Hier mein Erfahrungsbericht zu dem neusten Fahrzeug im Fuhrpark. Es handelt sich dabei um einen MB Sprinter mit 120 KW, Baujahr 2009 mit weniger als tausend KM auf dem Tacho, mittellangem Radstand, als Rettungswagen ausgebaut. Dieses Fahrzeug wurde vom Land beschafft und wird unter der Bezeichung Notfall-Krankentransportwagen (N-KTW) geführt. Das zGG beträgt 3,88 Tonnen, somit ist für diese Fahrzeug der Führerscheinder Klasse C1 notwendig.
Fangen wir mal mit dem äußeren Erscheinungsbild an: Groß und mächtig steht er da, der Sprinter der neusten Generation, selbst in der mittellangen Ausführung. Kein Vergleich zum eher schmächtigen Vorgänger, der mit seinen Scheinwerfern vom Frontdesign eher eine geduckte Haltung einzunehmen schien. Die neue Front ragt selbstbewusst nach oben, der Blick aus großen, weit aufgerissenen Scheinwerfern erzeugt Respekt, auch wenn der Blick eher erschrocken wirkt. Trotz aller Evolutin beim Außendesign: ein Sprinter ist sofort auch als Sprinter wiederzuerkennen, ganz im Gegenteil beim VW-Pendant, das vom LT zum Crafter mutiert ist. Das Design wirkt sachlich nüchtern, aber praxisorientiert, kein Anzeichen von irgendeiner eigenwilligen Verspieltheit, eben ein typischer Mercedes. Die Höhe des Fahrzeugs ist sehr beeindruckend, und durch den Rettungswagenausbau sitzt auf dem Dach noch ein Blaulichtbalken, so dass schon fast eine LKW-Höhe erreicht wird, also auch schön auf die Höhenbegrenzungen bei Brücken achten. Im Vergleich zum Vorgänger wirkt Außen einfach alles einen Nummer gewachsen.
Na dann wollen wir uns mal reinsetzen. Die erste Überraschung kommt, wenn man am Türgriff zieht. Alles wirkt (trotz Plastik) sehr viel massiver und hochwertiger, wie aus dem vollen gefräst. Kein Vergleich zum Vorgänger, bei einen schon ein leicht mulimiges Gefühl beschlich, als man am labberigen Türgriff zog und die dünnwandige Tür mit blechernem Klack öffnete. Der aktuelle Sprinter wirkt da gleich viel mehr Sicherheit ausstrahlend. Naja, das zum Türenöffnen. Man erklimmt den Fahrersitz, der eindeutig höher als im Vorgänger liegt, nimmt Platz und zieht die Tür zu, die mit einem recht hochwertigen PLOPP ins Schloß fällt. Kein metallisches Scheppern wie beim Vorgänger, aber auch kein sattes Tresorgefühl-KLAPP, für das zum Beispiel die alte S-Klasse mit ihren Zapfenschlössern bekannt war. Aber wir reden hier von einem NUTZFAHRZEUG, insofern gilt die Anmutung als hochwertig. Dickes Lob dafür, Mercedes. Man sitzt also erhaben über dem Geschehen auf dem Fahrerplatz. Die serienmäßig vielfach verstellbaren Sitze fühlene sich straff und kommod an, nichts knirscht. Auf den Teilen hält man es auch längere Zeit aus, nur der Seitenhalt könnte besser sein, da hat sich Mercedes wohl eher an die rasch rein und raus hetzenden Kurierfahrer gewendet, da so der Verschleiss an den Sitzwangen minimiert wird. Leider sind die Sitze nicht mit Kunstleder bezogen, das wäre pflegeleichter. Man blickt zuerst intuitiv auf die Tachoeinheit. Aha, Mercedes hat dazugelernt, Kein Halbkreis mehr für die Geschwindigkeit, sondern endlich wieder zwei Rundinstrumente für Drehzahl und Geschwindigkeit, viel besser und übersichtlicher als im Vorgänger. Zwischen den beiden Instrumenten sitzt ein Digitaldisplay, über das man diverse Informationen abrufen kann, serienmäßig werden da nur die Kilometer, Uhrzeit und derTankinhalt angezeigt, leider keine Kühlmitteltemperatur, die aber viel besser wäre. Leider gibt es dafür auch nur recht ungenaue Balkendiagramme, eine bisschen Verspieltheit musste dann wohl doch sein. Wir friemeln wieder den Zündschlüssel (leider wieder eine Mercedes-Unart, wieder auf diesen Multifunktions-Öffnungs-Start-Dingens-Stummel zu setzen, ein ganz normaler Schlüssel zum einklappen wäre viel besser) in die dafür vorgesehene Öffnung, die früher als Zündschloss bekannt war, mit einem deutlichen Summer wird der Schlüssel