Sachmangel
Wir haben in einem Autohaus ein gebrauchten Pkw (Tageszulassug) gekauft.
Dieser Pkw wurde uns von Händler (siehe oben) angeboten. Der Pkw selbst stand in einem anderen Autohaus. Somit wurde der Pkw gem. Fahrzeug ID Nr. identifiziert.
Gem. Identifizierung bestellten wir denn Pkw dann verbindlich.
Als Sonderausstattung wurde gem. Id Nr. eine Vollleder Ausstattung angegeben, dieses steht auch so in der verbindlichen Bestellung.
Bei der Übergabe stellten wir fest, das lediglich Ledersitze vorhanden sind.
In der Rechnung zur Bestellung steht dann auch nichts mehr von Vollleder.
Lediglich der Kaufpreis ist identisch.
Was nun?
Der Begriff "Volllederausstattung" ist m.W. nicht einheitlich definiert, da ist erst mal zu klären was das beim betreffenden Hersteller (den Sie leider nicht nennen, dann wäre es einfacher) genau bedeutet:
Sitze, Seitenverkleidungen, Armaturentafel, evtl auch Dachhimmel komplett in Leder ausgeschlagen ODER nur die Sitze vollständig aus Leder, im Gegensatz zu Teilleder, bei dem meist nur Teile des Sitzes (Außenwangen oder Mittelbahn) aus Leder bestehen, der Rest aus anderen Materialien.
Ein Sattler definiert Vollleder als Leder dessen Oberfläche die natürliche, gewachsene Haut ist im Gegensatz zu Spalt- oder Prägeleder.
Da keine Frage gestellt wurde, einfach mal als Schuss ins Blaue und das Ganze fiktiv und allgemein betrachtet grob eingeschätzt:
Kein Sachmangel
Ein Sachmangel gem. der Sachmangelhaftung / gesetzliche Gewährleistung ist ein Mangel, der vor dem Kauf nicht erkennbar gewesen ist.
Hier ist der Zustand zweifelsfrei erkennbar gewesen. Ein Verzicht auf eine Besichtigung des Kaufgegenstands vor Abschluss des Kaufvertrags erzeugt keine weiteren Rechte beim Käufer und auch keine weiteren Pflichten beim Verkäufer.
Keine unrichtigt zugesicherten Eigenschaften
Vertragsrecht ist auch nicht betroffen, der verbindliche Vertrag ist der Kaufvertrag und da ist nichts von Vollleder-Ausstattung aufgeführt.
Hier existiert zwar eine, wegen fehlender Definition unklare Eigenschaftsangabe im Angebot, ist aber im weiteren Verlauf zum/ im Kaufvertrag dann richtig gestellt worden.
Möglichkeit eines Schadensersatz wäre eventuell gewesen, wenn man aufgrund von Angaben zur Besichtigung gefahren wäre, dort dann festgestellt, dass entscheidende Angebotsangaben falsch sind und daraufhin die Besichtigung abgebrochen wurde.
Eventuelle Anfahrtskosten der Besichtigung wären dann erstattungspflichtig, wenn bei korrekten Angebotsangaben von vorne herein keine Besichtigung stattgefunden hätte.
Aber zu einer halbwegs verbindlichen Einschätzung fehlen noch viele weiteren Feinheiten,
- wurde das Fahrzeug durch den Kunden so übernommen?
- wurde bei der Übergabe die "falsche" Ausstattung als Mangel aufgenommen?
- was hat der Verkäufer bei Erkennen und auf Ansprache zu dieser Situation gesagt, ggf. zugesichert?
- wurde überhaupt etwas dazu gesagt?
- lag bei der Abnahme eventuell ein stillschweigendes Einverständnis vor?
- ...
Gemäß Prospekt des Herstellers sind in der Volllederausstattung die Amaturentafel die Türverkleidung und Sitze in Leder enthalten.
Den Pkw konnten wir uns nicht ansehen, da dieses Fahrzeug für einen Händler geliefert werden sollte der diesen aber gleich an alle anderen Autohäuser dieser Marke angeboten hat.
Somit konnte das Fahrzeug nur anhand der Fahrzeug Id Nr. genau identifiziert werden. Und in dieser Fahrzeug Identifizierung war die Volllederausstattung aufgelistet.
Wir haben sogar direkt bei der Bestellung nachgefragt, der Händler bestätigte dass das Amaturenbrett Vollleder ist.
Bei der Übergabe haben wir es nicht sofort erkannt das es sich nicht um die Volllederausstattung handelt.
Es ist immer noch keine Frage gestellt worden und es finden sich auch keine Antworten auf die gestellten Fragen, die Wichtigste:
Wurde die Abnahme des Fahrzeugs verweigert?
Also hier die Frage:
Liegt hier im oben geschilderten Sachverhalt ein Sachmangel gemäß paragraph 434 Absatz 3 Satz 1 BGB vor?
Nein, mangels Fachkenntnis haben wir den Mangel nicht bei der Übergabe des Pkw bemerkt.
