2. Juli 2012
Wien (Österreich), 2. Juli 2012 - Nach oben: Das ist derzeit die Tendenz bei Dacia. Dazu passend kommt gegen Ende des Jahres 2012 die mittlerweile fünfte Baureihe der Preisbrecher-Marke zu uns: der Hochdachkombi Dokker. Wir haben ihn bereits unter die Lupe genommen.
Liebesgrüße vom Lodgy
Schon bei der ersten Begegnung fällt dem Dacia-Kenner die Ähnlichkeit des Dokker zum noch ganz frischen Lodgy auf. Praktisch bis zur B-Säule entspricht der Dokker seinem Van-Verwandten. Das ist kein Zufall, wie der Blick in die technischen Daten verrät: Sowohl der Radstand von 2,81 Meter als auch die Breite von 1,75 Meter stimmen überein. Unterschiede gibt es in der Länge, hier unterbietet der Dokker mit 4,36 Meter den Lodgy um 14 Zentimeter, in der Höhe gibt es hingegen ein Plus um zehn Zentimeter auf 1,81 Meter. Doch erst einmal genug der Zahlen. Fakt ist: Die enge Beziehung beider Dacia-Modelle hilft bei der Kostensenkung, zumal beide in Marokko gebaut werden.
Geschickt gespart
Im Innenraum der Dokker-Raumpatrouille geht es mit der Verwandtschaft weiter: Commander Vati nimmt auf einem straff gepolsterten Sitz mit etwas zu kurzer Beinauflage Platz und erfreut sich an dem großzügigen Platzangebot für Kopf und Ellenbogen. Dabei schweift sein Blick über das vom Lodgy bekannte neue Dacia-Cockpit. Hier kommen zwar harte Kunststoffe zum Einsatz, doch durch ihre Narbung und Zweifarbigkeit kann sich der Arbeitsplatz durchaus sehen lassen. Von nackter Armut wie bei frühen Modellen der Marke ist keine Spur mehr zu sehen. Ganz im Gegenteil: Für einen fairen Aufpreis von 430 Euro wandert ein exzellent zu bedienendes Multimediasystem samt Navi und USB-Anschluss in die Mittelkonsole. Leider sind der Bildschirm und die Lüftungsregler etwas zu tief angeordnet. Ein anderes Detail zeigt, wie kostenoptimiert Dacia denkt: Ob hochtouriger Benziner oder niedrigdrehender Diesel, der Drehzahlmesser reicht immer ohne roten Bereich bis zu 7.000 Touren. Gleiche Instrumente in möglichst vielen Autos, das spart. Über kurz oder lang wird man das neue Cockpit daher auch in bestehenden Modellen wie dem Duster wiederfinden.
Platz für fünf
Zurück zu den praktischen Talenten des Dokker: Ablagen im Dach und auf dem Armaturenbrett bieten Platz für so manches Spielzeug. Für Commander Vatis minderjährige Besatzung steht eine Rücksitzbank mit drei Isofix-Befestigungen bereit. Geentert wird das Ganze über zwei Schiebetüren, die ihr nacktes Blech im Innenraum nicht verbergen. Prima: Kindersicherungen schützen vor unliebsamen Spontanöffnungen. Auch Erwachsene sitzen in Reihe zwei kommod, wenngleich die Lehnen für groß gewachsene Menschen ein klein wenig höher sein könnten. Eine dritte Sitzreihe gibt es im Dokker übrigens weder für Geld noch für gute Worte, um dem Dacia Lodgy und dem Renault Kangoo nicht in die Quere zu kommen.
Unendliche Weiten
Für den Kofferraum gibt es nur eine Bezeichnung: gigantisch. Um die Lehnen der hinteren Sitzbank umzulegen und das gesamte Möbel nach vorne zu klappen, reichen pro Hälfte zwei Handgriffe. Wer hingegen die Bank komplett entfernen will, muss zwei Schrauben im Boden lösen. Nötig ist der Aufwand nicht, denn auch so schluckt der Dokker von der Waschmaschine bis zu üppigem Reisegepäck fast alles. Sehr gut: Die Hecktüren öffnen auf Hebelzug über einen Winkel von 90 Grad hinaus, so wird das Beladen noch einfacher. Zwischen 800 und 3.000 Liter Gepäck mit maximal 1,57 Meter Länge können über die 57 Zentimeter niedrige Ladekante hineingestopft werden. Damit liegt der Dokker weit über dem Kangoo in der Region des minimal längeren VW Caddy (918 bis 3.020 Liter). Dacia wird übrigens auch diverse Umbauten anbieten, etwa zur Beförderung von Rollstuhlfahrern.
