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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 22. Dezember 2013
Der Mercedes Sprinter 4x4 kraxelt auch da hin, wo andere die Reifen strecken. Grund ist der Allradantrieb, in dem ein bisschen G-Klasse schlummert. Obendrauf gibt es noch jede Menge Platz.

Colt Seavers, Action-Held der TV-Serie "Ein Colt für alle Fälle" aus den 80ern hätte seine wahre Freude am Mercedes-Benz Sprinter Kombi 4x4 gehabt. Warum? Der Stuntman, der nebenbei noch als Kopfgeldjäger seine Brötchen verdiente, stand auf rustikale Pick-up-Trucks, die auch vor den größten Schlammlöchern und felsigen Geröll nicht zurückschreckten. Kein Wunder bei diesem Job. Genau dieses Anforderungsprofil erfüllt der große Kastenwagen mit dem Stern auf dem Kühlergrill. Denn der Kleintransporter ist mehr als nur ein Handwerker-Transporter.

Mit dem optionalen Allradantrieb geht es überall dahin, wo sich andere zu fein sind. Die Tour ins Grobe macht mit dem 2,5 Tonnen schweren Straßendampfer Spaß. Selbst eisiges Geläuf bringt den 5,93 Meter langen Sprinter nicht aus der Ruhe. Kurven? Kein Problem. Steigungen, die manchen Fahrer eines reinen Hecktrieblers den Angstschweiß auf die Stirn treiben würden? Geschenkt! Der Allradantrieb ist aber nicht dauerhaft am Werk und wird erst bei Bedarf per Knopfdruck bei Geschwindigkeiten unter zehn km/h aktiviert. Sonst ist nur die Hinterachse im Betrieb, was die Sprit-Kasse schont. Sobald alle vier Reifen Vortrieb liefern, übernimmt die Regelelektronik, die von der ML- und der GL-Klasse stammt, das Kommando.

Die Kraftverteilung ist im Sprinter im Verhältnis von 35 Prozent (Vorderachse) zu 65 Prozent (Hinterachse) und damit hecklastig ausgelegt. Statt Differentialsperren reagiert das elektronische Traktions-System (4ETS) mit gezielten Bremseingriffen auf durchdrehende Räder. Das ist zwar nicht unbedingt dynamisch, aber das soll ein Kleintransporter ja auch nicht sein. Beim Test funktionierte das System selbst auf Schnee einwandfrei. Geht es richtig zu Sache, lässt sich eine mechanische Getriebeuntersetzung im Stand aktivieren. Da schimmert doch G-Klassen-Feeling durch. Logisch, dass die Geländegängigkeit mit diesem Zusatzgetriebe verbessert wird. Bei der Bergabfahrt hilft der ebenfalls optionale Bergabfahr-Assistent. Aber auch bei harten Jungs ist es, wie bei den Mercedes-Limousinen: Nützliche Extras kosten oft Aufpreis.

Auf dem hohen Fahrersitz fühlt man sich sofort ein bisschen wie der "unbekannte Stuntman" Colt Seavers. Die eingängige Titelmelodie zu der Serie pfeift sich da ganz von alleine. Unten wummert der 163-PS-Vierzylinder-Diesel mit dem internen Code OM 651. OM 651, da war doch was? Richtig. Das ist das Triebwerk, das mit fehlerhaften Piezo-Injektoren Schlagzeilen gemacht hat. Das ist jetzt knapp vier Jahre her. Im Sprinter verrichtet das Triebwerk während der Testfahrt zuverlässig seinen Dienst. Kraft ist dank des maximalen Drehmoments von 360 Newtonmetern, das bereits bei 1.400 Umdrehungen anliegt auch vorhanden. Dass der Kleintransporter im Durchschnitt nur 7,7 l/100 Kilometer verbrauchen soll, trägt ebenfalls zur Fahrfreude bei.

So ganz kann der Sprinter Kombi dann doch nicht aus seiner Haut. Wer handschmeichlerische unterschäumte Oberflächen und Klavierlack-Orgien im Cockpit sucht, ist bei der rustikalen Variante fehl am Platz. Hartplastik regiert. Dennoch gibt es auch solche Annehmlichkeiten wie eine Klimaautomatik, Navi-System und einen Fernlicht-Assistenten. Natürlich, Sie ahnen es schon, nicht immer serienmäßig.

Wer sich einmal durch die Preisliste, die fast schon die Ausmaße eines Kleinstadt-Telefonbuches hat, gekämpft hat, weiß, wie variabel der Sprinter ist. Vom Blaumann-Transporter bis hin zum opulent ausgestatteten Wohnmobil oder zum Großraum-Van für Schulkinder, die auf dem Berg wohnen, ist alles möglich. Allerdings ist auch dieser Mercedes-Benz kein Schnäppchen: Als Allradversion kostet der Sprinter 316 BlueTEC Kombi mit Hochdach Standard 4x4 fast 56.000 Euro. Dafür gibt es eine Menge Platz, viel Auto und echtes Colt Seavers-Feeling. Was will man eigentlich mehr?
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2013-12-22

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