arretiert. Wehe, wenn da mal was dran kaputt ist, dann geht nur noch abschleppen, denn ein alternatives Zündschloss, das für einen normalen Schlüssel ausgelegt ist, gibt es leider nicht. So, wir blicken uns im Fahrzeug vom Fahrerplatz aus um: zur Linken sehen wir die nach unten abfallende Ellenbogenaufnahme mit den elektrischen Fensterhebern und elektrisch verstellbaren Spiegeln (großes Lob an das Land, da wurde geklotzt und nicht gekleckert, die haben sich endlich mal Gedanken gemacht) und durch die Fenster mit dem allseits vorhandenen, leicht störenden Trennsteg zwischen den Fenstern sehen wir draußen die großen Außenspiegel mit den integrierten Blinkern und Weitwinkelfeld. Die Spiegel sind schön groß und man hat eine sehr gute Sicht, zum Glück sind sie auch recht nahe am Fahrzeug montiert, also weniger Abrissgefährdet. Trotzdem wird es wohl nicht billig, wenn so ein Teil mal abreißt. Auch hier ist bei der Größe zum Glück ein Fortschritt gegenüber dem Vorgänger gemacht worden. Der Blick schweift weiter richtung Fahrzeugmitte. Am Armaturenbrett fallen besonders die vielen sinnvollen und tiefen Ablagen auf, ebenso die über dem Kopf. Da kann man echt was unterbringen, ebenso im Staufach der Türen. Das recht hochwertig anmutende Lenkrad vor einem erinnert sehr an den Vito, ist mit Airbag ausgestattet, aber serienmäßig leider nicht höhenverstellbar und genau das ist allerdings sehr wichtig und schafft noch mehr Ergonomie. Was besonders auffällt: das Lenkrad steht steil wie in einem PKW, kein Vergleich zum Vorgänger, wo das Lenkrad in billiger Plastikoptik so flach wie ein Suppenteller stand. In der Mitte fällt besonders die massive Mittelkonsole auf, in der sich die Schaltereinheiten für Blaulicht, Umfeldbeleuchtung, usw. befinden (normalerweise ist dort der Schacht für das Radio, bzw. Navi). Natürlich ist auch der sehr ergonomisch geformte Schalthebel des Sechsganggetriebes da angeordent. Ebenfalls dort untergebracht sind die Regler für die Lüftung (klar, Klimaanlage war nicht vom Land vorgesehen) und eine Klemme für Papiere. Besonders auffällig sind die Drehregler für die Lüfterstärke, sie erinnern an den seeligen W124, sind aber leider ungenau zu bedienen. Rechts auf der Beifahrerseite gibt es nicht viel Neues zu sehen, noch ein großes Ablagefach und der ebenfalls höhenverstellbare Beifahrersitz mit dem Beifahrerairbag davor. Zwischen den Sitzen wurde noch eine Ablagebox nachgerüstet und hinter den Sitzen stecken die ganzen Steuergeräte für die Aufbautechnik. Positiv ist zu vermerken, dass die Ablagebox für den Erste-Hilfe-Kasten in die Beifahrertür gewandert ist und sich nicht mehr im Beifahrerfußraum befindet. Die Trennwand hinter den Sitzen läßt subjektiv mehr Platz als im Vorgänger, das liegt aber auch daran, weil der Sprinter ja in alle Richtungen gewachsen ist.
Insgesamt genießt man also doch recht viel Platz bei einer guten Ergonomie, um sich entfalten und alles unterbringen zu können. Viel besser als im Vorgänger und auch im Vergleich zu anderen Klassenfahrzeugen anderer Hersteller. Ein höhenverstellbares Lenkrad sollte aber definitiv zur Serienausstattung gehören, bzw. unbedingt bei der Anschaffung geordert werden. Auch eine Klimaanlage ist sicher gut angelegtes Geld.
Kommen wir zur Übersicht: Man sitzt wie gesagt erhaben über dem Verkehrsgeschehen, fühlt sich durch die massivere Bauart viel besser im Falle eines Unfalls geschützt, als es beim dünnwandigen Vorgänger der Fall war, wo man nicht sehr viel Haube vor sich hatte. Die Übersicht ist entsprechend gut, aber leider entzieht sich wieder die Front und in den Spiegeln das Ende des weit entfernten Hecks einer direkten Ansicht, was wieder Einparken mit gutem Fahrzeuggefühl erfordert, um auch enge Lücken ausnutzen zu können. Naja, aber keines der Fahrzeuge dieser Klasse ist ein Muster an Übersichtlichkeit, insofern ist der Sprinter da in guter Gesellschaft.
