an den Edel-Laster. Der sportlich elegante Auftritt wird durch eine nach hinten ansteigende Gürtellinie und kleine Fensterflächen betont. Letzteres macht das Auto nach hinten allerdings unübersichtlich. Das Dach fällt sanft nach hinten ab und mündet in ein elegantes Heck. Dieses ist von großen Scheinwerfern und einer breiten Chromleiste geprägt. Der Vorderwagen bis zur B-Säule ist identisch mit der Limousine.
Auf Augenhöhe mit Audi und BMW?
Auch der Nutzwert kommt beim XF Sportbrake nicht zu kurz: Hinter der großen Heckklappe befindet sich ein geräumiges Ladeabteil, das dank breiter Öffnung und niedriger Ladekante gut zugänglich ist. Mit einem Kofferraumvolumen von 550 Liter liegt der XF Sportbrake nur geringfügig unterhalb von 5er Touring (560 Liter) und A6 Avant (565 Liter). Mittels im Laderaum angebrachter Hebel lassen sich die Rücklehnen des Jaguar mit zwei einfachen Handgriffen im Verhältnis 60 zu 40 umlegen. So erhält man einen nahezu ebenen Ladeboden und ein Stauvolumen von maximal 1.675 Liter. Auch damit befindet sich der XF Sportbrake auf Augenhöhe mit Audi und BMW. Ein System mit Schienen, Netzen und längs verschiebbaren Halteleisten ist serienmäßig an Bord und hilft beim sicheren Verstauen von Gepäck.
Immer mit Leder und Holz
Kaum Anlass zur Kritik bietet das Platzangebot für die Passagiere. Hinten genießen Insassen viel Beinfreiheit und im Vergleich zur Limousine fast fünf Zentimeter mehr Kopffreiheit. Auch der Mittelplatz kann genutzt werden, sieht man vom relativ breiten Mitteltunnel ab. Die Sitze für Fahrer und Beifahrer bieten guten Seitenhalt, optional stehen vielfältige Verstellmöglichkeiten zur Verfügung, die jeden die optimale Position finden lassen sollten. Für das Interieur wird eine Vielzahl an Lederfarben, Kontrastnähten und Holzsorten angeboten. Seit dem XF-Facelift Mitte 2011 präsentiert sich die Armaturentafel hochwertiger, an die deutsche Premiumkonkurrenz reichen Materialwahl und Verarbeitung aber noch nicht ganz heran. Auch die Bedienung von Audioanlage, Navigationssystem, Klimaautomatik und Sitzheizung über den Siebenzoll-Touchscreen erweist sich nicht immer als ganz intuitiv.
Ausschließlich mit Dieselmotoren
Anders als die Limousine gibt es den XF Sportbrake ausschließlich als Diesel. Der kräftige und leise vor sich hinschnurrende Dreiliter-V6-Selbstzünder ist in Leistungsstufen mit 240 und 275 PS erhältlich. Den Einstieg markiert ein Vierzylinderaggregat mit 2,2 Liter Hubraum. Nach der jüngsten Überarbeitung leistet das Triebwerk 200 PS - das sind zehn Pferdestärken mehr als bislang. Zudem wurde der Normverbrauch von 5,4 auf 5,1 Liter gesenkt - damit avanciert der Jaguar zu einem der sparsamsten Kombis seiner Klasse. Der dezente, laufruhige Basisdiesel ist mehr als eine träge Einstiegsmotorisierung. Er bietet stets guten Durchzug, das maximale Drehmoment von unverändert 450 Newtonmeter steht bereits bei 2.000 Umdrehungen zur Verfügung. Bei unseren Testfahrten durch den Süden Schottlands mit vielen Kurven und gemäßigten Steigungen präsentierte sich der Vierzylinder als absolut ausreichend. Alle XF-Modelle sind an eine Achtgang-Automatik gekoppelt, die über einen ausfahrbahren Drehknopf gesteuert wird. Die Gänge wechseln sanft, zügig und immer zum richtigen Zeitpunkt. Wer es etwas sportlicher angehen will, kann in den S-Modus wechseln, dann werden die einzelnen Gänge länger aufgereizt. Paddels am Lenkrad erlauben außerdem manuelles Schalten.
Ein Schuss Sportlichkeit
Mit dem neuen Premium-Kombi ist man komfortabel unterwegs, doch das souveräne Kurvenhandling und die direkte Lenkung sorgen nebenbei für einen Schuss Sportlichkeit. Querrillen könnten hingegen etwas souveräner ausgebügelt werden, dadurch wird der Fahrkomfort auf schlechten Straßen etwas geschmälert. Für die beiden Sechszylinder-Varianten kann ein adaptives Fahrwerk geordert werden. Hier passen sich die elektronisch geregelten Dämpfer permanent der aktuellen Fahrsituation an. Marktstart für den XF Sportbrake ist am 24. November 2012. Los geht's bei 48.550 Euro für den 2,2-Liter-Diesel. Dafür gibt's bereits ab Werk Xenonscheinwerfer, Ledersitze und ein Automatikgetriebe. Als Extras sind unter anderem ein Totwinkelwarner und ein Abstandstempomat mit Notbremsfunktion erhältlich. Einen Spurhalteassistenten, eine Verkehrszeichenerkennung oder einen Einparkassistenten sucht man hingegen vergeblich in der Preisliste. Auch hier sind die deutschen Autobauer noch einen kleinen Schritt voraus.