Mercedes-Benz B 180 CDI - Generation B
Die neue B-Klasse soll vor allem nach dem totalen Umbau des kleineren Bruders mit dem "A" im Typenschild dafür sorgen, dass die gesetztere Kundschaft sich nicht gänzlich vom Stern verabschiedet. Insofern ist die neue B-Klasse zwar flacher, stromlinienförmiger und dynamischer geworden und auch markanter strukturiert durch die seitliche Charakterlinie, die sich vom vorderen Kotflügel bis zur Heckleuchte zieht. Aber noch immer kommt die 4,36 Meter lange und 1,56 Meter hohe B-Klasse eindeutig als Kompaktvan daher. Mit weit öffnenden Türen, viel Platz für die Passagiere und um gelegentlich auch schon mal ein Fahrrad innen zu transportieren, ohne dass man es gleich auseinanderschrauben muss.
Innen haben die Schwaben ihre Generation B deutlich aufgewertet. Die Materialien wirken hochwertiger als beim Vorgänger, das Design frischer. Die runden Lüftungsdüsen nehmen schon mal das Design der neuen A-Klasse vorweg. Das Armaturenbrett wirkt aufgeräumt - jeder Mercedes-Kunde wird sich auf Anhieb heimisch fühlen. Besonders auffällig: das frei stehende zentrale Multifunktionsdisplay, das über der Mittelkonsole thront und wohl nicht ohne Absicht an Apples iPad erinnert. Bedienen lässt es sich über den gut erreichbaren Drehknopf neben dem Gangschalthebel am Mitteltunnel. Nahezu alle Parameter fürs Auto sind hier einstellbar - und natürlich Navigation und Audiosystem. Bei eingelegtem Rückwärtsgang erscheint dort das Bild der Rückfahrkamera - groß, deutlich und in Farbe.
Platz gibt es in der komplett neu entwickelten B-Klasse geradezu üppig. Vorne sowieso, hinten mehr als in der C- oder E-Klasse. Wer hier in der zweiten Reihe sitzt, der hat keine großen Schwierigkeiten, seine Knie unterzubringen und auch lange Strecken bequem zu überstehen. Auch die Kopffreiheit geht ok. Ärgerlich dagegen: die billig wirkenden kleinen Tische an den Rückenlehnen der Vordersitze. Wer sie hochklappen will, schneidet sich schnell mal an den scharfen Plastikkanten. Dank des abgesenkten Bodens sitzt man in der neuen B-Klasse fast neun Zentimeter tiefer als in der alten. Das erleichtert den Einstieg. Der Kofferraum ist ohne Ladekante zugänglich und mit 486 Liter geräumig. Durch das Umklappen der hinteren Sitze lässt er sich auf 1545 Liter erweitern. Deutlich mehr als zum Beispiel im VW Golf Plus oder im Renault Scenic. Gegen Aufpreis gibt es eine um 14 Zentimeter verschiebbare Rückbank und einen Beifahrersitz, dessen Lehne eben klappbar ist - so findet auch langes Transportgut problemlos Platz. Dafür fehlt es vorne an Ablagen.
In der Aufpreisliste der B-Klasse finden sich seitenweise Features, die auch bei Mercedes-Benz bislang vor allem den höheren Fahrzeugklassen vorbehalten waren und mit denen sich der ohnehin nicht gerade bescheidene Grundpreis im Handumdrehen verdoppeln lässt. Das geht beim Abstandstempomaten los, über den Fernlichtassistenten weiter, die Schildererkennung per Kamera an der Windschutzscheibe bis zur Einparkautomatik. Internet Zugang und ein direkter iPod-Anschluss? Aber ja doch. Bei unangemeldetem Spurwechsel meldet sich die Elektronik durch ein Ruckeln im Lenkrad, wenn ein Fahrzeug im toten Winkel der Seitenspiegel unterwegs ist mit Lichtzeichen und - per Kaffeetassen-Symbol - wenn die Helferlein aufgrund spezieller Parameter der Meinung sind, dass der Fahrer nun mal besser eine Pause auf dem Rastplatz einlegen sollte.
Bei der elektromechanischen Servolenkung hat Mercedes es mit der Bequemlichkeit deutlich übertrieben. Einparken? Geht auch mit zwei Fingern. Schnell unterwegs sein auf der Autobahn? Nur mit ständigem Korrigieren. Erst recht bei Seitenwind. Kurz: Die Lenkung im Mercedes B ist deutlich zu leichtgängig und schwammig. Dadurch geht Präzision verloren und erst recht das Gefühl dafür, was auf der Fahrbahn gerade los ist. Immerhin macht solch eine Lenkung das Leben in der Stadt deutlich einfacher. Der krasse Gegensatz dazu: die manuelle 6-Gang-Schaltung. Sie lässt sich - völlig unüblich für einen Mercedes, bei dem das Hakeln in der Schaltung seit Jahrzehnten zur Serienausstattung gehört - präzise, knackig und auf kurzen Wegen schalten. Auch die Spreizung der Gänge passt. Dazu kommt, dass sich der B 180 CDI mit seinem Drehmoment von 250 Nm schaltfaul fahren lässt.
Der quer eingebaute Turbo-Diesel, der unter der Fronthaube des B 180 CDI arbeitet, leistet 80 kW/109 PS und ein maximales Drehmoment von 250 Nm ab niedrigen 1400 U/min. Das reicht für eine Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h und den Spurt von 0 auf 100 km/h in 10,9 Sekunden. Keine übermäßig sportlichen Werte - aber genug, um im Alltag gut mithalten zu können und schaltfaul unterwegs zu sein. Ab 160 km/h wird die Beschleunigung allerdings etwas zäh. Dennoch: Ob auf der Landstraße, an der Ampel, beim Überholen oder der Auffahrt auf die Autobahn - man fühlt sich kaum je mal wirklich untermotorisiert.
Der Diesel selbst bleibt dabei immer kultiviert und hält sich auch akustisch vornehm zurück. Im Stand kommt er zum Beispiel auf einen ungewöhnlich niedrigen Geräuschpegel von 68 dB. Bei alledem erweist sich sein Durst in dem 1,5 Tonnen schweren Mercedes als relativ bescheiden. Offiziell gibt Mercedes einen Durchschnittsverbrauch von 4,4 Liter auf 100 Kilometer an. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 114 g/km. Über die knapp 2000 Testkilometer waren es real im Schnitt jedoch eher 6,1 Liter Diesel, die durch den Motor rauschten. Trotz Start-Stopp-Automatik, die den Stadtverbrauch senkt.
Federung und Fahrwerk sind so komfortabel, wie man es von einem Mercedes erwartet. Dazu kommt dank des Verzichts auf die einstige Sandwichbauweise des Fahrzeugbodens ein niedrigerer Schwerpunkt. Durch die Kurven geht es ohne übertriebene Seitenneigung, Kipp- und Wankbewegungen halten sich bei Lastwechseln in Grenzen. Die Federung schluckt schlechte Straßen, Kopfsteinpflaster und Bodenwellen klaglos weg, bevor sie bei den Passagieren ankommen können. Billig war es noch nie, einen Stern auf der Motorhaube durch die Gegend zu chauffieren. Die neue B-Klasse macht da keine Ausnahme. Für den B 180 CDI muss man mindestens 27.578 Euro anlegen. Wer sich an einem verregneten Abend vorm Kamin durch die Aufpreisliste arbeitet, wird allerdings kein Problem haben, die 40.000-Euro-Marke zu sprengen. Locker.
Quelle: Autoplenum, 2012-03-30
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