So, genug geschaut, ran ans Fahren. Man dreht den Zündschlüssel, typscih Mercedes leuchten Zehntausend Warnlampen auf, man dreht weiter under Motor erwacht zum Leben. Aber er hat nichts von Nutzfahrzeug: kein nervöses Vibrieren, keine Rumlärmerei. In der Fahrerkabine ist es sehr ruhig, der Motor säuselt ruhig vor sich hin, sehr komfortabel. Von der Ruhe kann es der Sprinter mit normalen PKW aufnehmen, sehr lobenswert.
So, der Motor läuft, Erster Gang über den leicht synthetisch wirkenden Schalthebel eingelegt, Kupplung bei fast Standgas kommen gelassen (endlich mit klar fühlbarem Schleifpunkt, nicht so furchtbar teigig wie beim Vorgänger), die Fuhre rollt. Oha, gleich zum nächsten Gang hochangeln, wieder flutscht der Schalthebel mit synthetischem Gefühl in die nächste Stufe (wenn man sich mal vorstellt, was für eine Dimension Getriebe das bewegt wird, geht das Schalten sehr leicht von der Hand). Und kurz darauf wieder in den nächsten Gang. Schnell stellt sich heraus: bei dem Sechsganggetriebe ist sehr viel Schaltarbeit vonnöten, um den Motor bei Laune zu halten. Zwar zieht er auch aus dem Keller sehr gut, aber um die Kraft richtig auszunutzen, muss man fleißig im Getriebe rühren. Außerdem ist der nutzbare Drehzahlbereich, bis es in den roten Bereich geht, doch sehr schmal. Leider gibt es im Drehzahlmesser keinen "Economy-Bereich", um immer die optimale Drehzahl parat zu haben, das würde Kraftstoff sparen. Naja, im vierten Gang kann man innerorts gepflegt dahinrollen, man genießt wieder die gute Übersicht, der Motor säuselt kaum wahrnehmbar vorne im Maschinenraum, hier ist besonders der Fortschritt zu merken, den man auch nicht mehr missen möchte. Dann gehts rauf auf die Landstraße: Fuß aufs Gas, der Motor zieht schön gleichmäßig und ohne penetrantes Turbopfeifen ruhig mit der Drehzahl nach oben...KLACK, der nächste Gang und wieder schön gleichmäßig Geschwindigkeit aufnehmen, bis man im sechsten Gang angelangt ist. Beim Schalten sollte man aber mit ein wenig Vorsicht zu Werke gehen,da hier doch ein mächtiges Getriebe bewegt werden will und man entsprechend nicht wie bei einem Sportwagen die Gänge durchreißen sollte. Hier ist eben etwas Gefühl gefordert, besonders, wenn das Getriebeöl noch kalt ist, dann merkt man doch beim Schalten ein sehr sehr deutliche metallisches KLACK, das aber leiser wird, je wärmer das Getriebeöl wird. Da das Fahrzeug auch noch fast neu ist, wird sich diese Eigenschaft auch bald abmildern.
Da die Rettungswagen keine Geschwindigkeitbegrenzung auf 80 haben, geht es auch munter weiter mit der Geschwindigkeit. Bei Tempo hundert läßt man es bewenden, auch wenn der Motor noch viel mehr könnte.
Der Sprinter liegt mit seinem Fahrwerk narrensicher auf der Staße und vermittelt wieder viel Fahrsicherheit, nur bei Seitenwind spürt man die enorme Angriffsfläche und man nimmt doch den Fuß vom Gas, weil sich das Fahrzeug dann doch merklich bei der Richtungswahl beeinflußen läßt. Die Physik läßt sich eben auch nicht bei so einem Fahrzeug wegzaubern. Beim Überfahren von Schlaglöchern poltert nichts, die Hinterachse teilt keine Schläge aus, alles wirkt gekonnt und komfortabel abgestimmt und solide verarbeitet. Allerdings ist das Fahrzeug ja fast neu, als darf auch noch nichts klappern. Hier erwies sich der Vorgänger als weniger solide, er tat kräftig kund, das man ein Nutzfahrzeug bewegt.
