Tja, so kann's gehen. Da ist man in der Nationalbibliothek beschäftigt und hat Lesestoff ohne Ende, und dann heißt's, das Arbeitsverhältniss wird nicht verlängert. Tja ... Was macht man in so einer Situation, wenn man 2 Monate Zeit hat, einen neuen Job zu finden? Richtig, den Personenbeförderungsschein oder auf Behörden-Deutsch: "Führerschein zur Fahrgastbeförderung". Das läuft folgendermaßen ab: Man geht zum Ordnungsamt und beantragt den P-Schein. Dann macht man einen Termin beim Menschen-TÜV. In der MPU wird dann festgestellt, wie blind man ist und ob man drei Jahre nach der Fahrschule Gas- und Bremspedal noch auseinanderhalten kann. Nachdem man dann guten Gewissens behaupten kann, das der Urinstrahl noch gebündelt ist und die Rosette noch einrastet, ist der Weg frei für die Ortskundeprüfung. Einige Taxifahrer bieten nebenbei einen Lehrgang an, wo man die Stadt auf der Karte ein wenig kennenlernt. Einen Monat und 600 Euro später, am 28.02.2010, konnte ich dann meinen P-Schein in Empfang nehmen und wurde zum 02.03. eingestellt. Ist zwar nicht so gut bezahlt wie in der Bibliothek, aber immer noch besser als die staatlich verordnete Sozial-Quarantäne Hartz IV.
Nun aber zu den Autos. In der Firma haben wir Taxen und schwarze Mietwagen (VIP-Shuttle). Diese unterteilen sich in:
- 3 E 200 CDI BlueEFFICIENCY Limousine (Taxi)
- 1 E 200 NGT BlueEFFICIENCY Limousine (Taxi mit Erdgasantrieb)
- 3 E 200 T CDI BlueEFFICIENCY Kombi (Taxi)
- 4 E 220 CDI BlueEFFICIENCY Limousine (Mietwagen)
- 2 E 220 T CDI BlueEFFICIENCY Kombi (Mietwagen)
- 1 S 320 CDI BlueEFFICIENCY Limousine
- 3 Vito 313 CDI (Großraum-Taxi)
- 1 Vito 313 CDI (Großraum-Mietwagen)
... und dann noch 4 VW T5 Caravelle als Großraumtaxi, die meistens alle in der Werkstatt stehen, deswegen erspar ich mir das jetzt. Der jetzige Bericht, wird sich auf die E 200 CDI Limousine beziehen, welche ich nun seit 3 Monaten fast jeden Tag fahre. Sie tragen die Rufnummern 66, 67 und 68. 66 und 67 haben schon mehr als 150.000 km geschrubbt. Die 68 habe ich selbst im April nagelneu beim Händler übernommen. Und von "Premium" wird hier kein Wort fallen, weil ich von solcher bescheuerten Marketing-Propaganda nichts halte.
Design: Keine Frage, die E-Klasse versprüht Eleganz gleichwohl sie eckiger daherkommt als der Vorgänger. Sie will weg vom Opa-Image und dynamischer auftreten als ihre Vorgänger. Die Scheinwerfer blicken herausfordernd, aber nicht aggressiv in die Welt. Auch bei der Seitenlinie hat man auf Experimente verzichtet. Klassische Limo-Form, ohne Stummel-Heck. Die Heckpartie wirkt zwar wuchtig, aber nicht übermäßig fett. Mit der Hellelfenbein-Folie, der Crossi-Werbung an der Seite und dem Bettelbalken (Dachzeichen) hat sich die Sache mit der Eleganz übrigens erledigt - als ob's nicht reichte, das wir mit Grün-Weiß die hässlichsten Streifenwagen hatten, nein, Deutschland hat auch die farblich hässlichsten Taxen. Aber die Polizei darf ja nun Blau-Silber tragen.
Innenraum und Ausstattung: Basis für die Taxi-Version bildet ein "nacktes" Serienfahrzeug, gleichwohl die Grund-Ausstattung wirklich gut ist. Dazu kommt dann das reguläre Taxi-Paket:
- Lackierung/Folierung hellelfenbein
- Polsterung Ledernachbildung ARTICO schwarz
- Batterie mit größerer Kapazität
- Dachantenne Funk, Telefon, GPS
- Dachzeichenanschluss (der stets nach 6 Monaten versagt)
- Dieselpartikelfilter
- Fondsitze mit integrierten Kindersitzen
- Funk-Freisprechanlage mit Sprechtaste und Mikrofon
- Funkgerätehalter im Handschuhfach
- Fußraumbeleuchtung im Fond
- 5-Gang-Automatikgetriebe (optional 6-Gang-Schaltgetriebe)
- ISOFIX Kindersitzverankerung im Fond
- Klimatisierungsautomatik THERMATIC mit Motorrestwärmefunktion
- Lichtmaschine mit größtmöglicher Leistung
- Multifunktionslenkrad
- Notalarmanlage
- Radio Audio 20 (geiler Sound)
- Vollwertiges Reserverad (GOTT SEI DANK!!!)
