17. September 2012
Florenz (Italien), 17. September 2012 - Schon beim ersten Blick auf dieses Auto wird offensichtlich: Der Mercedes CLS Shooting Brake ist etwas Besonderes. Die Erscheinung: außergewöhnlich. Das Design: elegant. Und das Fahrzeugkonzept: aktuell einzigartig. Dabei ist die Idee, ein Coupé und einen Kombi miteinander zu kreuzen, nicht neu. Der Volvo P1800 ES ("Schneewittchensarg") und der Reliant Scimitar GTE haben es in den 1960er- und 1970er-Jahren vorgemacht. Noch heute haben diese exotischen Fahrzeuge eine treue Fangemeinde. Lang hat es gedauert, bis sich ein Hersteller - sieht man von einigen Studien ab - mal wieder an einen Shooting Brake gewagt hat.
Zwei Studien als Vorläufer
Die Idee eines Shooting Brake reifte bei Mercedes über Jahre und zu Beginn klammheimlich. Zunächst ohne Wissen des Vorstands hatte die Designabteilung erste Entwürfe erstellt. Nach der ersten internen Präsentation waren die Chefs begeistert und gaben grünes Licht. "Ein Traum für uns Designer", erzählt Carsten Ertelt, verantwortlich für das Aussehen des CLS Shooting Brake, voller Stolz. 2008 zeigten die Schwaben in Paris die erste Studie namens "Concept Fascination", 2010 in Peking den "Concept Shooting Brake". Das Serienmodell zwei weitere Jahre später orientiert sich weitgehend am Pekinger Konzeptmodell. Als Basis dient die zweite Generation des CLS, die seit Anfang 2011 gebaut wird. Bis zur B-Säule sind CLS und CLS Shooting Brake dann auch identisch. Das Dach und die obere Fensterlinie des Shooting Brake fallen jedoch weniger stark nach hinten ab, statt eines Stummelhecks mit scharfer Abrisskante wie beim Viertürer mündet die rundliche Karosserie des Fünftürers in einer großen Heckklappe. In der Länge legt der 1,42 Meter flache Coupé-Kombi gegenüber der Coupé-Limousine um eineinhalb Zentimeter auf knapp 4,96 Meter zu.
Gepäckraum mit Stärken und Schwächen
Das Hauptaugenmerk wurde beim Shooting Brake auf schönes Design gerichtet. Praktischer Nutzen wurde zwar nicht ignoriert, aber hintenangestellt. "Das wissen unsere Kunden auch, wenn sie sich einen CLS kaufen", betont Designer Ertelt. So machen die kleinen hinteren Fenster und die breite D-Säule den Shooting Brake nach hinten ziemlich unübersichtlich. Die serienmäßigen Parkpiepser oder noch besser die optionale Rückfahrkamera sind fürs Rangieren daher unerlässlich. Natürlich hätte man auch mehr Kofferraumvolumen herausholen können, stünde die Heckklappe steiler. Aber wem die 590 bis 1.550 Liter Stauraum nicht genügen, der muss eben zum nicht ganz so grazilen E-Klasse T-Modell (695 bis 1.950 Liter) greifen. In einen BMW 5er Touring passen übrigens auch "nur" 560 bis 1.670 Liter Gepäck, ohne dass man behaupten würde, er biete zu wenig Ladekapazität. Eher schmal fällt beim CLS Shooting Brake hingegen die Kofferraumöffnung aus. Eine niedrige Ladekante, ein elektrische Heckklappe und ein bei umgeklappten Rücklehnen ebener Ladeboden gleichen das aber aus.
Edler Holzboden im Yacht-Stil für über 5.000 Euro
Was die angepeilte Kundschaft anbetrifft, werden im CLS mit großer Klappe dann aber doch eher die gern zitierten Golf-Bags als der Einkauf aus dem schwedischen Möbelhaus transportiert werden. Dazu passt ein besonders stilvolles Extra: der Kofferraum-Boden aus amerikanischem Kirschbaumholz mit schwarzen Intarsien. Er erinnert an die Beplankungen einer Luxus-Yacht, kostet zusammen mit dem dafür notwenigen Laderaum-Management-System allerdings über 5.000 Euro. Optisch ein Highlight, ist der Nutzwert nicht ganz so groß: Vom Einkaufskorb bis zum Trolly kullern alle Gegenstände auf dem rutschigen Untergrund hin und her, und zwar deutlich mehr als das bei der mit Teppich ausgeschlagenen Serienvariante der Fall ist. Die Konsequenz sind ziemlich schnell sichtbare Gebrauchsspuren im Holz. Abhilfe schafft entweder die konsequente Nutzung des Laderaum-Management-Systems oder aber echte Handarbeit: Mercedes liefert ein spezielles Pflegeöl mit, mit dem sich kleine Kratzer problemlos herauspolieren lassen sollen.