Der Motor macht bei dieser Geschwindigkeit kaum Lärm, nur der Wind pfeift penetrant ums Gehäuse, was aber auch an den Anbauten liegt. Der Motor hat ein gutes Leistungsvermögen (das Fahrzeug wiegt immerhin leer 3205 KG!!!!) mit gutem Durchzug, aber so überschäumend wie es beim Vorgänger der Fall ist, ist das Leistungsvermögen der 120 KW natürlich nicht. Zwar sind 163 PS erstmal eine gewaltige Ansage, aber mit dem Gewicht ist doch etwas von dem erwarteten Temperament auf der Strecke geblieben. Aber für eine Fahrzeug dieser Gewichtsklasse ist die Leistung absolut ausreichend und man bekommt nie das Gefühl untermotorisiert zu sein. Dafür gestaltet sich das Fahren viel unaufgeregter, Geschwindigkeit wird nicht so mit der Geräuschkulisse wie im Vorgänger zelebriert, dadurch entsteht mehr subjektive Ruhe beim Fahren, was wohl im stressigen Transportgewerbe besser für die Nerven ist als ein technikbegeistertes Mitfiebern beim beschleunigen.
Die Lenkung ist leichtgängig und zielgenau, vermittelt auch viel Fahrbahnkontakt, so muss das sein. Trotzdem läßt sich die Fahrzeuggröße besonders beim Rangieren nicht wegzaubern. Kurven werden zielsicher umrundet, aber durch den hohen Schwerpunkt neigt sich das Fahrzeug doch sehr merklich, aber nie bedrohlich. Und für den Fall der Fälle, dass man es doch mal übertreibt, gibt es ja noch die diversen elektronischen Helferlein, das vermittelt natürlich noch ein bisschen mehr Sicherheit, sollte aber nicht zum Rasen verleiten. Die Bremsen sind ebenfalls top und auf hohe Zuladung ausgelegt, da gab es aber noch nie Sorgen. Die Quittung für das hohe Gewicht und den Leistungsfähigen Motor bekommt man dafür an der Tankstelle, hier muss man mit 12 Litern rechnen, das wird aber weniger werden, sobald der Motor eingefahren ist. Natürlich wird das Fahrzeug eher weniger auf Langstrecken bewegt, das treibt auch den Verbrauch in die Höhe.
Kommen wir zur Qualität: Wie schon erwähnt, wirkt der Sprinter um Welten besser als der Vorgänger, aber das erste Zipperlein gab es schon: eine falsch montierte Verkleidung bekam Kontakt mit dem Auspuffkrümmer, schmolz dahin und sorgte für Rauchbildung und furchtbaren Gestank, sowas sollte bei einem Fahrzeug dieser Preisklasse eigentlich nicht passieren. Richtig Ärger gab es aber schon mit dem Hubtisch im Aufbau. Ein Steuergerät dieses Tisches war nämlich schon nach einem Monat des Betriebes defekt, aber wir warten schon seit mitlerweile DREI MONATEN auf das Ersatzteil. Und das für ein fast nagelneues Fahrzeug, das noch nicht mal ein Jahr alt ist. Hier hat der Aufbauhersteller DRINGEND Nachholbedarf, sowas darf einfach nicht passieren. Aber das kann man Mercedes nicht negativ ankreiden, sondern nur dem Aufbauhersteller mit desolatem Kundenservice (Übrigens handelt es sich bei dem Aufbauherstller nicht um irgendein Billigmist, sondern um eine sehr renomierte Marke aus hiesigen Landen).
Jedenfalls werde ich weiter über die Zuverlässigkeit berichten, wenn man den Erfahrungen von anderen Fahrern vertrauen kann, wird uns da noch viel Ärger ins Haus stehen.
Fazit: Im Vergleich zum Vorgänger ist mit dem neuen Sprinter ein riesiger Quantensprung gemacht worden, somit ist er dem Vorgänger in nahezu allen Punkten weit überlegen. Hier merkt man sehr besonders den Fortschritt und es ist schon beeindruckend, was technisch möglich ist und wie bequem und sicher das Fahren mit so einem großen Fahrzeug sein kann. Vom Komfort her ist er auf einem Niveau mit PKW. Klar ist der Sprinter wieder eine sehr hochpreisige Angelegenheit, aber das war bei Mercedes schon immer so. wenn sich der Sprinter im Punkto Haltbarkeit und Spritverbrauch ebenfalls als solide erweist, ist er allen anderen Mitbewerbern und besonders dem Vorgänger vorzuziehen.