Flott unterwegs
Viel passt also rein, doch die Fuhre muss auch vom Fleck kommen. Zu diesem Zweck wird Dacia zum Marktstart des Dokker Ende des Jahres 2012 drei Motoren anbieten: einen Saugbenziner mit 87 PS sowie zwei Diesel mit 75 und 90 PS. Anfang 2013 gesellt sich dann noch ein neuer 1,2-Liter-Turbobenziner mit 115 PS dazu. Für die ersten Testrunden standen die beiden Selbstzünder bereit. Schon mit 75 PS geht es in der Stadt und auf der Landstraße akzeptabel voran. Noch besser macht es der größere Bruder mit 90 PS. Dieses Aggregat beeindruckt mit seiner Laufruhe, erst ab rund 130 km/h wird der Mix aus Motor- und Windgeräuschen dominanter. Ebenfalls überraschend ist die gute Spreizung des Fünfgang-Schaltgetriebes, eine sechste Stufe gibt es im Dokker nicht. Aus dem Stand zieht der Wagen flott voran, von 70 auf 120 km/h beschleunigt er mühelos, ohne zur lahmen Schnecke zu mutieren. Einziger Minuspunkt: Der Schaltknüppel gleitet bisweilen etwas hakelig durch die Gassen. Etwas mehr Präzision könnte auch die Lenkung bieten, wenngleich der Dokker natürlich kein Auto für Kurvenräuber ist. Das Fahrwerk ist um Ausgleich bemüht, doch im unbeladenen Zustand mit nur einer Person an Bord wird das ruppige Abrollen der Verbundlenker-Hinterachse spürbar.
Supergünstiger Einstieg
Teure Raumfahrt? Mondpreise? Nicht bei Dacia. Auf rund 160 Kilometern über Autobahn und Landstraßen näherte sich der Verbrauch des Dokker dCi 90 mit 4,8 Liter den offiziell angegebenen 4,5 Litern. Wie gehabt ist der Preis auch dieses Mal eine Kampfansage an die Konkurrenz: 8.990 Euro wird der Basis-Dokker mit 87-PS-Benziner kosten. Allerdings gibt es dafür im Gegenzug auch nur eine FKK-Ausstattung mit kaum mehr als ESP und vier Airbags. Schon besser ist die Ambiance-Ausstattung mit einer zweiten Schiebetür, geteilt umlegbarer Rückbank, der großen Ablage über den Vordersitzen und elektrischen Fensterhebern vorne. Darüber rangiert die Version Lauréate. Sie bietet mit einem Bordcomputer, Nebelscheinwerfern oder der Dachreling nicht unbedingt mehr, aber nur hier kann das 430 Euro teure Navi als Extra geordert werden. Eine Klimaanlage ist hingegen schon für den Dokker Ambiance lieferbar.
Dokker zum Discount-Tarif
Leider liefert Dacia noch keine exakten Preisangaben zu den einzelnen Motoren und Ausstattungen. Hier hilft nur eine ungefähre Einordnung des Dokker im Verhältnis zum Lodgy. Weil der Dokker rund 1.000 Euro billiger ist, könnte die Ambiance-Version mit 90-PS-Diesel unter der Haube bei rund 12.500 Euro liegen, der Lauréate bei etwa 13.500 Euro. Unter Voraussetzung eines Pakets mit Klimaanlage und Radio für 950 Euro wie beim Lodgy und dem 430-Euro-Navisystem wären knapp 14.900 Euro für einen voll ausgestatteten Dokker zu investieren. Tipp: Wählen Sie zusätzlich die Mittelarmlehne vorne aus dem Zubehörangebot für 129 Euro. Sie passt zum gelassenen Charakter des Diesel-Dokker. Ob die Konkurrenz auch gelassen bleibt? Schon im eigenen Konzern könnte der Hochdach-Dacia zum Wilderer werden, denn der billigste Renault Kangoo startet bei 15.190 Euro. Noch deutlicher ist die Differenz zum VW Caddy, bei dem die Preisliste bei 17.332 Euro und Magerausstattung beginnt.