Fiat 124 Spider im Fahrbericht: Der fahraktive 124 Spider
Der neue Fiat 124 Spider ist der beste 124 Spider, den es je gab. In der Form erkennen manche ein anderes Auto, aber Heckantrieb und Abstimmung sorgen für nie da gewesene Fahrfreude. Nur einen Nachteil offenbart der neue 124 Spider.
Was sagt Fiat?
Das ist kein Mazda MX-5 – Der „aktive Arbeitsbereich“ wurde anders abgestimmt. Das Fahrwerk. Und auch der Motor ist ein anderer. Einer von Fiat. Viel Historie schwingt im neuen 124 Spider ebenso mit. Vor 50 Jahren im Juli 1966 kam der Spider auf dem Autosalon in Turin zur Welt. Entworfen wurde der offene 2+2-Sitzer vom Pininfarina-Designer Tom Tjaarda. Die Form war sinnlich und die Technik fortschrittlich. Schon im ersten 124 Spider wurden ein Fünfganggetriebe und Scheibenbremsen rundum eingebaut. Mit 930 Kilogramm Gewicht hatte es der 90 PS starke 1,4-Liter-Twin-Cam-Motor kaum schwer. Im Jahr 1985 lief die Produktion nach 197.000 Exemplaren, 170.000 allein für die USA, aus. Dem Fiat 124 Spider folgte 1995 die Fiat Barchetta, die jedoch auf einer Frontantriebsplattform aufbaute.
Der neue Fiat Spider setzt, seinen Wurzeln historisch korrekter folgend, auf den Heckantrieb und eine wohl austarierte Gewichtsverteilung, einen niedrigen Fahrzeugschwerpunkt und eine direkt abgestimmte elektrische Servolenkung. Weit sicherer ist der Neue heute obendrein mit verstärkten A-Säulen, dem im ESP integrierten elektronischen Überschlagsschutz, den Seitenairbags und der Reifendruckkontrolle. Und edler und hochwertiger. Das Cockpit, das bis auf wenige Details dem des MX-5 gleicht, wirkt mit Soft-Touch-Oberflächen und Leder im gefahrenen 124 Spider Lusso gediegen. Zentral im Blick sitzen der Drehzahlmesser und rechts davon das Infotainment.
Was sagen die Mitfahrer?
Er ist nicht mein Beifahrer. Aber er steht mir im Weg. Ein Bauer in seinem Traktor im Dorf Presberg im Rheingau. In der Traktorschaufel fährt der gute Mann ein altes Waschbecken spazieren und versucht es, weil der graue Spider ein italienisches Nummernschild hat, auf Italienisch: „Bella macchina!“ Falsche Anrede, hier sitzt ein Germane, und der lange Teuton sitzt gut, weil der Ledersitz, bestellbar in braunem oder schwarzem Leder, gut Seitenhalt aufbietet. Übrigens sind 55 % aller Spider-Besitzer männlich und 45 % weiblich. Sagt Fiat. Bei den Beifahrern, gut für die Frauenquote, ist es dann also ungefähr anders herum – oder so.
Was sagt der Autotester?
Ein Hebel und ein Ton reichen für ein Dejavu. Der bassige Leerlauf des neuen 124 Spider erinnert, wenn man direkt hinter dem Doppelauspuff des Spider Lusso steht, an den alten und ein wie früher aussehendes dünnes Metallhebelchen zur Sitzverstellung auch irgendwie. Vorne arbeitet ein Antrieb, der historisch korrekt im Motorraum vierzylindert. Wie das alte 1,4-Liter-Twin-Cam-Aggregat des 1966er Fiat Spider verfügt der Vierzylinderturbo über 1,4 Liter Hubraum. Das wars dann aber schon mit Ähnlichkeiten. Den Unterschied machen der Turbokick, das Ansprechen, die hohe Elastizität, der Gang mehr … eigentlich fast alles. Bei 2.250 Umdrehungen packen 240 Newtonmeter die hinteren Gummis. Der Motor steht auf Drehen. Bei 5.000 U/min hat er seine 140 PS zusammen und rotiert willig hoch bis 7.000. Die Sechsgang-Schaltung, die besser zum Spider passt als die erst im Herbst lieferbare Sechsstufen-Wandlerautomatik, tut´s knackig: griffiger Knauf, kurzer Hebel, kurze Wege. So unmittelbar, wendig und handlich wie der 124 Spider heute ist, war der alte nie. Die Lenkung ist direkt, präzise, verbindlich und völlig frei von Antriebseinflüssen. Die lange Schnauze giert nach dem Kurveneingang. Aus dem Kurvenausgang kickt der Zweisitzer, dessen Heck sich zum Mitlenken motivieren lässt, wunderbar heraus. Und hinein, und heraus und hinein … War der alte Fiat 124 Spider eher ein Gleiter, ist der neue eher ein Performer. In 7,5 Sekunden steht die 100 auf dem Tacho. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 217 km/h erreicht. Ähnlich flott geht es mit dem Dach.
