Mit mehr als zwei Millionen Einheiten ist der Octavia der meistverkaufte Škoda aller Zeiten. Und das hat seinen Grund, schließlich steckt unter dem tschechischem Blechkleid millionenfach bewährte Technik aus dem Volkswagen-Konzernregal. Dass gilt auch für das sportliche Topmodell der Baureihe, schließlich steckt eine ordentliche Portion GTI im 2009 gelifteten RS – im Gegensatz zum Wolfsburger ist Letzterer auf Wunsch jedoch auch als Kombi erhältlich.
Ihre Ähnlichkeiten können die Geschwister nicht verhehlen, schließlich teilen sie sich neben dem Antrieb auch die Basis. Damit der Golf dabei nicht vom Thron gestoßen wird, hinkt der Octavia allerdings ein wenig hinterher. So wird der RS zwar vom lediglich um zehn PS abgespeckten Motor des aktuellen Golf VI GTI befeuert, die Plattform des Combi stammt jedoch noch aus der fünften Golf-Generation. Auf den Endpreis wirkt sich das allerdings ausschließlich positiv aus. Den Octavia RS gibt es als Kombi so bereits ab 28.590 Euro. Das sind gerade einmal 1940 Euro mehr, als VW für den Sechser-GTI aufruft.
Dass die Wolfsburger zudem bestrebt scheinen, das Konkurrenzmodel der Tochter auch in puncto Ästhetik ein wenig auf Distanz zu halten, wird spätestens beim Blick in den Innenraum des Octavia Combi RS offensichtlich. Denn anders ist nicht zu erklären, warum das sportliche Topmodell einer Baureihe mit einem derart plumpen Airbag-Lenkrad und einem Schalthebel im dynamischen Schick eines Senioren-Gehstocks ins Rampenlicht tritt. Zudem scheinen die mit RS-Logos versehenen Sportsitze einer Zeit zu entstammen, als das bloße anbringen zweier Seitenwangen aus einem Fernsehsessel noch eine kompromisslose Rennschale zaubern konnte. Das Gestühl überzeugt zwar mit ordentlichem Seitenhalt und gutem Langstreckenkomfort – für das Attribut „sportlich“ fehlt ihm jedoch schlichtweg Härte.
Ähnlich ergeht es auch dem Fahrwerk. Zwar lässt sich der 1,5 Tonnen schwere Combi RS präzise um die Kurven zirkeln, ohne den Fahrer mit störenden Querfugen und jedem kleinen Schlagloch zu behelligen. Trotz Tieferlegung um 12 Millimeter neigt die Karosse jedoch vor allem in zügig durchfahrenen Kurven und bei hohen Tempi auf der Autobahn zu deutlichen Wankbewegungen. Diese Mischung aus Sportlichkeit und Komfort steht jedem normalen PKW zwar gut zu Gesicht. Für einen Sportler geziemt sich ein solcher Kompromiss indes nicht. Hier muss der RS noch eine ordentliche Schippe Sportlichkeit nachlegen. Die Frage ist, ob man ihn lässt. Denn ein adaptives Fahrwerk – wie VW es für jeden Serien-Golf anbietet – bleibt RS-Käufern bislang verwehrt.
Gänzlich ohne Kompromisse präsentiert sich hingegen das 200 PS starke 2,0-TFSI-Aggregat, dessen volles Drehmoment von 280 Newtonmetern über das gesamte Drehzahlband zwischen 1800 und 5000 Umdrehungen anliegt. Damit ist bereits aus dem Stand ausreichend Leistung für flotte Sprints und schaltfaules Fahren gegeben. Und selbst bei sportlicher Gangart genehmigt sich das Triebwerk kaum mehr als neun Liter Super Plus auf 100 Kilometer.
Ähnlich wie bei der Leistung steht der RS auch hinsichtlich der Ausstattung bereits ab Werk gut im Futter. So gibt es neben zahlreichen Airbags etwa ESP inklusive Differentialsperre, eine Klimaautomatik, eine Reifendruck-Überwachung, einen Berganfahrassistenten sowie Xenon-Scheinwerfer samt dynamischem Kurvenlicht. In Anbetracht des üppigen Stauraums von 580 bis 1620 Litern ist es daher keine Überraschung, dass von den bisher rund 60.000 verkauften RS-Modellen gut 70 Prozent auf die Langversion entfallen. Zumal der Ladekünstler in 7,3 Sekunden Tempo 100 und bei Bedarf bis zu 239 km/h erreicht.
Doch 200 PS, Sportsitze, 18-Zöller und ein bisschen rote Farbe auf den Bremssätteln allein machen noch lange keinen Sportler. Und so täuschen auch die Motorsport-Assoziationen weckenden RS-Embleme nicht darüber hinweg, dass der Octavia Combi RS ein Problem hat: er will allen Gefallen. Und so versucht er mit Macht, alles richtig zu machen. Doch diese Rechnung geht nicht auf. Und so hängt der sportliche Kombi irgendwo im Niemandsland, zwischen einem beinharten Sportler und einem ebenso gut motorisierten wie ausgestatteten Reisekombi. Das stimmige Gesamtkonzept bleibt dabei auf der Strecke. Denn für einen souverän motorisierten Komfort-Gleiter mit gehobener Ausstattung steckt zu viel sportliche Aggressivität im RS. Für einen waschechten Renner ist der Wagen hingegen zu weichgespült.
Dabei macht der potente Tscheche eigentlich alles richtig – ihm fehlt lediglich eine klarere Linie. Schließlich muss ein RS-Modell nicht jedem gefallen. Es muss in erster Linie Rennsport-Flair versprühen. Diesbezüglich nutzt der Combi RS sein Potential aber bei weitem nicht aus. Und genau hier liegt die Zwickmühle. Denn kompromisslos auf Sport getrimmt, würde der Octavia umgehend zu einer echten Gefahr für den GTI. Und ob sich der Mutter-Konzern Volkswagen das gefallen ließe, ist fraglich. Und so wird es – wenn überhaupt – wohl noch eine Weile dauern, bis der Škoda Octavia Combi RS zeigt, was er wirklich kann.