Lotus Evora S im Test: Die Gier nach Gas
Diffusor und Reifen: Größer Äußerlich unterscheidet sich der starke S von seinem 280-PS-Bruder durch schwarz lackierte Außenspiegel und einen besonders fetten Diffusor. Dieser riecht zwar ein bisschen nach Aftermarkt-Tuning, kann aber den ansonsten schick-sportlichen Auftritt des Evora nicht schmälern. Für eine ausgefüllte Seitenansicht stehen beim S neben der Serienmischbereifung (18 Zoll vorne, 19 Zoll hinten) auch größere Räder (19 Zoll vorne, 20 Zoll hinten) zur Verfügung. In der Tat sehen die Walzen wirklich gut aus, laut Lotus erhöhen sie auch den Grip des Fahrzeugs. Allerdings sind die Pneus auch für deutlich hörbare Abrollgeräusche gut. Auf jeden Fall ist jetzt Fans die Angst genommen, mit nicht von Lotus abgestimmten großen Rädern die feinen Fahreigenschaften ihres britischen Wagens zu versauen.
Knapp geschnitten In den Evora S gelangen wir über eine breite Lederschwelle. Der Einstieg geht leichter vonstatten als in eine geschlossene Elise, aber man braucht immer noch ein bisschen Gelenkigkeit und Geschick. Sitzt man erstmal im Wagen, gibt das dünne Sportgestühl guten Seitenhalt für Rücken und Beine, wie wir beim Rasen auf dem Circuito Monteblanco feststellen. Aber auch auf langen Überlandstrecken geht der Komfort vollkommen in Ordnung. Wichtig: Der Evora ist ein Zweisitzer. Die 2+2-Konfiguration kostet gut 3.500 Euro Aufpreis. Und es gibt keinen Grund, dieses Geld anzulegen: Der Knieraum liegt im Fond bei null und zur zweiten Reihe zu gelangen erfordert eine gute Portion Akrobatik. Ohne die Sitze hinten gibt es dort noch mehr Platz für zusätzliches Gepäck - schließlich kann man im Kofferraum nur 160 Liter mit einem Maximalgewicht von 50 Kilogramm unterbringen.
Weit vorne Der Evora kommt im Mittelmotor-Layout daher. Das heißt, sein Motor liegt vor der Hinterachse und die Fahrgastzelle rückt zwangsläufig in Richtung Vorderachse. Aus diesem Grunde ist der Fußraum vorne äußerst beengt, da sich dort bereits die Radhäuser breit machen. Der Fahrer kann seinen linken Fuß eigentlich nur vor und nicht neben den Pedalen abstellen. Die beengten Platzverhältnisse schreien geradezu nach einer Automatik-Version, die mit dem Evora IPS dann auch ab Anfang 2011 zur Verfügung stehen wird. Die Oberflächen in der Kabine bestehen aus Leder und Aluminium. Alles wirkt recht gut verarbeitet, wobei die Nähte nicht an die Laser-Genauigkeit deutscher Hersteller herankommen, was aber dem Briten nur Charme verleiht.
Frage der Ergonomie Ein paar Bedienknöpfe, wie die für die jetzt für alle Evora-Modelle verfügbare Sitzheizung, verstecken sich unergonomisch hinter dem Lenkrad - hier muss der Fahrer ein bisschen üben. Und das Alpine-Navi wird zwar im S-Modell in einer neuen Version verbaut, ist in seiner Bedienung aber teilweise immer noch unergründlich. Wegen des Schießscharten-Fensters im Heck empfehlen wir dringend die 590 Euro teure Rückfahrkamera. Diese gibt es aber nur in Kombination mit dem Tech-Paket (unter anderem mit Tempomat und Einpark-Sensoren) für nochmals knapp 3.500 Euro.
Asphalt-Kleber mit Serien-ESP Fahrwerke gehören zu den Stärken von Lotus - und das Fahrwerk des Evora S passt. Wanken in Kurven gibt es nicht, der Wagen mit dem steifen Aluminium-Chassis scheint am Asphalt zu kleben, versprüht eine aufmunternde Agilität. Die leicht heckbetonte Gewichtsverteilung von 39 zu 61 Prozent hilft zusätzlich. Diese Balance ist mit der eines Porsche 911 vergleichbar. Mit dem Evora S hält bei Lotus eine kleine Sensation Einzug: ESP wird ab Januar 2011 für alle Lotus-Modelle, also auch für die Elise, serienmäßig zur Verfügung stehen. Bei Bedarf greift das ESP ein, was Puristen per Zweisekunden-Knopfdruck komplett deaktivieren können.