Besser als ertrinken
Was ein mechanisches Verdeck für Vorteile gegenüber einem elektrischen bietet? In einem Opel Cascada wäre ich bei einem Wolkenbruch fast mal ertrunken. Wenn der da oben die Schleusen voll aufreißt, können 15 bis 20 Sekunden, die ein elektrisches Verdeck so durchschnittlich zum Schließen braucht, verdammt lang sein. Im Spider dauert es fünf Sekunden, ach was, bei etwas Gelenkigkeit noch kürzer, denn das Hochziehen des Verdecks wird aktiv von einem in die Verdeckmechanik integrierten Federmechanismus unterstützt: Hebel hinter der rechten Schulter kurz ziehen, Verdeck ausklinken und mit dem rechten Arm nach vorne ziehen, … zwei Sekunden? Zudem ist die Kapuze mit der Isoliermatte und dem Innenhimmel deutlich besser schallisoliert als je zuvor.
Warum gerade den?
Er fährt sich geil, er sieht gut aus, er ist schön offen. Und er ist so sportlich wie es, sagen wir es doch mal ohne Verklärung und ehrlich, ein Fiat 124 Spider im Serientrimm noch nie war. Und er ist besser ausgestattet, als es ein 124 Spider je sein durfte. Zwei Varianten und vier Ausstattungspakete stehen zur Wahl. Schon im Spider für 23.990 Euro sind die Klimaanlage, das Lederlenkrad, der Tempomat, die elektrischen Außenspiegel, das AM/FM-Radio, der MP3-Player, der USB-Anschluss, der AUX-Eingang und sechs Lautsprecher mit an Bord. Der 124 Lusso rollt für 26.490 Euro auf 17-Zoll- statt 16-Zoll-Rädern und hat Ledersitze, eine Klimaautomatik und Nebelleuchten mit dabei. Hier ist der Windschutzscheibenrahmen nicht in Schwarz, sondern in Silbern lackiert und der Lusso endet zudem mit zwei verchromten Auspuffendrohren. Und die vier Ausstattungspakete? Im Radiopaket gehören für 1.000 Euro der 7-Zoll-Touchscreen, ein weiterer USB-Port, Bluetooth und das Digitalradio (DAB) mit dazu, im Premiumpaket für die gleiche Summe die 3D-Navi, die Rückfahrkamera und der schlüssellose Zugang und zum Sichtpaket für 1.500 Euro die LED-Scheinwerfer, das LED-Tagfahrlicht, die automatische Leuchtweitenregelung, das Kurvenlicht sowie der Licht- und Regensensor. Das vierte Paket ist, obwohl es so in der Preisliste steht, eigentlich gar kein Paket, sondern das 700 Euro teure Bose Soundsystem mit zwei zusätzlichen Lautsprechern in den Kopfstützen und einem Subwoofer. Acht Farben stehen zur Wahl: Rot, Weiß, Blau, Schwarz, Bronze, zwei Graus und der Dreischichtlack „Ghiaccio Bianco“. Nur eine Farbe kostet nichts extra: Weiß.
Und der Nachteil?
Nein, es ist nicht der Kofferraum, von dem man realistisch in einem 4,05 Meter langen Zweisitzer nicht mehr als 140 Liter Volumen erwarten darf, sondern das Warten auf den Spider: „Noch in diesem Sommer“, so Fiat, kann man vielleicht in einem neuen 124 Spider Platz nehmen, wenn man bei der Ausstattung und den Farben flexibel ist. Ist man es nicht, wartet man, weil zur Zeit nur zwei Schiffsladungen pro Monat aus Japan nach Europa kommen: „sechs Monate“. (Lothar Erfert)
Quelle: automobilmagazin, 2016-07-26
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