Folglich wurde die Annahme nicht verweigert.
Der Mangel ist erst ca. zwei Tage nach der Übernahme aufgefallen.
Die Übernahme ist vor ca. 9 Tagen erfolgt.
§434 BGB betrifft die Sachmangelhaftung / "Gewährleistungsrecht"
Nein, das hier ist kein Sachmangel
Zur Erläuterung vorab vereinfacht die Definitionen:
"Mangel" - negative Abweichung
"berechtigter Mangel" - objektiv nachvollziehbare negative Abweichung, die gesetzlich geregelt ist
Dieses "ein A8 muss aber komfortabler sein" mag tatsächlich ein Mangel sein, da es sich aber um ein subjektives Empfinden und keinen objektiv nachvollziehbaren Sachstand handelt, ist es kein "berechtigter Mangel"
"Berechtigte Mängel" in Zusammenhang mit einem Produktkauf werden in zwei sehr unterschiedlichen und voneinander unabhängigen Rechtsgebieten abgehandelt. Das Schuldrecht mit der Sachmangelhaftung ("Gewährleistungsrecht") und dem allgemeinen Vertragsrecht.
Die Sachmangelhaftung regelt Sachmängel und ein Sachmangel liegt dann vor, wenn es sich um
- einen Defekt handelt
- vor dem Kauf vorhanden war
- vor dem Kauf nicht erkennbar war
- nicht auf gebrauchsübliche Abnutzung oder Alterung zurückzuführen ist ("Verschleiß")
ALLE Kriterien müssen erfüllt sein.
Es handelt sich hier um keinen Defekt und es wäre vor dem Kauf erkennbar gewesen. Von vier Anforderungen sind zwei nicht erfüllt, einer allein würde schon ausreichen - kein Sachmangel.
Bleibt noch das Vertragsrecht, mit den
- fehlenden oder unrichtigen oder beschönigend beschriebenen Pflichtangaben, da fällt das nette Thema "Unfallschäden" hinein
- sogenannten "zugesicherten Eigenschaften"
und damit der mögliche Ansatzpunkt.
Vertragsrecht und die Nichteinhaltung zugesicherter Eigenschaften - aber nicht das Gewährleistungsrecht wegen einem Sachmangel.
Im Vertragsrecht gilt klassisch BGB: Vertrag ist die "zuletzt abgeschlossene Vereinbarung", und wer etwas behauptet, der muss dies auch beweisen.
Hier sind jetzt allerdings ein paar "Probleme" vorhanden:
- die "zuletzt abgeschlossene Vereinbarung" ist der Kaufvertrag und dort ist wohl nichts über Vollleder vorhanden.
Der Käufer ist damit in der Beweispflicht, dass Eigenschaften aus dem Angebot auch ohne Nennung im Vertrag weiterhin Gültigkeit haben:
Es gab keine Veränderungen / Korrekturen in der Verhandlungsphase zwischen Angebot und Kaufvertrag;
als Kunde konnte man berechtigt darauf vertrauen, dass die im Vertrag nicht mehr aufgeführten Eigenschaften weiterhin vorhanden sind;
wenn es denn so wichtig war, warum man nicht auch im Vertrag eine Nennung verlangt hat und nicht jetzt nur vorgeschoben wird;
wenn es denn so wichtig ist, warum man das Fahrzeug bei Lieferung abgenommen hat und nicht der Abnahme widersprochen;
...
Durch diese unwidersprochene Abnahme ist ein riesen Problem entstanden, denn dadurch kommt der Käufer in die Beweispflicht, weil der nun eine Rückgängigmachung fordert.
Verweigert man die Abnahme, dann ist der Verkäufer in der Beweispflicht, dass hier auch alles so wie vereinbart ist. Durch die Weigerung ist er dann derjenige, der etwas fordert, durchsetzen möchte.
Der Kaufvertrag = verbindliche Bestellung.
In dieser ist / war die gewünschte Ausstattung aufgeführt weiterhin war für die gewünschte Ausstattung auch der dazugehörige Preis angegeben.
Gesammtkaufpreis.
Bei der Übergabe wurde lediglich eine Rechnung erstellt = kein Kaufvertrag
Die besagte Rechnungssumme war identisch mit der Bestellsumme.
Somit wurde das bestellte Auto nicht mit dem vereinbarten Zubehör / Ausstattung ausgeliefert.
Paragraph 434(3) BGB
((3) Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache oder eine zu geringe Menge liefert.)
Somit wurde eine andere Sache ( hier falsche Ausstattung) geliefert.
Der Tatbestand einer " anderen Sache" ist somit gem. 434(3) 2 Halbsatz erfüllt.
Demnach handelt es sich um einen gleichgestellten Sachmangel.
Folglich Sachmangel.
Ja, gut.
So,
Heute habe ich von meinem Rechtsbeistand einen Verrechnungsscheck vom Autohaus bekommen über die volle Höhe des Sachmangels.
MfG
Manni
@ zufriedener : danke für Anregungen
und den Ansporn es durchzusetzen!