Ich habe eine Schwäche für deutsche Limousinen mit markantem Auftritt und meine Leidenschaft galt an sich insbesondere immer BMW. Das solche Fahrzeuge, insbesondere wenn sie schon 15 und mehr Jahre bewegt wurden, intensiver Pflege bedürfen war mir klar. Aber obwohl ich meinen BMW 535i E34 immer regelmäßig warten lies und obendrein selbst immer noch ein Auge auf die Technik hatte
( hab in meiner Jugend KFZ-Mechaniker gelernt, später ins Kaufmännische gewechselt), kam es 2007 bei 178tkm zum Motorplatzer und damit wirtschaftlichen Totalschaden..
Ein 'neuer' musste her.. und diesmal kein BMW mehr, zu groß der Frust, die Liebe zur Marke hatte gelitten. Und ich begann mich an den Wagen zu erinnern, den einst mein mittlerweile verstorbener Großvater zuletzt bewegte: Baureihe W124 ,Mercedes-Benz.
Also auf die Suche gemacht und schnell fündig geworden: E280 Limousine Bj 1994 in Blauschwarzmetallic, mit Schiebedach, Automatik, el. FH, el. Heckrollo,manueller Klima und 240 000km für 2900€.
Beim ersten Platznehmen kam mir eines erstmal sofort in den Sinn: mein Gott, warum hab' ich bisher immer nur diese E34-Eimer gefahren?? Denn Qualitativ stehen zwischen der Baureihe W124 von Mercedes und dem E34 von BMW wirklich W E L T E N. Ich kann jedem interessierten wirklich nur den Vergleich nahelegen: setzt euch mal in nen E34 5er und dann in den W124. Die Sitze, Armaturenbrett, Teppiche.. alles wirkt als wenn es von Daimler für die Ewigkeit konzipiert worden wäre. Beim BMW hatte man (mal ganz zu schweigen von der Technik) immer mit verschlissenen Sitzen (hauchdünner Stoff), sich ablösendem Dachhimmel (bzw Seitenverkleidungen), aufreißender Nähte,einem undichten SHD oder gerissenen Armaturenbrettern zu kämpfen.. (kann ein Lied von singen) -hier aber keine Spur von derartigen schwächen..
Und das nach beinahe 20Jahren. Nachdem der Wagen also einen mehr als nur ordentlichen ersten Eindruck bei mir hinterlassen hatte, alle Komfortfunktionen bis hin zum el. Heckrollo funktionierten und ich auch bei näherem hinsehen (Wagenheberaufnahme, Antennenloch, Reserveradmulde) keine Rost entdecken konnte, schlug ich schließlich zu -und bereue es nach mehr als 2Jahren und 70 000km keine Sekunde!
Nie hat er mich auch nur 1x im Stich gelassen, wie ein treuer Hund auf vier Rädern. Positiv überrascht hat mich auch der Verbrauch: 10-13 Liter sind für ein Fahrzeug dieser Klasse wirklich mehr als zufriedenstellend. Das Fahrwerk ist spürbar komfortabler ausgelegt als beim 5er, das Platzangebot im Innenraum merklich größer. Das W124-Typische untersteuern stört mich in keinem Moment- passt es doch sehr gut zur Charakteristik einer schweren Limousine. Ebenso ein großer Pluspunkt: die Wartungskosten. Ein Beispiel: für Wischerblätter musste ich bei BMW 85€ investieren. Bei Mercedes werden 16€ (in Worten: Sechzehn) fällig. Und ähnlich verhält es sich auch bei den anderen verschleißteilen. Alles ist minimum 1/3 billiger als bei der bayerischen Konkurrenz.
Zur Motorisierung wäre noch zu sagen: gefühlt steht er der 211PS-Maschine meines 535 in keiner weise nach. Der 2,8 Liter Motor hat Reserven, ist kultiviert und Grundsolide. Nur auf die Ventilschaftdichtungen sollte man ein Auge haben, sind die verschlissen dann steigt der Ölverbrauch. Aber der Tausch wird nur etwa alle 15Jahre oder 200 000km nötig und kostet bei einer freien Werkstatt etwa 200€.
Ich würde den Wagen sofort wieder kaufen. Erfahrungsgemäß hat die Baureihe W124 in der Regel nur etwas mit Rost zu kämpfen (meiner macht da eine Ausnahme, Vorbesitzer war ein Rentner der nix anbrennen lies), Motoren und Getriebe sind bei regelmäßiger Wartung für mehr als 500 000km gut. (Kann man jedem erfahrenen Mercedes-Meister/ Taxichauffeur entlocken) Wenn also die neuralgischen Punkte (Wagenheberaufnahmen, Reserveradmulde, Türkanten und Antennenloch frei von Rost sind, Motor, Getriebe und Differential nicht lecken – dann kann einer langen, glücklichen Beziehung kaum mehr etwas im Wege stehen.
Eines sollte jedoch klar sein: der 124er E280 will ein Reisegleiter sein, kein Rennwagen. Standesgemäße Behandlung belohnt dieser Klassiker von morgen auch mit geringem Verbrauch und Langlebigkeit.