Hinten Platz für drei statt für zwei
Im Fond des CLS Shooting Brake sitzt man trotz des nach hinten abfallenden Dachs erstaunlich gut. Aussparungen im Dachhimmel sorgen dafür, dass auch große Insassen nicht mit dem Kopf oben anstoßen. Die Beinfreiheit ist nicht exorbitant, aber ordentlich. Im Gegensatz zum herkömmlichen CLS, der hinten mit zwei Einzelsitzen ausgestattet ist, können auf der Rückbank des Shooting Brake bis zu drei Passagiere Platz nehmen. Vorne sitzt man so bequem und komfortabel, wie man das von einem Mercedes erwartet. Den hohen Erwartungen gerecht wird auch die Gestaltung des Interieurs: Türauflagen und Armaturenbrett sind beledert, hölzerne Zierleisten sowie der dezente Einsatz von Chrom-Elementen schaffen eine entspannte, luxuriöse Wohlfühl-Atmosphäre.
Vier-, Sechs- und Achtzylinder mit 204 bis 525 PS
Die Antriebspalette übernimmt der Shooting Brake vom viertürigen CLS. Zur Wahl stehen Diesel mit 204 und 265 PS sowie ein V6-Benziner mit 306 PS, ein V8-Otto mit 408 PS sowie die Sportversion CLS 63 AMG mit 525 PS starkem 5,5-Liter-Biturbo. Hierzulande dürften viele Kunden zum CLS 350 CDI greifen - und das durchaus zurecht. Der Dreiliter-Selbstzünder säuselt laufruhig und kaum wahrnehmbar vor sich hin. 265 PS und 620 Newtonmeter Drehmoment sorgen für kräftigen Durchzug. An nötigen Kraft- und Leistungsreserven mangelt es nie. Die serienmäßige Siebengang-Automatik schaltet samtweich, nur bei raschen Lastwechseln gönnt sich der Wandlerautomat hin und wieder eine Gedenksekunde. So angetrieben absolviert der Coupé-Kombi den Spurt von null auf Tempo 100 in zügigen 6,6 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 250 km/h begrenzt. Als Normverbrauch gibt Mercedes für den immerhin 1,9 Tonnen schweren CLS 350 CDI Shooting Brake mit lediglich 6,0 Liter an, das entspricht einem CO2-Ausstoß von 159 Gramm je Kilometer.
Durchaus sportlich unterwegs
Das Fahrwerk ist auch beim CLS Shooting Brake eher sportlich ausgelegt. Das Auto mit serienmäßiger Luftfederung an der Hinterachse federt härter als bei Mercedes üblicherweise gewohnt, man gleitet nicht ganz so komfortabel hin wie in anderen Modellen mit dem Stern auf dem Kühlergrill. Das straffe Setup steht dem Shooting Brake dennoch nicht schlecht zu Gesicht. Die kurvigen Straßen in der Toskana absolvierte das Auto während unserer Testfahrten äußerst souverän und selbst bei hohem Tempo fast wie an der Schnur gezogen. Auch die elektromechanische Lenkung ist mit einem Schuss Sportlichkeit versehen. Sie arbeitet für einen Mercedes etwas schwergängig, dafür auch direkter und vermittelt guten Kontakt zur Fahrbahn.
Nicht einmal 2.000 Euro teurer als der Viertürer
Der Aufpreis vom CLS zum CLS Shooting Brake beträgt 1.904 Euro. Die Einstiegsvariante kostet mindestens 61.761 Euro. Dafür gibt es den CLS 250 CDI mit nicht opulenter, aber immerhin ordentlicher Serienausstattung. Immer mit dabei sind unter anderem Bi-Xenon-Scheinwerfer, ein Müdigkeitswarner, eine elektrische Heckklappe und 17-Zoll-Leichtmetallräder. Gegen Aufpreis können Voll-LED-Scheinwerfer, Vordersitze mit Massagefunktion und einige Sicherheitssysteme geordert werden - darunter ein aktiver Spurhalte- und Totwinkel-Assistent, ein Notbremsassistent sowie ein Abstandstempomat. Ebenfalls dem Shooting Brake vorbehalten ist die optionale Anhängerkupplung.