Erfahrungsbericht Opel Campo 2.5 TD (76 PS) von Anonymous, November 2010
Warum sollte man in Deutschland einen Pick Up fahren - noch dazu einen Opel Campo mit "überwältigenden" 76 PS?
Theoretische Gründe die dagegen sprechen gibt es genügend. Angefangen von der kleinen Fahrerkabine, weiter über die offene Ladefläche bis hin zur fehlenden Sicherheitsausstatttung und nicht zuletzt der erschreckend niedrigen Motorleistung für ein Fahrzeug mit 2600 kg zulässigem Gesamtgewicht.
Nun ja, grau ist alle Theorie. Der Campo entzieht sich dieser Betrachtungsweise.
•• Karosserie ••
Der Campo als 1,5-Kabiner bietet Platz für zwei Personen und jede Menge Gepäck. Die Ladefläche ist über 1,80 Meter lang und man darf fast eine Tonne zuladen. Reicht der Platz einmal nicht aus, kann die Heckklappe waagerecht arretiert werden - dann ist die Ladefläche über zwei Meter lang. Etwas gering ist die zulässige Anhängelast - sie beträgt lediglich 1.400 kg.
•• Innenraum ••
Einsteigen und wohlfühlen heißt die Devise. Auf den Vordersitzen finden auch Menschen über 1,90 Meter ausreichend Platz und das ganz ohne höhenverstellbares Lenkrad oder höhenverstellbare Sitze. Die Ergonomie ist logisch, jeder Schalter da, wo er sein soll.
(Anmerkung: Erst ab Modelljahr 1997 hat sich Opel von den weit verstreuten Schaltern rund um die Armaturen verabschiedet) Das relativ große Lenkrad ist nicht nach jedermanns Geschmack, da es sehr dünn ausfällt und nur zwei Speichen besitz. Jedoch kann hier Abhilfe geschaffen werden, da fast alle Frontera-Lenkräder passen.
Die "Rücksitze" - zwei kleine Stoffpolster - im Sportscab dürfen nicht als solche benutzt werden, da die Sicherheitsgute fehlen. Platz für einen durchschnittlichen Erwachsenen wäre da eh nicht.
•• Motor ••
Ein Dreh am Zündschlüssel und nach kurzer Vorglühzeit und ein wenig Gas springt der 2.5 Liter Turbo-Diesel an - bei jeder Temperatur, auch bei -25° C. Der Motor macht aus seinem Arbeitsgeräusch kein Geheimnis - er ist in allen Geschwindigkeitsbereichen akustisch präsent. Über 3.000 U/min wird er wirklich laut. Nominell verfügt er über 76 PS und 160 Nm Drehmoment, was nicht viel klingt, jedoch durch eine gelungene Gesamtübersetzung mehr als wett gemacht wird.
Wer glaubt, mit dem Turbolader mehr Leistung zu haben als der ebenfalls im Campo bis Modelljahr 1996 verbaute 2.5 Liter Saugdiesel, der irrt. Der Lader dienst lediglich zur "Verdünnung" der Abgase um die Schadstoffnorm Euro 1 zu erreichen.
•• Antrieb ••
Der Campo verfügt wahlweise über ein 5-Gang-Schaltgetriebe mit zuschaltbarem Allradantrieb und Geländereduktion. Das Getriebe schaltet sauber und die Schaltwege sind angenehm kurz. Bei aktiviertem Allradantrieb ist das Mitteldifferential dauerhaft gesperrt. So darf damit maximal 100 km/h gefahren werden und der Einsatz bietet sich nur für rutschigen Untergrund an. Alles in allem ist die Gesamtübersetzung sehr kurz, so dass man sich fast nie untermotorisiert vorkommt.
•• Fahrleistungen ••
Die im Fahrzeugschein eingetragenen 125 km/h erreicht der Campo ohne Probleme. Nach GPS läuft der Campo 140 km/h bei 4.000 U/min auf der Geraden, wird dabei aber sehr sehr laut. Die Beschleunigung von 0-100 km/h gibt Opel mit ca. 23 Sekunden an. Dies ist jedoch eher ein theoretischer Wert, denn wird der Wagen beladen, dauert es erheblich länger.
•• Verbrauch ••
Ein echtes Highlight beim Campo ist der Verbrauch. Er pendelt sich bei vernünftiger Fahrweise bei rund 7,5 Litern Diesel ein. Unter 6 Liter sind möglich, setzten aber eisernen Sparwillen und möglichst eine Langstrecke bei Tempo 90 vorraus. Mehr als 9,5 Liter werden es nie - selbst bei 400 km Vollgas auf der Autobahn oder 2,2 Tonnen im Schlepp (hab's ausprobiert).
•• Geländegängigkeit ••
Der Campo ist ein Pick Up - mit allen fahrzeugtypischen Vor- und Nachteilen im Gelände. Solange alle vier Räder Bodenkontakt haben gibt es keine Probleme. Matsch, Sand und Schnee meistert der Campo mit entsprechender Bereifung vorzüglich. Der Wagen ist damit bestens schlechtwegetauglich. Wird es jedoch eng oder heben zwei Räder ab, ist es aus. Die langen Überhänge, der großen Radstand, die schlechte Achsverschränkung und die nicht vorhandenen Diff-Sperren setzten dem Geländetreiben dann schnell ein Ende. Die für die Hinterachse erhältliche Diff-Bremse wirkt lediglich mit 30% und ist somit fast nutzlos. Auch unterliegt sie, wie alle Reibscheibenbremsen, einem Verschleiß und wird so über die Jahr noch wirkungsloser.
•• Kosten ••
Ölwechsel möchte der Wagen aller 7.500 km haben - das geht ins Geld.
Der Campo ist rubust gebaut, sollte dann doch einmal eine Reperatur fällig sein, wird es jedoch teuer, da der Campo eigentlich ein Isuzu (Japan) ist. Steuerlich wird das Fahrzeug als Lkw eingestuft und kostet damit lediglich 160 Euro pro Jahr.
•• Kaufempfehlung ••
Empfehlenswert sind Modelle ab 1997, da sie besser gegen Korrosion geschützt sind und eine bessere Ergonomie aufweisen. Bei entsprechender Wartung kann der Motor ohne Probleme 300.000 laufen. Fahrzeuge unbedingt auf Rost prüfen (Rahmen, Ladefläche, Fahrerhaus). Fängt der Campo einmal an mit "blühen", dann ist der Rost kaum noch aufzuhalten. Gute Exemplare sind inzwischen selten geworden, da die Produktion für Deutschland 2001 eingestellt wurde. Finger weg von "Schnäppchen" für 3.000 Euro oder weniger. Hier übersteigen die Folgekosten fast immer den Kaufpreis.
•• Zusammenfassung ••
PRO
- sehr günstiger Verbrauch
- günstige Steuereinstufung
- große Ladefläche
- viel Zuladung
- sehr gute Sitze
- ausreichende Fahrleistunge
- sehr robust
CONTRA
- hohe Ersatzteilkosten
- mäßige Geländeeigenschaften
- geringes Angebot am Markt