- Scheibenwaschanlage beheizt
- Sitzheizung Vordersitze
- Taxispezifische Innenraumbeleuchtung
- Taxametervorrüstung – Mittelkonsole
- Wannenauflage-Gummimatten
- Wegfall Typkennzeichen auf Heckdeckel
Offiziell wird dieses Taxi-Paket nur für den E 200 CDI angeboten, allerdings geben sich die Händler flexibel und organisieren auch mal die Umrüstung eines E 350 CDI. Tja, der Innenraum ist typisch Mercedes: Sauber, aufgeräumt und edel. Alles sitzt, nichts klappert oder wackelt. Platz gibt's vorn wie hinten ausreichend, auch für großgewachsene Leute. Die Komfortsitze sind gemütlich wie es sich bei 12-Stunden-Schichten gehört. Und schon das Serien-Soundystem kann es mit der Tuning-Fraktion vor der Disco aufnehmen. Der Kofferraum ist riesig, das Reisegepäck von drei Piloten schluckt er ohne Probleme. Das einzige, was mich wirklich zur Weißglut treibt, ist das Funkgerät: Die Ton-Qualität ist wie anno 1939. Jeden Morgen 05:45 erwartet man die Meldung, das zurückgeschossen wird. Und das stets verzerrte "Schendrale an Taschi ahuseschsisch" oder "Freiesch Fahrscheusch im Schentrum" führt einen jedesmal in Versuchung, sich mal richtig zynisch mit "Führerhauptquartier Wolfsschanze, Chauffeur der Leibstandarte" zu melden.
Fahrleistungen und Fahrgefühl: Zunächst mal handelt es sich bei den Bezeichnungen E 200 CDI, E 220 CDI und E 250 CDI um Etikettenschwindel. Der Motor mit der Bezeichnung OM651 hat generell 2.1 Liter Hubraum, allerdings unterschiedliche Leistungsstufen: 136, 170 und 204 PS. Der E 200 CDI hat demnach 136 PS. Das Ding wirft zwischen 1.600 und 2.600 RPM 360 NM auf die Hinterachse und dreht sauber in den Begrenzer. Bissig und fast ohne Turboloch zieht er an, von 0 auf 100 gehts in 9,5 Sekunden, und das mit einem so dreckigen Sound (ROOOORRRRR!!!), das man irgendwie Grinsen muss. Richtig witzig wird's in der Nachtschicht, wenn die Tuning-Fraktion im Golf / Astra oder sonstigen flachgelegten Kompakten ins Lenkrad beißt, weil eine biedere Taxe sie an der Ampel gnadenlos verhungern lässt. Das Zusammenspiel mit der 5-Stufen-Automatik könnte manchmal besser funktionieren. Sie schaltet die Gänge zwar sauber durch, selbst im Kickdown bleibt sie ruckfrei, aber wenn man den Tempomat bei 55 km/h einstellt, fängt sie an, dauernd hoch und runter zu schalten. Die Federung ist ein guter Kompromiss aus Sportlichkeit und Langstreckenkomfort. Der Wagen liegt satt auf der Straße und fährt wie auf Schienen. Die Federung gibt sich zwar schluckfreudig, aber bisweilen hoppelt der Benz auch mal über die Querfugen. Die Höchstgeschwindigtkeit liegt bei 210 km/h, ist aber egal weil 80 % der Strecken im Stadtverkehr absolviert werden.
Kosten: Während meiner Schichten habe ich Buch geführt (Spritmonitor ist tabu, da das Auto nicht mir gehört). Auf mittlerweile 20.000 km auf drei baugleichen Fahrzeugen kam ich auf einen Durchschnittsverbrauch von 6,9 Liter Diesel. Gewiss, die Werksangabe verspricht weit weniger. Nur sind Taxen nunmal vorwiegend im Stadtverkehr im Einsatz und für Stop & Go ist der Verbrauch okay. Der 136-PS-Diesel hält gut durch. Die Taxen 66 und 67 liefen laut Scheckheft und Kollegen bisher je knapp 160.000 km ohne zu mucksen. Die Fahrzeuge werden stets für 36 Monate geleast und dann mit 250.000 km wieder abgegeben und weiterverkauft - scheckheftgepflegt versteht sich. Es wird weder an der Wartung noch an der Pflege gespart. Die Preise und Austattungen für die Zivil-Version entnehmt bitte der Mercedes-Benz-Homepage - ich habe jetzt schlicht keine Lust, die Aufpreislisten vom Format des Stuttgarter Telefonbuches runterzubeten.
Fazit: Keine Frage, die E-Klasse hält, was der Name Mercedes verspricht. Ich hoffe es bleibt so. Das Auto ist grundsolide und zuverlässig gelungen, der oft harte Taxi-Betrieb bestätigt das. Auch die Kunden sind desöfteren hin und weg von diesem Auto und intern bezeichnen wir das gern als "Probefahrt mit Chauffeur". Tatsächlich hatte ich einen Fahrgast der selbst einen E 200 CDI fuhr - nach einer Taxi-Tour ging er spontan ins Autohaus und kaufte einen Jahreswagen. Als Gebrauchter? Da bilde ich mir kein Urteil, abgesehen von der Tatsache das von abgenudelten Außendienst-Schlampen bis zum gepflegten Renterfahrzeug sicher alles dabei ist, was einen in den Wahnsinn treibt oder glücklich macht. Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Einblick in die E-Klasse gewären. Ich möchte jedoch die nächsten Monate abwarten und verspreche, diesen Artikel regelmäßig zu aktuallisieren. Von daher bitte nicht böse sein, wenn gewünschte Informationen (noch) nicht vorhanden sind.