Ganz fein Steuern In Sachen Lenkung sind die Evora-Modelle die ersten Lotus-Gewächse, die mit Servounterstützung ausgerüstet sind. Auch hier wird Puristen der Angstschweiß auf der Stirn stehen. Doch es gibt keinen Grund zur Sorge: Die Lenkung ist zwar tatsächlich erheblich leichtgängiger als bei allen anderen Lotus-Varianten, was dem Handling beim Einparken gut tut. Auf der Piste gibt sich die Steuerung sehr direkt. Der Fahrer kann den Untergrund über die Lenkung erfühlen und so mit ausgesuchter Präzision die Richtung vorgeben. Was wir auf der Rennstrecke auch noch spüren: Die rundum innen belüfteten Scheibenbremsen haben mit dem 1.437-Kilogramm-Wagen leichtes Spiel und geben dem Fahrer viel Sicherheit.
Leistung und Drehmoment rauf Der Basis-Evora wird von einem 280-PS-Toyotamotor befeuert. Im für den US-Markt bestimmten, eher biederen Toyota Camry leistet das V6-Triebwerk 272 PS. Das asiatische Aggregat mit Lotus-Motorsteuerung macht sich beim Evora in oberen Drehzahlbereichen gut, untenrum könnte es spritziger an die Arbeit gehen. Und genau das hat Lotus jetzt geschafft: Ein HTV1320-Kompressor des australischen Spezialisten Harrop setzt den japanischen 3,5-Liter-Sechszylinder unter Druck. Jetzt lauern 350 Pferde auf Lockerung der Zügel und das maximale Drehmoment steigt von 350 auf 400 Newtonmeter. Außerdem steht die Momentenspitze nun bei 4.500 U/min zur Verfügung, 200 U/min früher als beim Basismodell. Was bedeutet das auf dem harten Asphalt?
Bullert ab Wir geben Gas - und finden, der Motor hinter uns klingt ganz zivil. Schluckt der Kompressor die Geräusche? Weit gefehlt: Wer den Wagen von außen erlebt, ist begeistert. Knurrend und blubbernd dreht die Maschine hoch, wartet dringend auf das erlösende Losfahren. Der Auspuff mit aktiver Klappensteuerung ist bei der S-Version Serie. Wir lassen die Kupplung kommen, befreit spurtet der Evora S ab. In 4,8 Sekunden geht's von null auf 100 km/h - ohne "S" werden hier 5,1 Sekunden veranschlagt. Das Aggregat gibt sich aber nicht supergiftig, sondern lässt den Wagen einfach nur brachial losdonnern. 277 km/h sind drin, der normale Evora muss bei 261 km/h aufgeben. Der Unterschied hinsichtlich des Fahreindrucks ist zwischen Evora S und Evora phänomenal - 70 PS und 50 Newtonmeter Drehmoment machen hier mal wirklich viel aus. Das Performance-Plus ist mit einer Verbrauchssteigerung von 9,8 auf 10,0 Liter pro 100 Kilometer (Herstellerangabe/Serienbereifung) verbunden, was für 350 PS ein guter Wert ist.
Kurz übersetzt: Sechsgang-Handschaltung Auch das Getriebe des Evora S kommt von Toyota: Die EA60 ist eine manuelle Sechsgangschaltung, die sonst im Toyota Avensis Diesel zum Einsatz kommt. Mit dem Motor des Camry wird sie bei Toyota nicht verbunden. Also hat Lotus das Schaltwerk an das Evora-S-Triebwerk angepasst und zudem eine Variante mit verkürzter Übersetzung entwickelt. Diese noch sportlichere Version des Getriebes hilft im Evora S serienmäßig bei der Einteilung der Gänge. Präzise und über recht kurze Wege lassen sich die Stufen einlegen - das Schaltwerk passt perfekt zum Rest des dynamisch ausgelegten Antriebsstranges.
Antrieb: | Heckantrieb |
---|---|
Anzahl Gänge: | 6 |
Getriebe: | Schaltgetriebe |
Motor Bauart: | Otto-V-Motor |
Hubraum: | 3.456 |
Anzahl Ventile: | 4 |
Anzahl Zylinder: | 6 |
Leistung: | 258 kW (350 PS) bei UPM |
Drehmoment: | 400 Nm bei 4.500 UPM |
Knapp 70.000 Euro will Lotus für den Evora S haben - angesichts der Mehrleistung und der etwas besseren Grundausstattung mit aktiver Abgasanlage, Sportpaket und sportlich ausgelegtem Getriebe geht der Aufpreis in Höhe von 10.000 Euro im Vergleich zum Modell ohne "S" in Ordnung. Unser beinahe maximal ausgestatteter Testwagen schlägt mit rund 85.000 Euro zu Buche.
Quelle: auto-news, 2010-10-27
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