Ich hatte die große Freude den neuen Kia e-Niro bereits fahren zu dürfen. Gemessen nach dem neuen Testverfahren WLTP, kommt der vollelektrische Niro auf eine kombinierte Reichweite von 455 Kilometern, im Stadt-Zyklus soll der e-Niro mit einer Batterieladung sogar bis zu 615 Kilometer zurücklegen. Und wenn ich bei meiner ersten Ausfahrt auch nicht solche Distanzen zurückgelegt habe, so kann ich dem Kia e-Niro vorbildliche Verbrauchswerte attestieren.
Ohnehin sprechen immer alle von Reichweite, Reichweiten die mit einem Elektrofahrzeug im alltäglichen Betrieb gar nicht ausgereizt werden. Ein rein psychologischer Effekt, ist es doch viel interessanter zu wissen, wie viel verbrauche ich auf meiner gefahrenen Strecke, wie viel kostet mich der gefahrene Kilometer.
Beim Preis kann ich zwar keine genauen Werte übermitteln, spielen schwankende Stromkosten, unterschiedliche Anbieter usw. mit rein, doch der von mir erfahrene Stromverbrauch spricht ganz klar für den Kia e-Niro.
14,1 kWh zeigte mir der Bordcomputer auf hundert Kilometer an, dabei war ich keineswegs zurückhaltend unterwegs, auf meiner Fahrt durch kurvenreiche und hügelige Landstraßen konnte ich jedoch hervorragend Energie rekuperieren und selbst in der Stadt waren es weniger als 12 kWh, während ich mich auf der Autobahn zwischen 14,7 und 14,9 kWh einpendelte.
Wer eine 100-kW-Station in der Nähe hat, kann den e-Niro in einer Dreiviertelstunde bis zu 80 Prozent aufladen, an einer 7,2-kW-Ladestation mit 230 Volt Spannung vergehen fast sechs Stunden, an einer Haushaltssteckdose sind es fast 18 Stunden, da sollte man schon wirklich die Ladephase einplanen.
Um den niedrigen Außentemperaturen im Winter entgegenzuwirken und den Einfluss auf die Akkuleistung zu minimieren, ist der Kia e-Niro mit einem Vorheizsystem für die Batterie einer energiesparenden Wärmepumpe für die Innenraumklimatisierung ausgestattet. Also sollte auch hier keine Angst bestehen.
Doch wie fährt sich der Kia e-Niro? Die One-Pedal-Lösung beim neuen Nissan Leaf hat mich sehr begeistert (die Erfahrung findest Du auch hier auf autoplenum oder sehr ausführlich auf www.carwalk.de), nun spricht man auch beim neuen Kia e-Niro von „One-Pedal“, doch wer das Fahrzeug wirklich nur über das Gaspedal steuern und das Bremspedal schonen bzw. meiden möchte, muss auch die Wippe am Lenkrad bemühen.
Denn nur durch vollständiges ziehen der linken Wippe kommt der Kia e-Niro zum Stehen. Insgesamt konnte ich über die Wippe zwischen den Einstellungen Stufe 1, Stufe 2, Stufe 3 und eben „One Pedal Driving“ wechseln. Habe ich den Fuß vom Gas genommen, setzte sofort der verbundene Bremseffekt ein, wobei die Intensität der Rekuperation je nach gewähltem Level zunimmt, bis hin zum vollständigen Stillstand. Das Spiel hatte ich ziemlich schnell raus, dass gilt auch für das Zusammenspiel zwischen Fuß und Hand an der Wippe. So wäre hier viel mehr die Rede von „One-Hand-One-Pedal“.
Während sich die One-Pedal-Fahrweise beim Nissan Leaf selbst erklärt und nur eine kleine Eingewöhnung verlangt, muss der Verkäufer den Kia-Kunden erst einmal auf die Funktionsweise mit den Wippen hinweisen, doch wer das erst mal weiß, wird großen Gefallen daran finden und ist wie ich 100 % ökonomisch unterwegs. Diese Anzeige animierte mich übrigens zusätzlich.
Wippen, Plural, fragst Du Dich? Richtig, denn es gibt noch eine weitere Wippe, rechts vom Lenkrad. Hiermit aktivierst Du den Auto-Modus. Statt eine feste Rekuperations-Stufe zu wählen oder zwischen diesen zu wechseln, kannst Du dies der Automatik-Funktion überlassen. Und hier spielt Kia gegenüber Nissan seinen Trumpf aus.
Wählt der Kia e-Niro nun mit Hilfe der Kamera der adaptiven Geschwindigkeitsregelanlage automatisch die für die jeweilige Fahrsituation optimale Einstellung. Und zu einer möglichst energieeffizienten Fahrweise tragen zudem vorausschauende Fahrerassistenztechnologien bei. Die mit Hilfe von Navigationsinformationen den Rekuperations-Level der vorausliegenden Fahrstrecke anpassen und auch Fahrradfahrer erkennt und darauf reagiert.
Während meiner Testphase funktionierte diese Vorgehensweise hervorragend.
Der leise Elektroantrieb lässt mich besonders genau hinhören und sensibilisiert einen für andere Außengeräusche, treten nun Abroll- und Windgeräuche viel deutlicher in den Vordergrund. Mit diversen Maßnahmen kann Kia diesen aber erfolgreich entgegenwirken.
Für ein Elektrofahrzeug kommt der Kia e-Niro nicht nur äußerlich angenehm „konventionell“ daher, auch im Innenraum verzichten die Verantwortlichen auf einen spacigen Auftritt.